Drachenboot
damit du ihm für seine Küken im Adlerhorst auch etwas zu essen mitgeben kannst.‹ Der Wurm tat, wie ihm geheißen, und der Adler brachte ihm einen großen Kochkessel mit Deckel. Dann ließ er es sich schmecken, und als er wieder aufbrach, sagte er: ›Ich komme bald zurück, um das Geschenk für meine Küken abzuholen.‹ Dann flog er fort und lachte sich eins, wie immer. Der Frosch sagte: ›Und jetzt, Wurm, steig du in den Kessel. Ich bedecke dich mit etwas frisch Gekochtem, dann kommt der Deckel drauf, und der Adler wird dich hoch hinauf zu seinem Hof in der Gebirgsspalte tragen.«
»Ich halte nicht viel von diesem Frosch«, sagte Finn. »Ein listiger Kerl.«
»Du bist bestimmt noch nicht mit allen Zähnen fertig«, sagte Thordis, und er zuckte mit den Schultern und schwieg.
»Bald kam auch der Adler wieder und flog mit dem Kessel davon, er ahnte nicht, dass der Lindwurm darin saß und jedes Wort hörte, das der Adler beim Fliegen sagte. Und was er hörte, war, genau wie der Frosch es gesagt hatte, unfreundlich und hämisch, sodass der Wurm seine Wut zügeln musste, als der Kessel im Adlerhorst ausgeleert wurde.
Der Wurm kroch heraus und sagte: ›Freund Adler, du hast mich so oft in meinem Heim besucht, dass ich dachte, es wäre doch nett, wenn ich auch mal deine Gastfreundschaft in Anspruch nähme.‹ Der Adler war außer sich. ›Ich werde dir das Fleisch von den Knochen reißen‹, sagte er – aber an den harten Schuppen des Wurms tat er sich nur den Schnabel weh. Der Lindwurm war traurig und sagte: ›Jetzt sehe ich, welcher Art deine Freundschaft mit mir ist. Bring mich nach Hause, denn unsere Freundschaft ist zu Ende.‹ Der wütende Adler schlug seine Krallen in die Schuppen des Lindwurms, was diesem überhaupt nichts ausmachte, und erhob sich mit ihm in die Lüfte. ›Ich werde dich fallen lassen, damit du zerschmetterst‹, schrie der Adler. Doch der Wurm umschloss das Bein des Adlers mit seinen Zähnen.«
»Er hätte ihn einfach anblasen sollen«, rief Onund. »Dann wäre der Adler verglüht.«
Über diesen unerwarteten Ausbruch mussten alle lachen, und der Bucklige, der eine solche Aufmerksamkeit nicht gewohnt war, zog den Kopf ein und schwieg betreten.
»Damit hätte er dem Adler ganz schön die Federn versengt«, bestätigte Finn. »Hätte ihn auf der Stelle gebraten. Warum hat er das in deiner Geschichte nicht gemacht, kleiner Krähenbein?«
»Und wie wäre er dann nach Hause gekommen?«, gab dieser zurück. »Der Wurm ist sehr viel klüger als du, Finn Rosskopf.«
»Deshalb ist er ja auch der Jarl«, sagte Gyrth, »und nicht du.«
Das brachte Finn noch mehr Gelächter und Pfiffe ein. Dann schlug Kvasir sich laut mit der Hand auf den Schenkel, und es wurde wieder still.
»Ich wollte, dass er diese Geschichte erzählt – jetzt lasst uns hören, wie sie ausgeht.«
Krähenbein dankte mit einer angedeuteten Verbeugung und räusperte sich.
»Der Adler stöhnte und jammerte«, fuhr er fort. »Er verlangte, der Wurm solle ihn loslassen. Er wurde dreimal rot und dreimal weiß, erst drohte er, dann bettelte er, losgelassen zu werden. ›Das will ich gern tun, wenn du mich bei meinem Hof abgesetzt hast‹, sagte der Wurm.«
Krähenbein imitierte das Sprechen, indem er sich die Hand in den Mund steckte wie jemand, der gleichzeitig beißt und spricht. Es klang so sehr wie Finn mit seinem römischen Nagel, dass die Männer sich auf die Schenkel klatschten und vor Begeisterung brüllten.
»Der Adler flog hoch«, erzählte Krähenbein weiter. »Dann flog er tiefer. Er stürzte hinab wie ein Pfeil. Er drehte sich und wirbelte herum, aber es half alles nichts. Er konnte den Wurm nicht loswerden, bis er ihn sicher vor dessen Hof abgesetzt hatte. Als der Adler fortflog, rief der Wurm hinter ihm her: ›Zur Freundschaft gehören immer zwei. Ich heiße dich willkommen und du heißt mich willkommen. Aber da du mich nur verspottet hast, brauchst du nicht wiederzukommen.‹ Und so kommt es, dass Lindwürmer nur noch an dunklen Orten leben, denn sie trauen weder Adlern noch sonst jemandem, dass man sie nicht bestiehlt.«
»Teile dein Vermögen, sonst werden die Menschen dir nur Böses wünschen«, kommentierte der rote Njal, doch er hatte keine Zeit, seine Großmutter zu erwähnen, denn Dobrynja war herübergekommen. Wenn er die letzten Worte von Krähenbein gehört haben sollte, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Er nickte mir lediglich zu und deutete mit einer Handbewegung an, dass er mich
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