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Drachenei

Drachenei

Titel: Drachenei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert L. Forward
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aufreißen.«
    » Ich habe es«, antwortete Jean. » Mach du, dass du in die Schleuse und ins Schiff kommst. Doc wartet an der Innentür mit einer feuchtwarmen Kompresse für deine Nase. Und falls du es wissen möchtest, die Laser-Kommunikation funktioniert prima. Die ersten Botschaften sind unten angekommen, und wir haben durch das Ultraviolett-Aufnahmegerät bereits eine Antwort empfangen.«

Wechselwirkungen
    Zeit: 08:42:05 Mittlere Greenwich-Zeit, Montag, 20. Juni 2050
    Gemächlich schob sich Schnell-Töterin über das Gelände des Instituts des Inneren Auges im Paradies des Glänzenden. Sie wurde alt und stürmte nicht mehr direkt in der mühsamen Richtung dahin, wie es ihre Gewohnheit gewesen war. Stattdessen bewegte sie sich mit den Kraftlinien der Magnetfelder, über die eines von Pierres frühen wissenschaftlichen Büchern sie unterrichtet hatte. Sie war auf dem Weg zu der Himmelsgespräch-Bibliothek, die noch im Bau war. Arbeiter errichteten emsig niedrige Mauern mit Behältern für das Wissen, das jetzt seit fast zwei Generationen vom Himmel herabgesandt wurde. Kleinere Behälter enthielten Fransen-Zählschnüre, mit denen sie zu Beginn ihrer Tätigkeit als Hüterin des Senders die Bilder aufgezeichnet hatte. In den größeren befanden sich die neuen Schmeckplatten, mit denen sich die vielfarbigen » Televisions«-Bilder mit hoher Auflösung, die die Menschen nun benutzten, genau wiedergeben ließen.
    Die Schmeckplatten waren ebenfalls eine von Schnell-Töterins vielen Erfindungen. Sie war fast verzweifelt an den Versuchen, all die subtilen Nuancen der menschlichen Televisions-Signale in Form von Knoten verschiedener Formen und Größen aufzuzeichnen. Auf die neue Technik war sie ganz zufällig bei einer Inspektion gekommen, als sie ein Lager abbrachen und sich unter dem nach Westen treibenden menschlichen Raumfahrzeug zu einer neuen Station hinbewegten. Sie war durch die Überreste der Lagerküche geflossen, und ihre Sohle bewegte sich über eine liegen gelassene Mischplatte, befleckt mit Fleischsaft und Gewürzen. Die uralten Jägerinstinkte erwachten in ihr und mühten sich, der komplizierten chemischen Spur jede Einzelheit an Information zu entlocken. Schnell-Töterin hatte experimentiert und festgestellt, dass ihre Sohle unter Benutzung dieser ererbten Sinne mit höherer Auflösung und Deutlichkeit » schmecken«, als ihre Tastnerven fühlen konnten. Es wurden Versuche angestellt, um die Gewürze herauszufinden, die den beißendsten Geschmack hatten und sich nicht so schnell verflüchtigten. Schon bald wurde das Wissen der Menschen auf haltbaren, scheinbar leeren Platten gespeichert, die sich in ein genaues, » farbiges« Bild verwandelten, wenn eine ausgebildete Sohle sie schmeckte.
    Schnell-Töterin näherte sich Himmelsstrahl, einem ihrer Lehrlinge, der hoch zu dem schnell blinkenden Inneren Auge starrte und mit geübten Fühlern tropfenweise Gewürzsaft auf eine frische Platte fallen ließ. Die Hälfte seiner Augen weiter auf seine Arbeit gerichtet, wandte Himmelsstrahl die übrigen seiner Lehrerin zu. » Was machst du hier, o Hüterin des Senders?« Die korrekte Anrede verbarg nur schlecht seine Verärgerung, dass die alte Frau ihn unterbrach.
    Schnell-Töterin wusste genau, was die Laune des jungen Mannes verdarb. Er war qualifiziert genug, um der neue Hüter des Senders zu werden, und sie war immer noch da. Aber darüber regte sie sich nicht mehr auf. Mit dem Alter war sie milder geworden, und jetzt freute sie sich geradezu darauf, Eier und Kinder zu versorgen. Was konnte sie ihnen für Geschichten erzählen!
    » Ich bin gekommen, um dir gute Neuigkeiten zu bringen, Himmelsstrahl«, sagte sie. » Der Rat des Instituts hat meine Empfehlung gutgeheißen, und jetzt bist du der neue Hüter des Senders.«
    Schnell-Töterin sah, dass die Fühler des jungen Mannes zögerten. So floss sie zu ihm hinüber, bildete ein Pseudopodium und streichelte seine Oberseite, wie sie es in der Vergangenheit oft getan hatte. Er schien durchaus bereit zu sein, aber sie merkte, dass sie selbst am Sex einfach nicht mehr interessiert war. Sie wollte zu den Eiern gehen, die auf sie warteten. Doch sie tätschelte ihn freundschaftlich und riet ihm: » Bleib immer wachsam, Himmelsstrahl. Die Arbeit mag manchmal ermüdend sein, aber man weiß nie, welche neue Offenbarung die nächste Seite unserem Volk bringen wird.«
    » Ich werde wachsam sein, meine Lehrerin.« Himmelsstrahl wandte wieder all seine Augen dem Himmel zu.

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