Drachenelfen
ihn verzweifelt.
»Sie ist erschöpft«, sagte er zu den Kenkari.
»Wir sind beide erschöpft. Wo können wir schlafen?«
Der Hüter der Seelen lächelte traurig. »Ich
verstehe. Bruder Pforte wird Euch führen. Wir haben Räume für Euch vorbereitet
und eine Mahlzeit, auch wenn ich befürchte, es ist eine andere Kost, als Ihr
sie gewöhnt seid. Ich kann Euch allerdings nicht gestatten zu rauchen.«
Hugh verzog resigniert das Gesicht.
»Wenn Ihr Euch ausgeruht habt, werden wir die
Einzelheiten besprechen. Ihr dürft nicht lange zögern. Auch wenn Ihr es
vielleicht nicht bemerkt habt, aber man ist Euch ganz sicher hierher gefolgt.«
»Die Unsichtbaren? Ich weiß. Ich habe sie
gesehen. Oder so viel von ihnen, wie man eben zu sehen bekommt.« Die Augen des
Hüters weiteten sich. »Wahrhaftig«, sagte er, »Ihr seid ein gefährlicher
Mann.«
»Ich weiß auch das«, erwiderte Hugh düster.
»Diese Welt wird eine bessere sein ohne mich.«
Iridal auf den Armen, folgte er dem Hüter der
Pforte.
»Wird er tatsächlich zurückkommen, um zu
sterben?« fragte Schwester Buch, als die drei hinausgegangen waren.
»Ja«, antwortete der Hüter der Seelen. »Er kommt
zurück.«
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Kapitel 23
Kathedrale d’Albedo,
Aristagon,
Mittelreich
Geführt vom Hüter der Pforte, trug Hugh Iridal
durch die Flure der Kathedrale und etliche Treppen hinunter in die
Untergeschosse, wo die Wohnungen für die Weesham lagen. Bruder Pforte öffnete
die Türen zu zwei angrenzenden Zimmern. In jedem hatte man auf einem Tisch für
eine kleine Vesper gedeckt, mit Brot, Früchten und einem Krug Wasser.
»Die Türen verriegeln sich selbsttätig, sobald
sie geschlossen werden«, erklärte der Elf verlegen. »Bitte nehmt es nicht
übel. Wir tun dies auch mit unseren Brüdern und Schwestern, nicht aus Mangel an
Vertrauen, sondern damit die Würde der heiligen Gemächer gewahrt bleibt.
Niemand hat Dispens, sich zu allen Zeiten in der Kathedrale zu bewegen, außer
mir selbst oder meinem Gehilfen, dem Hüter der Seelen und der Hüterin des Buches.«
»Wir verstehen schon. Vielen Dank.« Hugh nickte
ihm zu, dann trug er Iridal ins Zimmer und legte sie behutsam aufs Bett. Sie
hielt seine Hand fest, als er gehen wollte.
»Bitte, Hugh, laß mich noch nicht allein. Bleib
und rede mit mir. Nur ein paar Minuten.«
Ein Schatten fiel über Hughs Gesicht. Er warf
einen fragenden Blick auf den Kenkari, der zustimmend die Lider senkte.
»Ich lasse Euch allein, damit Ihr ungestört
speisen könnt. Wenn Ihr bereit seid, Euer eigenes Zimmer aufzusuchen, läutet die
kleine Glocke dort, neben dem Bett, und ich komme, um Euch hinzubringen.«
Der Hüter zog sich mit einer Verbeugung zurück.
»Setz dich«, drängte Iridal. Sie hielt immer
noch Hughs Hand umklammert.
»Ich bin sehr müde, Mylady.« Er wich ihrem Blick
aus. »Wir unterhalten uns morgen früh…«
»Nein, jetzt.« Iridal stand auf, trat dicht vor
ihn hin und berührte mit den Fingerspitzen sein Gesicht. »Tu das nicht, Hugh.
Laß dich nicht auf diesen schrecklichen Handel ein.«
»Ich muß aber«, beschied er sie schroff, den
Blick über ihren Scheitel hinweg zur Wand gerichtet. »Es gibt keinen anderen
Weg.«
»Doch, es gibt einen. Es muß einen geben. Die
Kenkari wünschen den Frieden ebenso wie wir. Sehnlicher vielleicht. Du hast
sie gesehen, hast sie gehört. Sie haben Angst, Hugh, Angst vor der Willkür des
Kaisers. Wir reden vernünftig mit ihnen, treffen eine andere Vereinbarung.
Dann befreien wir Gram, und ich helfe dir, Alfred zu finden, wie ich es
versprochen habe…«
»Nein«, fiel Hugh ihr ins Wort. Er umfaßte ihr
Handgelenk und drückte ihren Arm nach unten. Nachdem er bisher vermieden
hatte, sie anzusehen, schaute er ihr jetzt ins Gesicht.
»Nein, es ist besser so.«
»Hugh!« Iridal versagte die Stimme, Tränen
rannen über ihre hochroten Wangen. »Hugh, ich liebe dich!«
»Wirklich?« Hugh musterte sie mit einem sardonischen
Lächeln. Er hielt ihr die rechte Handfläche vor die Augen. »Die Narbe, sieh sie
dir an. Nein, wende nicht den Kopf ab. Sieh hin, Iridal. Stell dir vor, wie
meine Hand deine zarte Haut streichelt. Was würdest du fühlen? Meine
liebevolle Berührung? Oder diese Narbe?«
Iridal schlug die Augen nieder.
»Du liebst mich nicht, Iridal.« Hugh seufzte.
»Du hast dir ein Bild von mir gemacht, und das liebst du.«
Sie warf den Kopf in den Nacken und funkelte ihn
an. »Vielleicht hast du dir ein Bild von dir
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