Drachenelfen
Malakal. Trotzdem war sie nicht vorbereitet auf das
überraschende Auftauchen zweier Elfen, die, aus einer Käserei kommend, fast
mit ihnen zusammenstießen und sich mit einem gemurmelten Fluch vorbeidrängten.
Iridal warf erschreckt einen Blick auf Hugh,
weil sie dachte, er hätte sich geirrt und die Insel wäre doch erobert worden.
Er schien nicht im mindesten beunruhigt zu sein, schenkte den Elfen gar keine
Beachtung. Auch sonst interessierte sich niemand für sie, ausgenommen eine
junge Frau, die versuchte, ihnen einen Beutel Puafrüchte zu verkaufen.
Die Herrscher von Skurvash sehen nicht auf die
Form der Augen, sondern nur den Glanz des Geldes.
Nicht weniger erstaunlich war der Anblick
vornehmer Diener von reichen Besitzungen auf anderen Inseln, die mit Taschen,
Tüten und Päckchen beladen an den Geschäften entlang- und über den Marktplatz
bummelten. Manche trugen ungeniert die Livree ihres Brotherren; Iridal erkannte
die Farben von mehr als einem Baron aus Volkaran, mehr als einem Herzog aus
Ulyndia.
»Konterbande«, erklärte Hugh. »Elfenstoffe,
Elfenwaffen, Elfenwein, Elfenjuwelen. Die Elfen sind aus demselben Grund
hier, um Waren aus Menschenländern zu kaufen, die in Aristagon nicht zu haben
sind. Kräuter und Elixiere, Drachenzähne und -krallen 55 , Drachenhaut und -schuppen zum Bau
ihrer Schiffe.«
Für diese Leute bedeutet der Krieg Profit,
erkannte Iridal. Ein Friedensschluß hätte den wirtschaftlichen Zusammenbruch
zur Folge. Oder auch nicht. Die wechselhaften Winde des Glücks mußten schon
öfter über Klervashna hinweggeweht sein. Es würde überleben, genau wie der
Sage nach die Ratte die Große Teilung überlebt hatte.
Im Ortskern angelangt, ließen sie sich Zeit. Hugh
blieb einmal stehen, um Stregno für seine Pfeife zu kaufen, eine Flasche Wein
und einen Becher Wasser, den er Iridal gab. Dann gingen sie weiter, Hugh führte
Iridal, ›seine Beute‹, mit festem Griff am Oberarm neben sich her.
Entgegenkommende musterten das Paar mit scharfen, prüfenden Blicken, die Hughs
hartes, ausdrucksloses Gesicht streiften und Iridals reiche Kleidung zur
Kenntnis nahmen. Ein oder zwei Augenbrauen hoben sich, Lippen verzogen sich zu
einem verständnisvollen Lächeln. Niemand sagte ein Wort, niemand hielt sie an.
Was einer in Klervashna tat, ging nur ihn etwas an.
Und die Bruderschaft.
»Gehen wir jetzt zur Festung?« fragte Iridal.
Die Doppelreihe der schmucken Giebeldachhäuser
war zu Ende, sie erreichten den Stadtrand, und vor ihnen wand sich die Straße
durch Felsen und Gestrüpp. Ein paar Kinder hatten ihnen das Geleit gegeben,
aber inzwischen waren auch sie verschwunden.
Hugh zog mit den Zähnen den Korken aus der
Flasche und spuckte ihn auf den Boden. »Ja. Müde?«
Iridal hob den Kopf und blickte zur Festung
hinauf, die noch sehr weit entfernt zu sein schien. »Ich bin das Gehen nicht
gewöhnt, fürchte ich. Können wir haltmachen und ein wenig rasten?«
Hugh überlegte, dann nickte er knapp. »Aber
nicht lange«, meinte er und half ihr, sich auf einen Koralitblock zu setzen.
»Sie wissen, daß wir die Stadt block zu setzen. »Sie wissen, daß wir die Stadt
verlassen haben. Sie erwarten uns.«
Hugh nahm den letzten Schluck Wein und warf die
leere Flasche ins Gebüsch neben der Straße.
Anschließend stopfte er die Pfeife, zündete sie
an und paffte, bis sie zu seiner Zufriedenheit brannte, dann packte er sein
Bündel neu, klemmte es unter den Arm und stand auf.
»Wir sollten weitergehen. Ihr könnt ausruhen,
wenn wir dort sind. Ich habe Dinge zu erledigen, die einige Zeit in Anspruch
nehmen werden.«
»Wer sind ›sie‹?« fragte Iridal und erhob sich
mühsam. »Was ist das für eine Bruderschaft?«
»Ich gehöre dazu«, antwortete er um den
Pfeifenstiel herum. »Könnt Ihr es Euch nicht denken?«
»Nein, ich habe keine Ahnung.«
»Die Bruderschaft der Hand«, sagte er. »Die Gilde
der Meuchelmörder.«
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Kapitel 17
Skurvash,
Volkaran Archipel,
Mittelreich
Die Festung der Bruderschaft beherrschte, massiv
und uneinnehmbar, die Insel Skurvash. Aufgrund ihrer strategisch günstigen
Lage kontrollierte sie den Tiefen Himmel mit seinen Flugwegen sowie das gesamte
Umland und die einzige Straße, die zum Tor hinaufführte.
Einen sich nähernden Drachenreiter konnte man
auf tausend Menkas ausmachen, ein großes Drachenschiff noch früher. Die Straße
– der einzig mögliche Anmarschweg für größere Truppenkontingente
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