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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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sprechen wolle.
    Ich ging zu ihm, während hinter mir das Murmeln und
Lachen weiterging und meine Männer, die Krähenbeins Geschichte wohl verstanden hatten, anfingen, sich darüber die Köpfe heißzureden.
    »Der Prinz hat entschieden, dass wir nach Biela Viezha gehen müssen«, sagte Dobrynja leise und gebrauchte den Rus-Namen für Sarkel. »Wir nehmen alle Pferde, die wir noch haben und lassen sie die Wagen mit dem Silber ziehen, die wir hier schon haben, ein Wagen ist für Vorräte und Ausrüstung. Dann besorgen wir uns in Biela Viezha weitere Pferde und Wagen und kommen hierher zurück. Ich habe Avraham und Morut vorausgeschickt, sie sollen herausfinden, wie es in der Festung aussieht.«
    Das war ein kluger Taflzug, erst mal herauszufinden, ob man in der Festung überhaupt willkommen war. Jetzt, wo Swjatoslaw tot war, gab es keine Garantie, dass die Grenzbefestigung, die bis vor Kurzem chasarisch war, weiterhin loyal bleiben würde. Wenn ja, dann würde ihre Loyalität Jaropolk, dem Prinzen von Kiew, gehören, und nicht Wladimir, dem Prinzen aus dem fernen Nowgorod.
    Dobrynja nickte höflich, als ich das zu bedenken gab.
    »Ihre Loyalität wird der Seite gehören, wo sie am meisten profitieren«, sagte er nüchtern. »Der Prinz von Nowgorod ist immer noch ein Sohn Swjatoslaws. Sie werden uns genügend Vorräte und Pferde für einen Saumzug geben. Wir werden zurückkommen und von hier mitnehmen, so viel wir können, und Schiffe organisieren, die uns den Fluss hinunter bis zum Schwarzen Meer bringen, denn bis dahin wird das Eis mit Sicherheit aufgebrochen sein.«
    Das Beste war, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden, davon hatte Dobrynja seinen Neffen überzeugt. Das war nicht ganz verkehrt, denn wir konnten unmöglich die gesamte Grabkammer ausräumen und schon das, was wir jetzt hatten, war ein Vermögen wert. Doch
wenn wir erst einmal in Biela Viezha gewesen wären, wäre dieser Ort kein Geheimnis mehr; die Plünderer würden in Scharen kommen, und man würde anfangen, um den Besitz des Grabschatzes zu kämpfen.
    Ich nickte zustimmend und sagte: »Sobald ich mich um den kleinen Eldgrim gekümmert habe.«
    Dobrynja schien etwas überrascht, ich merkte, dass er gehofft hatte, mit dem ersten Tageslicht aufbrechen zu können. Offenbar dachte er, meine Suche in dem Grab nach jemandem, den er ohnehin für tot hielt, sei völlige Zeitverschwendung. Um ganz ehrlich zu sein, auch ich dachte so und hatte auch keine große Lust, Brondolf Lambisson wiederzubegegnen, wie er dort mit seinem Silber in der Finsternis saß. Das alles, zusammen mit der Angst, dass dort unten eine böse Fylgja lauern könnte, waren Gründe, warum ich Dobrynja nur zu gern zugestimmt hätte – aber der kleine Eldgrim und unser Schwur verpflichteten mich, noch einmal in die Dunkelheit hinabzutauchen.
    Er dachte kurz nach, dann nickte er lächelnd. Wir umklammerten unser Handgelenk, und er ging zu seinem kleinen Adler zurück, der mit dem silbernasigen Sigurd lachend am Feuer saß. Krähenbein saß jetzt ebenfalls dort neben seinem Onkel – und Kveldulf, was mir nicht recht gefiel.
    Und neben Jon Asanes, was mir noch weniger gefiel.

Es war das eisige Herz dieser Schneewüste, dieses grauenvolle Grab. So kalt, dass selbst eine Flamme darin gefrieren könnte, wie Finn es einmal ausgedrückt hatte, und jetzt spürte auch er die kalte, gleißende Gewalt, die von diesem Ort ausging, als er sich an dem geknoteten Seil hinabließ, seinen Nagel zwischen den Zähnen und in einer Hand die flackernde Fackel. Ich hatte ebenfalls eine Fackel, mit der anderen Hand umklammerte ich mein Runenschwert – ohne diese Klinge wäre ich nicht in dieses Loch hinabgestiegen – und wartete unten auf ihn. Der Feuerschein funkelte auf den frostkalten Wänden wie Sonnenschein auf dem Meer. Leicht geduckt drehten wir uns um, auf alles vorbereitet.
    Ich war schon einmal hier unten gewesen, aber Finn noch nicht. Ich sah, wie ihm vor Staunen der römische Nagel aus dem Mund fiel. Das Seil schaukelte leicht, als er es losließ, ein Band der Hoffnung, das uns wieder zum Licht und in die Welt der Lebenden zurückführen würde. Hier unten jedoch war nur der Tod; er grinste uns von seinem großen silbernen Thron herab an, sodass ich mich überwinden musste, um hinzusehen.
    Als ich mich schließlich dazu gezwungen hatte, sah ich nur den zerschlissenen Brokat einst kostbarer Roben, die zu einer Art Kissen gefaltet auf dem Thron lagen, und sorgfältig darauf gebettet

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