Drachenei
Abwechselnd kneteten sie sich die Oberseiten, ihre Lieblingsstellen kannten sie beide sehr gut. Während sie sich fest umschlungen hielten, wurden ihre synchronen Vibrationen immer schneller; ein elektronisches Prickeln gab der Massage Würze. Auf dem Höhepunkt ergoss sich aus winzigen Öffnungen unter Nordwinds Augenstielen ein kleiner Teil seiner inneren Säfte in die wartenden Falten um Schnell-Töterins Augenstiele.
Schnell-Töterin spürte, wie die Tröpfchen durch Reflexbewegungen in die Eiertasche befördert wurden. Langsam nahm sie wieder normale Gestalt an und glitt unter dem immer noch ganz dünnen und erschöpften Nordwind hervor. Sie ließ ihn liegen und begann, die verschiedenen Dinge einzusammeln, die in ihren Tragetaschen gewesen waren. Während sie sie darin unterbrachte, verschwand Schnell-Töterin, die Liebhaberin. Und als sie schließlich das Abzeichen ihres Dienstgrads mit den vier Knöpfen in einem Schließmuskel an ihrer Seite angebracht hatte, war sie wieder ganz zur Truppenkommandantin Schnell-Töterin geworden.
Unter den letzten Gegenständen befanden sich auch die Platten, die sie Leichtfließerin weggenommen hatte. Ihre Oberflächen waren nicht mehr eben – die eine war ein bisschen ausgehöhlt, die andere ein bisschen abgerundet. Sie glänzten nicht mehr ganz so wie frisch abgespaltene Platten, aber man konnte immer noch sein Spiegelbild darin sehen. Wissbegierig wie immer blickte Schnell-Töterin auf die beiden gekrümmten Platten und war verblüfft, dass ihr Auge in der einen kleiner, in der anderen größer aussah.
Mit einem weichen Pseudopodium wischte sie den Staub von der Oberfläche ab. Das verbesserte das Bild etwas. Jetzt war sie nur noch daran interessiert zu ergründen, warum sich die gekrümmten Platten so merkwürdig verhielten. Und Schnell-Töterin, die Erfinderin, vergaß ihren Liebhaber und ihre Pflichten als Kommandantin und versank in tiefes Nachdenken.
Viele Umdrehungen lang beschäftigte sich Schnell-Töterin in ihrer Freizeit mit den gekrümmten Platten. Sie sprach mit Leichtfließerin und fand heraus, dass diese die Platten schon viele Umdrehungen lang bei sich getragen und dazu benutzt hatte, die Langeweile beim Wachestehen zu vertreiben.
Schnell-Töterin rieb andere Platten gegeneinander und besaß bald mehrere vergrößernde und verkleinernde Spiegel. Sie stellte fest, dass man die Spiegel beinahe ebenso glatt und glänzend bekam wie die ursprünglichen Platten, wenn man zum Schluss nicht zu viel Druck beim Reiben ausübte.
Viel Zeit verwandte sie darauf, an zwei Platten auszuprobieren, wie stark sie gekrümmt werden konnten. Denn sie hatte entdeckt, dass die Spiegel umso stärker vergrößerten oder verkleinerten, je stärker sie gekrümmt waren. Schließlich gelang es ihr, ein Paar herzustellen, bei dem sich etwas Erstaunliches herausstellte: Sie sah das Bild ihres Auges nicht nur vergrößert, sondern auch verkehrt herum! In weiteren Experimenten fand sie heraus, dass ihr Auge richtig herum und vergrößert erschien, wenn sie es ganz nahe an den Spiegel hielt. Bewegte sie es zurück, wurde es größer und größer, bis der ganze Spiegel von dem verzerrten Abbild gefüllt war. Und dann war es wieder auf den Kopf gestellt.
Jetzt hielt Schnell-Töterin einen der Vergrößerungsspiegel in ihrem Manipulator. Sie wusste, dass ein flacher Spiegel das Licht ihrer Fackel reflektierte. Nun wollte sie sehen, was der Vergrößerer tat. Vielleicht vergrößerte er das Licht und machte es heller.
Schnell-Töterin bildete mit ihrem Körper einen Halbkreis. Ihre vier freien Augen blickten nach innen, um den Verlauf des Experiments zu beobachten. Sie konnte sich denken, dass das Licht sehr hell werden würde, und hatte sie deshalb eingezogen und die Schutzklappen bis auf einen schmalen Schlitz geschlossen. Sorgfältig hielt sie die Phiole mit Schotensaft-Extrakt über die Fackel und drückte auf das Kristallventil, bis ein dünner Faden Flüssigkeit auf das Ende der Fackel fiel. Die Fackel leuchtete auf. Das Licht zuckte über ihren Körper hin und hinauf in den Himmel. Schnell-Töterin führte den Vergrößerungsspiegel nahe an das Licht heran. Statt es nach allen Richtungen zu reflektieren, wie es ein flacher Spiegel tat, schien er es zu sammeln und kleiner zu machen. Sie bewegte den Spiegel vor und zurück. Zuerst fand sie einen Punkt, wo das Licht in einem geraden Strahl von dem Vergrößerer wegschoss. Dann stellte sie fest, dass es einen Punkt gab, an dem das
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