Drachenelfen
Pfeifenstiel zwischen die Zähne geklemmt. »Was kann ich tun für Euer
Durchlaucht?«
Auch sie wurde ärgerlich. Niemand – schon gar
nicht ein trunksüchtiger, abgehalfterter Assassine – sprach in diesem Ton zu
einer Mysteriarchin! Die Regenbogenaugen funkelten wie geschliffene Diamanten.
Sie erhob sich hoheitsvoll.
»Nun?« fragte er.
Sie las die innere Qual in seinen Augen und
verzichtete darauf, ihre Rolle weiterzuspielen. »Ich glaube, das habe ich
verdient. Vergebt mir…«
»Verdammt!« brauste Hugh auf, fast hätte er den
Pfeifenstiel durchgebissen. Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Sagt
endlich, was Ihr von mir wollt!«
Sie war blaß. »Euch – Euch anwerben.«
Er musterte sie schweigend, ausdruckslos, dann
wandte er sich ab, ging zur Tür und starrte auf die geschlossene Klappe.
»Wen soll ich töten? Und sprecht leise.«
»Ich will nicht, daß Ihr jemanden tötet! Mein
Sohn ist gefunden worden. Er wird von den Elfen als Geisel festgehalten. Ich
will ihn befreien. Dazu brauche ich Eure Hilfe.«
Hugh stieß ein Brummen aus. »Das ist es also. Wo
haben die Elfen den Jungen?«
»Im Imperanon.«
Hugh fuhr herum und starrte Iridal ungläubig an.
»Im Imperanon? Teuerste, Ihr habt Hilfe nötig, das kann man wohl sagen.« Er
nahm die Pfeife aus dem Mund und zeigte damit auf sie. »Vielleicht sollte
irgend jemand Euch in eine Zelle sperren…«
»Ich kann Euch bezahlen. Gut bezahlen. Die
königliche Schatzkammer…«
»… enthält nicht genug Reichtümer, um mich dazu
zu bringen, mitten ins Herz des Elfenreichs zu marschieren, um diesem kleinen,
hinterhältigen…«
Das Aufblitzen ihrer Regenbogenaugen warnte ihn,
nicht „weiterzusprechen.
»Offenbar habe ich einen Fehler gemacht«,
bemerkte sie kalt. »Ich werde Euch nicht weiter belästigen.«
Sie wollte zur Tür, Hugh versperrte ihr den Weg.
»Tretet zur Seite«, forderte sie ihn auf.
Hugh steckte die Pfeife wieder in den Mund,
saugte daran und ertrug mit grimmiger Belustigung ihren zornigen Blick.
»Ihr braucht mich, Iridal. Ich bin die einzige Chance,
die Ihr habt. Ihr werdet mir bezahlen, was ich verlange.«
»Und was verlangt Ihr?« fragte sie
schroff.
»Helft mir, Alfred zu finden.«
Sie starrte ihn an, im ersten Moment sprachlos,
dann schüttelte sie den Kopf. »Nein. Das ist unmöglich. Er ist fort. Wer weiß,
wohin.«
»Vielleicht ist er bei Gram.«
»Der andere ist bei meinem Sohn. Haplo, der Mann
mit den Tätowierungen. Und wenn Haplo bei Gram ist, dann Alfred nicht. Sie sind
erbitterte Feinde. Ich kann es nicht erklären, Hugh. Ihr würdet es nicht verstehen.«
Hugh schleuderte die Pfeife zu Boden. Er trat
einen Schritt auf sie zu und umklammerte ihre Oberarme.
»Ihr tut mir weh!«
»Ich weiß. Und wenn schon. Ihr müßt etwas
verstehen, Teuerste. Stellt Euch vor. Ihr seid von Geburt an blind. Ihr lebt
zufrieden in einer Welt der Dunkelheit, weil Ihr es nicht anders kennt. Dann
plötzlich geschieht das Unglaubliche: Ihr könnt sehen – den Himmel, Bäume,
Wolken, das Firmament, Wunder, von denen Ihr keine Ahnung hattet. Und dann,
ebenso plötzlich, wird Euch das Geschenk entrissen. Ihr seid wieder blind. Ihr
fallt in Dunkelheit zurück, aber diesmal wißt Ihr, was Ihr verloren
habt.«
»Es tut mir leid«, wisperte Iridal. »So leid.«
Sie hob die Hand, um sein Gesicht zu berühren.
Hugh stieß sie von sich. Zornig, beschämt,
wandte er ihr den Rücken zu.
»Ich bin einverstanden«, sagte sie leise. »Helft
mir, und ich werde tun, was in meiner Macht steht, um Euch zu helfen, Alfred zu
finden.«
Einen Moment lang schwiegen beide.
»Wieviel Zeit haben wir?« fragte Hugh
schließlich barsch.
»Vierzehn Zyklen. Dann trifft Stephen sich mit
Prinz Rees’ahn zu Verhandlungen. Auch wenn ich nicht glaube, daß die Elfen davon…«
»Ihr könnt wetten, daß sie davon wissen. Die
Tribus werden mit allen Mitteln verhindern, daß dieses Treffen zustandekommt.
Ich frage mich, wie ihr Plan aussah, bevor Euer Sprößling ihnen in die Hände
fiel… Rees’ahn ist gerissen. Er hat drei Anschläge ihrer Elitetruppe überlebt,
der Unsichtbaren. Manche behaupten, der Prinz wäre von den Kenkari gewarnt
worden…«
Hugh verstummte, dachte nach. »Na, das bringt
mich auf eine Idee.«
Stirnrunzelnd suchte er in den Taschen der Kutte
nach seiner Pfeife, ohne daran zu denken, daß er sie auf den Boden geworfen
hatte.
Iridal hob sie auf und hielt sie ihm hin.
Er nahm das gute
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