Drachenelfen
was den Sartan für ein
zivilisiertes Dasein unverzichtbar schien.
Das exakte Gegenstück dieser Stadt hatte Haplo
auf einer anderen Welt gefunden, auf Pryan. Eine sehr ähnliche Stadt gab es
auf Chelestra. Während er sie aus der Ferne betrachtete, mit den Augen dessen,
der ihre Faksimiles erblickt und Übereinstimmung bis zu einem beunruhigenden
Maße festgestellt hat, glaubte Haplo endlich zu verstehen, weshalb sein Fürst
es vorzog, nicht innerhalb dieser Mauern zu wohnen.
»Es ist wieder nur ein Gefängnis, mein Sohn«,
hatte Xar ihm erklärt. »Anders als das Labyrinth und in gewisser Hinsicht viel
gefährlicher. Hier, in ihrer Dämmerungswelt, hofften sie, würden wir sanft wie
die balsamische Luft, konturlos wie die Schatten. Luxus und Bequemlichkeit
sollten uns korrumpieren. Unsere geschliffene Klinge sollte zu Rost werden in
ihrer juwelenbesetzten Scheide.«
»Dann wäre es besser, daß niemand von uns in der
Stadt lebt«, hatte Haplo darauf gesagt. »Verlassen wir die Häuser und ziehen in
den Wald.« Er war damals jung und hitzköpfig gewesen.
Xar hatte mit den Schultern gezuckt. »Und all
die schönen Gebäude verfallen? Nein. Die Sartan unterschätzen uns, wenn sie
glauben, wir ließen uns so leicht verführen. Sie sollen erleben, daß ihnen ihr
Plan zum Nachteil ausschlägt. In dieser Umgebung, von ihnen geschaffen, werden
die Unsrigen sich ausruhen und erholen von ihrem Martyrium, bis wir stark sind,
stärker als je zuvor und bereit, den Kampf aufzunehmen.«
Die Patryn – wenige hundert, die aus dem
Labyrinth entkommen waren – lebten in der Stadt, ergriffen von ihr Besitz. An
eine karge, feindselige Umgebung gewöhnt, fiel es den meisten schwer, sich in
vier Wänden zu Hause zu fühlen. Doch Patryn sind praktisch, stoisch,
anpassungsfähig. Magische Energie, einst für den Überlebenskampf aufgewendet,
wurde jetzt in produktivere Kanäle geleitet: Man studierte die Kunst der
Kriegsführung, vervollkommnete die Fähigkeit, andere, Schwächere zu
kontrollieren, organisierte die umfangreichen Vorbereitungen für Feldzüge in
vier grundlegend verschiedene Welten.
Haplo betrat die Stadt, wanderte durch die im
Zwielicht perlig schimmernden Straßen. Jeder Aufenthalt im Nexus erfüllte ihn
mit stolzer Freude. Die Patryn sind nicht wie die Sartan. Sie finden sich nicht
an Straßenecken zu Grüppchen zusammen, um philosophische Erkenntnisse zu
diskutieren oder meinetwegen auch nur einen freundschaftlichen Schwatz zu
halten.
Ernst und düster, verschlossen und zielstrebig,
gehen Patryn auf der Straße aneinander vorbei, manchmal mit einem grüßenden
Nicken.
Dennoch herrscht unter ihnen ein Gefühl der
Gemeinschaft, der Zusammengehörigkeit. Und Vertrauen, vollkommen und absolut.
Bisher wenigstens. Diesmal ertappte Haplo sich
dabei, wie er jedem seiner Landsleute ins Gesicht schaute, ihn argwöhnisch von
Kopf bis Fuß musterte. Er wußte, die Schlangen vermochten jede beliebige
Gestalt anzunehmen.
Haplos merkwürdiges Verhalten blieb nicht unbemerkt.
Die anderen Patryn warfen ihm stutzige, abweisende Blicke zu. So viele Fremde,
oder bildete er sich das ein? Weniger als die Hälfte der Gesichter kam ihm
bekannt vor, und die er zu erkennen glaubte, waren verändert, gewandelt.
Haplo spürte ein leichtes Brennen auf der Haut,
die Runen leuchteten schwach. Er rieb sich geistesabwesend den Handrücken,
betrachtete unter zusammengezogenen Brauen jeden Vorübergehenden. Der Hund,
der bisher zufrieden hinter ihm hergetrabt war, bemerkte das Unbehagen seines
Herrn und wurde seinerseits aufmerksam.
Eine Frau, die Hände in den langen, weiten
Ärmeln ihres Gewandes verborgen, kam zu dicht an Haplo vorbei oder das glaubte
er wenigstens. »Was habt Ihr vor?« Er hielt sie fest, schob ihren Ärmel zurück
und starrte auf die eintätowierten Runen.
»Und was zum Donnerwetter habt Ihr vor?«
Die Frau riß sich los. »Was ist in Euch gefahren?«
Andere Passanten wurden aufmerksam, blieben stehen,
machten instinktiv Front gegen die mögliche Bedrohung.
Haplo hätte im Boden versinken mögen. Die Frau
war unzweifelhaft eine Patryn.
»Es tut mir leid.« Er hob die leeren Hände und
kehrte die nicht mit Tätowierungen versehenen Innenflächen nach außen – das
Zeichen der Friedfertigkeit, ein Zeichen, daß er nicht vorhatte, von seiner
Magie Gebrauch zu machen. »Hund, sei ruhig. Ich – dachte, vielleicht…«
Aber konnte er ihnen sagen, was er dachte, was
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