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Drachenbraut

Drachenbraut

Titel: Drachenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Günak
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undeutlicher wurden die Signale , die sie empfing. Alles schien von einem undurchdringlichen Nebel überlagert zu sein. Sie spürte nur diesen undefinierbaren Schmerz durch seinen Körper rollen und das Aufflackern einer entfernten Erinnerung in ihren Handflächen.
    Seine Lider flatterten und er atmete zitternd tief ein.
    «Valentin?»
    Sie sollte Erleichterung fühlen, dass er zu sich kam. Aber das tat sie nicht. Die Ohnmacht war eine Gnade gewesen. Der Schmerz wütete bestialisch in seinem Innersten.
    Er blinzelte, als versuchte er, seine Sicht zu schärfen. Wie ein gleißender Blitz erhellte in diesem Moment eine weitere Bombe, die auf dem Schutzschild in Flammen aufging, das Zimmer. Er zuckte zusammen. Seine Augen glänzten fiebrig, im nächsten Moment krümmte er sich jäh zusammen.
    Sie packte seine Schulter, versuchte ihm irgendwie beizustehen, spürte aber, wie hilflos ihr Versuch war. Ihre Gabe war völlig nutzlos. Er hatte ein Stadium erreicht, in dem sie noch nicht einmal mehr seine Höllenqualen lindern konnte.
    «Wo hast du Schmerzen?»
    Vielleicht half es ihr, wenigstens den Ort zu lokalisieren. Der Schmerz schien etwas abzuebben, denn seine Atmung normalisierte sich. Aber sie spürte die nächste zerstörerische Leidenswelle bereits lauern.
    «Wo?», drängte sie ihn und umklammerte seine Schultern.
    Er war viel zu kalt. Die Empfindung kam jetzt nicht mehr aus seinem Innersten, aber seine Körpertemperatur schien dennoch immer weiter abzunehmen. Mühselig langsam öffnete er die Augen.
    «Überall», murmelte er und seine Stimme klang heiser.
    Seltsam ungelenk griff er nach ihrer Hand. Angespannt legte sie die Finger ihrer freien Hand auf seine Halsschlagader und zählte die quälend langsamen Herzschläge. Verdammt, sie musste etwas tun. Seine Hand fest umschlungen starrte sie hilflos gegen die weiße Wand des Zimmers, als gäbe es dort eine Lösung.
    Plötzlich machte es in ihrem Kopf klick. Sie fuhr zu ihm herum und umfasste sein Gesicht mit beiden Händen.
    «Valentin. Der Unfall. Wie lange ist der her?»
    Er brauchte einen Moment, bis er antwortete. «Zwei Tage», murmelte er dann.
    Er klang unfassbar erschöpft, aber relativ klar. Noch.
    «Dir ist die Flüssigkeit vom Wagendach in den Kragen getropft. Vor zwei Tagen», wiederholte sie und ging im Geist alle Puzzlestücke durch, die ihr durch den Kopf geschossen waren, versuchte sie zu sortieren, ein Bild zu schaffen, das ihr den Weg wies.
    «Dein Wandlerorganismus ist träge, wenn es um die Aufnahme von Giftstoffen geht. Also wären die Symptome bei einem Menschen früher zu erwarten gewesen. Wenn wir davon ausgehen, dass das der Moment war, in dem du mit dem Gift in Berührung gekommen bist, wandert das Zeug seit achtundvierzig Stunden durch deinen Organismus. Dein Selbstheilungssystem hat es bis jetzt geschafft, es in Schach zu halten. Die Wunde an der Schulter, die sich wieder geöffnet hatte, war der erste Hinweis.»
    Jetzt sprach sie mehr mit sich selber als mit ihm. Aber seine halb geöffneten Augen ruhten auf ihr. «Blutdruckabfall, Herzstillstand, Krämpfe, ein viel zu spät einsetzender warnender Schmerz.»
    Schlagartig fiel es ihr ein. Eine Glashütte in Afrika. Es hatte einen schweren Chemieunfall gegeben, keiner der Arbeiter hatte überlebt. Es war genau die gleiche Empfindung in ihren Händen. Und leider wusste sie jetzt auch, womit sie es zu tun hatten.
    «Flusssäure oder besser Fluorwasserstoffsäure.»
    Das wenige, was sie über dieses Gift im Gedächtnis hatte, war nicht gut. Ein hoch ätzendes Kontaktgift. Das Zeug hinterließ auf der Haut keine Wunden, war aber in der Lage, Knochen zu zersetzen. Und es war tödlich.
    Valentin sah sie an. In seinen Augen lag Resignation, und das war für einen Moment mehr, als sie ertragen konnte.
    Zu begreifen, was das bedeutete, dauerte bei ihr ein wenig länger. Als es mit voller Wucht in ihrem Kopf einschlug, wusste sie: Sie konnte ihm nicht helfen. Es gab keine medizinische Lösung, auf deren Suche sie eigentlich gewesen war.
    Fest biss sie die Zähne aufeinander. In ihren Augen brannten Tränen. Sie schluckte den Schmerz hinunter und richtete sich auf. Es war niemandem geholfen, wenn sie jetzt heulend zusammenbrach. Sie würde nach einer Lösung suchen, und wenn sie bis zum Untergang dieser Welt mit nichts anderem beschäftigt war. Sie würde nicht aufgeben. Weil dieser Mann alles für sie bedeutete. Und weil er diese verdammte Welt retten musste. Sie ließ ihn für einen Moment los, um

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