Drachenelfen
vorsichtig, öffnete er die Luke und stieg an Deck. Er war unbewaffnet, obwohl
er in der Werkzeuglast eine Kiste mit Kriegsäxten gefunden hatte. Nur magische
Klingen vermochten den Schlangen Wunden zu schlagen, und Haplos Zauberkräfte
waren derzeit noch zu spärlich, um davon abgeben zu können.
Der Hund folgte ihm knurrend. Er machte die
Beine steif und sträubte das Nackenfell. Sein Blick war starr auf den Höhleneingang
gerichtet.
»Was ist denn?« fragte Haplo. Unwillkürlich
spannte er die Muskeln.
Der Hund zitterte am ganzen Leib. Er fieberte
danach loszustürmen, und wehe dem Feind, der sich vielleicht irgendwo in den
Schatten verbarg.
»Nein, Hund. Wir sehen zu, daß wir wegkommen.
Nach Hause.«
Haplo sprang von dem Deck in den modderigen, von
einer Schleimschicht überzogenen Sand und ging wachsam am Ufer entlang auf das
mit Runen gepanzerte Schiff zu. Der Hund hörte nicht auf zu knurren und zu
bellen; er folgte Haplo nur widerwillig und erst nach einem strengen Befehl.
Sie waren fast da, als Haplo am Höhleneingang
eine Bewegung entdeckte.
Er blieb stehen, auf der Hut, aber nicht
sonderlich beunruhigt: im Notfall war er mit wenigen Schritten beim Schiff und
in Sicherheit. Das Knurren des Hundes wurde lauter, feindselig, er fletschte
die Zähne. Ein Mann trat ins Freie.
Samah.
»Ruhig, Junge«, sagte Haplo. »Ruhig.«
Der Vorsitzende des Rats der Sieben näherte sich
in der Haltung eines tief in Gedanken versunkenen Mannes. Er war nicht mit
einem Boot gekommen; es lag kein zweites am Ufer, also durch Zauberkraft.
Haplo warf einen Blick auf seine Hände. Die
Runen traten inzwischen deutlicher hervor, warnten aber nicht vor dem Nahen
eines Feindes. Samah ging es vermutlich nicht besser als ihm – auch seine
Magie hatte unter dem Meerwasser gelitten, und er war gezwungen abzuwarten,
bis sie sich regenerierte und er den Rückweg antreten konnte. Momentan stellte
er für Haplo keine Bedrohung dar. Ebensowenig wie Haplo für ihn.
Oder doch? Unter diesen Umständen – beide ihrer
Magie beraubt – war Haplo der jüngere, mit der größeren Körperkraft. Es würde
ein roher Kampf werden, primitiv, barbarisch, wie zwischen Nichtigen – zwei
Männer, die mit den Fäusten aufeinander losgingen. Haplo malte sich die Szene
aus, seufzte und schüttelte den Kopf.
Er war schlichtweg zu müde.
Außerdem sah es aus, als hätte Samah bereits
einiges mitgemacht.
Haplo ließ ihn ruhig näher kommen. Samah hob
nicht den nachdenklich gesenkten Kopf. Gut möglich, daß er an dem Patryn
vorbeigegangen wäre, ohne ihn zu bemerken, hätte nicht der Hund – unfähig, den
alten Groll zu bezähmen – ein warnendes Bellen ausgestoßen: bis hierher und
nicht weiter!
Samah blickte auf, überrascht von dem Gebell,
aber nicht erstaunt, den Hund zu sehen oder auch dessen Herrn. Er preßte die
Lippen zusammen. Sein Blick glitt von Haplo zu dem Runenboot am Ufer.
»Zurück zu deinem Herrn und Meister?« fragte er
kalt.
Haplo schwieg.
Samah nickte; er hatte keine Antwort erwartet.
»Es wird dich freuen zu hören, daß deine Handlanger dir vorausgeeilt sind.
Unzweifelhaft wird man dir einen triumphalen Empfang bereiten.« Es klang
bitter, in seinem Blick flackerte Angst.
»Vorausgeeilt…« Haplo starrte den Sartan an, und
plötzlich wurde ihm alles klar. Natürlich! Das war es, und deshalb seine
scheinbar unbegründete Furcht.
»Du blutiger Narr! Du hast das Todestor
geöffnet!«
»Ich habe dich gewarnt, Patryn, daß wir es tun
würden, sollten deine Handlanger uns angreifen.«
»Ihr wurdet gewarnt, Sartan. Das
Zwergenmädchen hat es euch erzählt. Die Schlangen wollten, daß ihr das
Todestor öffnet. Das war von Anfang an ihr Plan. Hast du Grundel nicht
zugehört?«
»Ist es soweit gekommen, daß ich Ratschläge von
Nichtigen annehmen soll?« höhnte Samah.
»Scheinbar haben sie mehr Verstand als du. Du
hast das Todestor geöffnet – weshalb? Flucht? Nein, das nicht. Hilfe. Du
wolltest Hilfe herbeiholen. Trotz allem, was du von Alfred erfahren hattest. Du
glaubst es immer noch nicht.« Haplo schüttelte den Kopf. »Dein Volk ist
ausgelöscht, Samah, bis auf eure kleine Gruppe hier auf Chelestra und ein paar
tausend lebende Tote in Abarrach. Du hast das Tor geöffnet, aber es waren die
Schlangen, die hindurchgingen. Jetzt werden sie die vier Welten mit ihrem Gift
verseuchen. Ich hoffe, sie haben sich die Zeit genommen, dir zu danken.«
»Die Macht des Tores
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