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Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Titel: Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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besessen wie sie. Kaum dass er sich eine Pause gönnte. Nur wenn sie einander liebten, legte er den Pinsel und die Nadeln zur Seite. Manchmal überfiel er sie wie ein hungriges Tier, nahm sich, was er begehrte, ohne an sie zu denken. Dann wieder war er der vollkommene Liebhaber, zärtlich, zuvorkommend und allein darauf bedacht, sie zu unbekannter Ekstase zu führen. Sie war dabei ganz passiv, ließ ihn gewähren, vertraute sich ihm ganz an. Und sie spürte, wie er trotz aller Leidenschaft sehr darauf achtete, die frischen Wunden nicht zu früh zu berühren und dem Bild, das auf ihrer Haut erstand, Schaden zuzufügen. Willig gab sie sich hin und genoss seine Lust, bis sie schließlich völlig erschöpft in seinen Armen einschlief.
    Jedes Mal wenn sie erwachte, war der Schmerz der Nadeln schon da. Jede Freude wurde von ihm begleitet, bis Nandalee insgeheim zu fürchten begann, dass sie von nun an ohne Schmerz vielleicht für jedes Empfinden taub sein könnte. Sie vermochte nicht zu sagen, wie lange dieser Rausch andauerte. Zeit verlor an Bedeutung. Schlaf, Schmerz, Lust – alles vermengte sich, schien sich endlos zu dehnen. Er verweigerte ihr einen Blick auf das gesamte Bild. Sie sah, dass sich ein blauschwarzer Drachenschweif ihren linken Oberarm hinabwand.
    Er begann, ein Bild in ihren rechten Oberschenkel zu stechen, als er sie blendete. Es war ein überraschender, neuer Schmerz. Ein Gefühl, als sei eine der Nadeln tief in ihren Kopf gedrungen, und von einem Moment auf den anderen konnte sie nicht mehr sehen. Panik überkam sie. Sie wollte fliehen, aber er drückte sie gnadenlos auf den Teppich, der inzwischen von der Farbe seiner Pinsel durchtränkt war. Sie spürte noch die Seidentücher, mit denen er Farbe abtupfte und ihr Blut, das ihr Bein hinunterlief. Immer wieder hielt er jetzt inne, um kritisch sein Bild zu prüfen.
    »Was … was ist mit meinen Augen?«, fragte sie nach langem Schweigen voller Angst.
    »Ihr sollt das Werk nicht sehen, bevor es vollendet ist, Dame Nandalee. Beweist mir Euer völliges Vertrauen, indem Ihr Euch mir blind ausliefert. Das Werk ist fast vollbracht, meine Dame.«
    Sie hatte sich verändert. Nur ein paar Tage zuvor hätte sie gegen ihn aufbegehrt. Wie konnte er das tun! Aber jetzt war alles anders. Sie war sein. Und auch er hatte sich ihr in den vergangenen Tagen offenbart. Sie war sich fast sicher, dass er sie begehrte, nicht nur um hier und jetzt seine Lust zu befriedigen. Er respektierte sie. Sie hatte seine Einsamkeit gespürt und wie sehr er sich danach sehnte, mit ihr alles zu teilen. Aber sie würde gehen. Auch wenn er vielleicht glaubte, sie zu lieben, würden sie einander nie von gleich zu gleich begegnen.
    Nandalee nahm hin, was war, ließ sich zwischen Fieberwahn und Ekstase treiben. Er arbeitete nun abwechselnd mal an ihrem rechten Bein, mal füllte er auf ihrem Rücken Flächen mit Farbe. Sie spürte seine Unrast. Etwas, worüber er nicht mit ihr reden wollte, beunruhigte ihn.
    Irgendwann erwachte sie, und die leise Musik, die sie all die Tage begleitet hatte, war verstummt. Er war fort, sie spürte es ebenso, wie sie wusste, dass sie wieder würde sehen können, wenn sie die Augen aufschlug. Sie zögerte es hinaus, blieb still liegen und hoffte wider besseres Wissen, dass er noch einmal zurückkehren würde. Dass es einen Abschied gäbe, feierliche Worte, ein letztes Beisammensein.
    Sie wartete lange. Doch der Dunkle kam nicht zurück. Endlich sah sie sich blinzelnd um. Sie lag inmitten der feinen Seidentücher, mit denen er bei seiner Arbeit Blut und Farbe von ihrer Haut gewischt hatte. Sie waren überall, auf dem flachen Fels, der ihre Insel fern der Welt gewesen war, im dunklen, warmen Wasser, das den Boden des Gewölbes verbarg. Das geheime Refugium des Dunklen sah aus wie ein blühender Apfelhain, der von einem wütenden Frühlingssturm heimgesucht worden war und dessen makellos weiße Pracht der Wind in den Schmutz gezerrt hatte.
    Nandalee drehte den Kopf, soweit sie konnte, und versuchte, das Bild auf ihrem Rücken zu erkennen. Doch alles, was sie deutlich erkennen konnte, war eine schwarze Drachenklaue auf ihrer linken Schulter sowie das Schweifende an ihrem linken Oberarm. Dann fiel ihr Blick auf ihr rechtes Bein. Um ihren Oberschenkel wand sich der lange Schweif eines zweiten Schlangendrachen. Er reichte bis unter ihr Knie. Nandalee entfuhr ein leiser Schrei. Hatte sie zwei Drachen auf ihrem Rücken? Das hatte es, soweit sie wusste, noch nie

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