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Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Titel: Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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hinter dem Horizont verborgen lag. Ein Zufall? Oder wusste er, dass alle Drachenelfen dorthin flogen? Er war klug, davon war Nandalee überzeugt. Schließlich hatte er sie erwartet.
    Fast zwei Stunden flogen sie in gut hundert Schritt Höhe über die weite Savanne. Nandalee sah die großen Herden ziehen, die von Horizont zu Horizont die weite Ebene füllten. Sie wanderten nach Westen, dorthin, wo es noch Wasser gab. Das Land unter ihnen wurde karger. Die Akazien, die ohnehin nur vereinzelt inmitten des Grasmeers aufragten, verschwanden ganz. Bald waren rote Termitenhügel die einzigen Erhebungen, die sie noch sah. Rotbraune Monolithen, erbaut in Jahrzehnten und unter der gleißenden Sonne des Sommers zu Festungen, hart wie aus Stein, gebrannt.
    Das Gras wurde niedriger. Es hatte eine fahlgelbe Farbe. Breite Sandzungen reichten nun in die Savanne. Nur sehr selten sah Nandalee noch größere Tiere. Einen einzelnen Büffelbullen, ein hageres Wildpferd. Sie näherten sich der Todeszone, jenem sechzig Meilen weiten Streifen Wüste rings um den Jadegarten, den die Drachen mit einem Zauber belegt hatten, der sich gegen jeden wandte, der sie zu durchqueren versuchte. Nur wer fliegen konnte oder die Tore zum Goldenen Netz zu öffnen vermochte, sollte den Jadegarten erreichen. Nur ein Novize, der seine letzte Prüfung bestand und einen Pegasus fing und bändigte, konnte dorthin zurückkehren.
    Bald war unter ihnen nur noch Sand, aus dem sich einzelne, bleiche Felsformationen erhoben. Es war so einfach gewesen, dachte Nandalee. Sie hatte nur auf die Rückkehr der Herde warten müssen. Das konnte nicht der Sinn der Prüfung sein. Wenn sie jetzt heimkehrte, dann hätte sie all die anderen betrogen, die so lange damit gerungen hatten, einen Pegasus zuzureiten.
    Mochte Bidayn sich ihr Recht, eine Drachenelfe zu sein, mit einem Zaubertrick erschleichen, sie würde so etwas nicht tun. So vorzugehen höhlte den Status der Drachenelfen aus. Sie würde es anders machen. Versonnen betrachtete sie die tote Landschaft, die unter ihnen dahinzog. Dann öffnete sie ihr Verborgenes Auge. Das Netz der Kraftlinien war hier ungewöhnlich dicht. Aber nichts wies darauf hin, dass die natürliche Ordnung grundlegend gestört war. Die Himmelsschlangen waren Meister in der Kunst des Zauberwebens, wahrscheinlich war ihre Magie zu fein gesponnen, als dass sie hätte erkennen können, was sie hier getan hatten. Oder aber die Geschichte von der verwunschenen Wüste war eben nur dies – eine Geschichte. Nandalee lächelte. Auch das würde sie den Himmelsschlangen zutrauen, dass sie sich ganz und gar auf die Macht der Worte verließen, die manchmal einen Zauber überflüssig machen konnte.
    »Lande, Sternauge!«, rief sie gegen den Wind an.
    Der Pegasus gehorchte nicht. Er flog stur weiter. Nandalee zog erst kurz am Seil, doch als Sternauge auch darauf nicht reagierte, stellte sie sich vor, wie sie beide über den gelben Sand schritten.
    Sternauge schüttelte wild den Kopf und geriet dabei ins Trudeln. Nandalee hatte Mühe, ihren Stand auf seinem Rücken zu halten. Schließlich landete er doch und sah sie auf eine Art an, die beredter war als alle Worte. Er fürchtete ganz offensichtlich die Wüste. Nervös blähte er seine Nüstern. Sein Kopf pendelte ruhelos. Spürte er etwas, das Nandalee nicht wahrzunehmen vermochte?
    Sie nahm den Wasserschlauch von seinem Rücken. Mehr würde sie nicht brauchen. Sie schätzte, etwa einen Tagesmarsch vom Jadegarten entfernt zu sein. »Weißt du, in den Jadegarten zurückzukehren soll eine Prüfung sein. Eine herausragende Leistung. Aber was ich bisher getan habe, war alles andere als herausragend. Ich werde das letzte Stück zu Fuß gehen. Erwarte mich an der Schlucht, die in den Garten der Himmelsschlangen führt. Zur Dämmerung sollte ich dort ankommen.«
    Sternauge schüttelte den Kopf. Hatte er ihre Worte verstanden? Wohl kaum. Was dachte sie nur für einen Unsinn, schalt Nandalee sich in Gedanken. Er war einfach nur nervös. Sie stellte sich das Bild der Schlucht vor. »Dort«, sagte sie leise und eindringlich, »wirst du warten.«
    Der Hengst schien zu begreifen, wie ernst es ihr war. Er schnaubte ärgerlich, dann preschte er davon und stieg flügelschlagend in den Himmel hinauf. Für eine Weile drehte er noch weite Kreise über ihr, dann drehte er ab und flog dem Jadegarten entgegen.
    Nandalee orientierte sich am Stand der Sonne und schritt kräftig aus. Sehr bald schon begann ihr die trockene Hitze zuzusetzen.

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