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Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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er befürchtete? Sie würden ihm nicht glauben, ebensowenig wie Xar ihm geglaubt
hatte.
    »Labyrinthkoller«, meinte eine andere, ältere
Frau sachlich. »Ich kümmere mich um ihn.«
    Die Umstehenden nickten. Ihre Diagnose stimmte
vermutlich. Man hatte das schon oft erlebt, besonders bei denen, die erst
kürzlich aus dem Labyrinth entkommen waren. Blindes Entsetzen ergreift von dem
Unglücklichen Besitz, der ziellos durch die Straßen irrt, in dem Wahn, er
befände sich wieder an jenem furchtbaren Ort.
    Die Frau griff nach Haplos Händen, um den Kreis
zu etablieren, sein verwirrtes, von Trugbildern heimgesuchtes Bewußtsein zu
heilen.
    Der Hund blickte fragend zu seinem Herrn auf. Soll
ich das zulassen? Oder nicht?
    Haplo merkte, wie er gebannt auf die Sigel an
Händen und Armen der Frau starrte. Ergaben sie einen Sinn? Konnte er die
Formeln lesen? Oder war sie eine Schlange?
    Er wich einen Schritt zurück, schob die Hände in
die Taschen.
    »Nein«, murmelte er. »Vielen Dank, aber mir geht
es gut. Es – es tut mir leid«, wiederholte er, an die erste Frau gewandt, die
ihn mit einem Ausdruck distanzierten Mitgefühls ansah.
    Den Kopf zwischen die Schultern gezogen, die
Hände in den Taschen vergraben, entfernte er sich rasch und bog in die
erstbeste Seitenstraße ein. Der Hund folgte ihm getreulich.
    Sobald er sich allein und unbeobachtet glaubte,
lehnte Haplo sich an eine Hauswand, um die Fassung wiederzugewinnen.
    »Was ist los mit mir? Ich traue keinem mehr –
nicht einmal den Angehörigen meines eigenen Volkes! Die Schlangen! Sie haben
schuld! Hinter jedem Gesicht wittere ich einen Feind. Nicht mehr lange, und
den Bewohnern sämtlicher Welten wird es ergehen wie mir; Mißtrauen, Argwohn
allenthalben! Xar, mein Fürst«, rief er gequält aus, »warum bist du so blind?«
Er schüttelte wild den Kopf. »Ich muß ihm die Augen öffnen. Ich muß meinem Volk
die Augen öffnen! Aber wie? Wie soll ich sie von etwas überzeugen, daß ich
selbst nicht begreife? Nicht zu begreifen wage?«
    Er ging weiter und weiter, aufs Geratewohl.
Plötzlich fand er sich außerhalb der Stadt wieder, auf freiem Feld. Eine Mauer,
beschrieben mit Abwehrrunen der Sartan, versperrte ihm den Weg. Diese Glyphen,
die zu töten vermochten, warnten vor dem Näherkommen. Es gab nur einen
Durchgang in der Mauer: das Letzte Tor, Hoffnung und Sehnsucht eines jeden im
Labyrinth Gefangenen.
    Haplo stand vor dem Tor, ohne eine klare
Vorstellung zu haben, wie er dorthin gekommen war und weshalb. Er starrte es
an, übermannt von Entsetzen, Angst und Grauen, wie immer an diesem Ort.
    Ringsum herrschte Stille, und er bildete sich
ein, die Stimmen der Eingeschlossenen zu hören: Bitten, Weinen, trotzige
Flüche.
    Haplo fühlte sich miserabel. Er wollte
hineinstürmen, helfen, kämpfen, den Sterbenden Rache geloben. Aber seine
Erinnerungen, seine Angst bannten ihn an Ort und Stelle.
    Und doch mußte er aus einem bestimmten Grund gekommen
sein, ganz sicher nicht, um hier tatenlos am Tor zu stehen.
    Der Hund kratzte mit der Pfote an seinem Bein
und winselte, als wollte er ihm etwas mitteilen.
    »Ruhig, alter Junge.« Haplo scheuchte das Tier
zurück.
    Der Vierbeiner gebärdete sich noch aufgeregter.
Haplo schaute sich um – weit und breit nichts zu sehen. Er ignorierte seinen
getreuen Begleiter, stattdessen betrachtete er mit wachsender Frustration das
Tor. Er war aus einem Grund hergekommen, aber aus welchem?
    »Ja, ich weiß, wie das ist«, ertönte eine
mitfühlende Stimme genau hinter ihm. »Scheußliches Gefühl.«
    Eben noch, als er sich umgeschaut hatte, war er
mutterseelenallein gewesen. Bei der plötzlichen Äußerung dicht an seinem Ohr
fuhr er kampfbereit herum, die Runen an seinem Körper glühten auf, diesmal um
ihn zu schützen.
    Aber da stand nichts Bedrohlicheres als ein sehr
alter Mann mit einem langen, zerzausten Bart, gekleidet in eine mausgraue Kutte
und auf dem Kopf einen ausgesprochen schäbigen spitzen Hut. Haplo war
sprachlos, aber sein Schweigen störte den Alten nicht, der munter
weiterschwatzte.
    »Scheußliches Gefühl. Geht mir selbst auch oft
so. Neulich erst – ich ging so barfuß und dachte über… Ach ja! Die
Relativitätstheorie. ›E gleich m mal c hoch zwei‹, du weißt schon. Heiliger
Bimbam, ich hab’s! sagte ich zu mir. Ich sah das Große Ganze, und dann, im
nächsten Moment, war’s verschwunden. Einfach so. Futsch.«
    Der alte Mann schüttelte betrübt den Kopf.

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