Drachenelfen
Luftströmungen noch Pfeile
oder Magie können Krishach viel anhaben.«
»Dann bringt mich so dicht heran wie möglich«,
meinte Haplo. »Ich werde springen.«
Iridal nickte, obgleich es der Phantomdrache
war, der reagierte. Sie waren inzwischen nahe genug gekommen, daß Haplo sehen
konnte, wie man an Deck Waffen austeilte und Vorkehrungen traf, den Kurs zu ändern.
Ein Elf stand allein, regungslos, inmitten der Geschäftigkeit – die Runen an
Haplos Körper loderten auf, das blaue Licht durchdrang seine Kleidung und hüllte
ihn in eine flimmernde Aura.
»Dieses Böse, das ich spüren kann, hat die
Kenkari bewogen, Euch das Buch zu geben, nicht wahr?« fragte Iridal plötzlich
und erschauerte. »Dem haben sie sich in den Verliesen gegenüber gesehen.«
Krishach war für die Elfen auf dem Schiff jetzt
deutlich zu sehen. Sie mußten erkennen, daß es sich nicht um einen
gewöhnlichen, lebendigen Drachen handelte. Viele schrien vor Entsetzen. Die
Bogenschützen ließen ihre Waffen fallen. Manche verschränkten die Arme über
dem Kopf und flüchteten zu den Niedergängen.
»Aber woher stammt dieses Böse?« rief Iridal
durch den tosenden Wind und das Knattern der Segel. »Was ist es, das ich sehe?«
»Was wir alle sehen, sofern wie den Mut haben, den
Blick nach innen zu wenden«, antwortete Haplo, der sich zum Sprung bereit
machte. »Das Böse in uns selbst.«
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Kapitel 30
Tiefer Himmel,
Arianus
Der Phantomdrache schwebte dicht an das
Elfenschiff heran, viel zu dicht. Krishachs Schwinge streifte eins der
Lenkseile am Steuerbordsegel. Das Seil riß mit einem Peitschenknall, der
Flügel knickte ab wie bei einem verletzten Vogel. Die Elfen, halb von Sinnen
über den Anblick der grausigen Erscheinung, liefen blindlings durcheinander. Es
sah aus, als würde Krishach das krängende Schiff mit seinem gewaltigen Leib zerschmettern.
Haplo, der gefährlich auf dem Rücken des Drachen balancierte, versuchte, den
richtigen Augenblick abzupassen, und sprang. Seine Magie dämpfte den Fall. Er
kam auf, überschlug sich und schnellte hoch, in der Angst, jeden Moment den Hauptmast
brechen zu hören, erleben zu müssen, wie der Drache das Schiff zerstörte.
Unwillkürlich duckte er sich, als der gewaltige, leichenfahle Bauch über ihn
hinwegglitt. Der scharfe Luftzug eines Flügelschlags blähte das übriggebliebene
Segel und katapultierte das Schiff in einen trudelnden Sinkflug. Haplo blickte
in die Höhe, er sah die bleichen Flammen in dem Knochenschädel wabern und
darüber Iridals verängstigtes Gesicht. Krishach stieß ein dumpfes Brüllen aus
und glitt wieder auf das Schiff zu.
»Fliegt!« schrie Haplo zu Iridal hinauf. »Nach
den Sieben Feldern! Verliert keine Zeit!«
Sang-drax war nirgend zu sehen, wahrscheinlich
war er nach unten gegangen, zu seiner Gefangenen.
Iridal zögerte, ihn allein zu lassen. Krishach
schwebte nahezu bewegungslos an einem Punkt dicht bei dem havarierten Schiff.
Doch Haplo war nicht in Gefahr – die Elfen an Deck waren entweder nach unten
geflohen oder in wahnwitziger Angst über Bord gesprungen.
Haplo schwenkte die Arme. »Ihr könnt hier nichts
tun! Sucht Gram!«
Iridal hob zum Abschied die Hand. Krishach
schlug mit den Flügeln und stob wie ein Pfeil durch die Luft, seinem nächsten
Bestimmungsort entgegen.
Haplo schaute sich um. Die wenigen Elfen, die
sich noch auf dem Oberdeck befanden, waren fast gelähmt vor Entsetzen und wie
betäubt. Die Runen auf der Haut des Patryn glühten, er war auf den Schwingen
des Todes gekommen. Haplo packte den Nächstbesten an der Kehle.
»Wo ist die Gefangene? Wo ist Sang-drax?«
Der Elf verdrehte die Augen, bis nur noch das
Weiße sichtbar war, er sank im Griff des Patryn zusammen. Doch jetzt drangen
von unten schrille, gequälte Schreie herauf. Jarres Stimme. Haplo stieß den
ohnmächtig gewordenen Nichtigen zur Seite, stürmte zu einer der Luken und
versuchte sie zu öffnen.
Der Deckel ließ sich nicht hochheben, vermutlich
wurde er von der verschreckten Besatzung festgehalten. Irgend jemand da unten
gab laut Befehle. Haplo lauschte einen Moment und fragte sich, ob es Sangdrax
war. Da er die Stimme nicht erkannte, mußte es wohl der Kapitän sein oder einer
der Offiziere, der sich bemühte, die Ordnung wieder herzustellen.
Haplo trat mit dem Fuß nach dem Lukendeckel. Er
konnte von seiner Magie Gebrauch machen und ihn aufsprengen, aber dann mußte er
sich den Weg durch einen Pulk von Nichtigen
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