Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
und lächelte Nandalee gewinnend an. »Und wahrscheinlich bin ich nach dieser endlosen Gefangenschaft ein wenig verrückt. Wäre ich es nicht, würde ich auf dem schnellsten Wege in die relative Sicherheit Albenmarks zurückkehren, statt noch hier zu sein.«
»Was ist passiert, als ihr in den Krater gestiegen seid?«, fragte Nandalee.
Sie wusste, sie klang schroff, aber das war die einzige Frage, die wirklich von Bedeutung war. Manawyn konnte von unschätzbarem Wert sein. Er war an dem Ort gewesen, über den sie einfach keine verwertbaren Informationen fanden.
Der alte Elf trat in ihre Mitte. »Wir waren überheblich«, sagte der alte Elf. »Nach allem, was ich über dich gehört habe, bist du die bessere Anführerin, Nandalee. Wir haben den Krater nicht erkundet, sondern sind einfach in dem Glauben hinabgestiegen, dass sieben Drachenelfen unbesiegbar seien.« Er machte eine Geste, als wolle er mit seinen Armen die ganze Welt umfassen. »Zu meiner Zeit sah hier alles ganz anders aus. Die Menschenkinder sind wie Ameisen. Der ganze Kraterrand ist verändert. Als ich hierherkam, gab es nur eine Handvoll Häuser am Hang und eine kleine Festung, dort wo jetzt die Tempelgärten der Zapote liegen. Allerdings hatten die sieben großen Kulte der Großreiche Tempel im Inneren des Weltenmundes errichtet. Wir haben darin keine Gefahr gesehen.« Sein Blick wurde hart. »Ich war der Anführer. Ich wollte schnell hinein und wieder hinaus. Laut des alten Vertrages hätten wir Nangog nicht betreten dürfen. Ich wollte so wenige Stunden wie möglich hier verweilen. Wir sollten zur Gefesselten Göttin durchbrechen und erkunden, ob sie noch lebt. Wir sind nie bei ihr angekommen.« Er seufzte und ließ sich auf einer Decke nieder. Er bewegte sich langsam, als sei er noch immer geschwächt.
»Was ist geschehen?« Nandalee vermochte sich kaum der Faszination zu entziehen, die von Manawyn ausging. Sie betrachtete ihn durch ihr Verborgenes Auge. Seine Aura war nur ein schwaches Flackern, und das Gewebe aus Kraftlinien, das ihn umgab, wirkte unvollständig. Es gab nichts, was darauf hinwies, dass er versuchte, sie durch einen Zauber zu manipulieren. Bislang waren es nur seine Worte und seine Persönlichkeit, die sie gefangennahmen. Manawyn, der Gründer der Weißen Halle, war zu ihnen gekommen! Sie konnte es immer noch nicht fassen.
»Wir wollten schnell in den Weltenmund hinab, möglichst ohne Menschenkindern zu begegnen«, setzte er seine Erzählung fort. »Und wir waren uns sicher, würde es doch zu einem Kampf kommen, wäre er kurz und blutig für die Menschenkinder. Wir haben uns geirrt.« Er lächelte traurig. »Wir stiegen bei Nacht in den Krater hinab. In der Tiefe stießen wir dann auf ganze Wälder aus Eisenstangen. Sie alle waren durch Zauber miteinander vernetzt. Ich glaube, sie wurden errichtet, um die Grünen Geister fernzuhalten. Im Nachhinein habe ich mich oft gefragt, ob auch wir einen Alarm auslösten, als wir die Stangen passierten. Hinter dem Wald aus Eisenstangen fanden wir den Eingang zu einer großen Grotte, so gewaltig, dass der größte Wolkensammler ohne Mühe hätte hindurchfliegen können. Wir wussten, dass dies der Durchgang zum Gefängnis von Nangog war und wir nicht am Grund des Kraters suchen mussten.
Auch hier waren überall Spuren der Menschenkinder zu sehen. Sie hatten Häuser errichtet, die wie Schwalbennester an der hohen Decke hingen. Das hätte uns eine Warnung sein sollen, war es doch ein Zeichen, dass es etwas auf dem Boden gab, vor dem sie sich fürchteten. Wir aber hielten es in unserer Arroganz nur für eine der vielen versponnenen Eigenarten der Menschenkinder, f ür die ein kühler Verstand keine rationale Erklärung finden konnte. Wir scheiterten, weil wir so selbstsicher waren.« Er seufzte. »Wir gingen ins Innere der Grotte und kamen an ein ummauertes Becken, groß wie ein kleiner See. Das Wasser darin war von dunkelroter Farbe. Dort stießen wir auf den ersten Widerstand. Seltsame Krieger, verkleidet wie Raubkatzen, griffen uns an. Sie schlugen sich tapfer, dennoch hätten wir sie wohl alle getötet, wäre nicht dieses Ding im See gewesen! Es erhob sich plötzlich aus dem roten Wasser: eine Kreatur mit einem Kopf aus Metall, der halb offen lag, sodass man darin allerlei seltsames Räderwerk sehen konnte, das sich bewegte. Es war groß wie eine Himmelsschlange, sein schlangenhafter Leib ganz mit Federn bedeckt. Auch einige der Federn waren aus Metall. Und im selben Augenblick, als sich
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