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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Flügel auf. Es war eine Freude, ihm dabei zuzusehen. Sprühendes Licht brach sich auf den Schuppen, die Bewegung war voller Anmut. Sie berührte den Betrachter in seinem Innersten und ließ Frieden in ihn einkehren.
    Es geht natürlich auch so.
    Der Drache faltete die Flügel und öffnete sie erneut. Jetzt waren es nur riesige Lederlappen, die sich ausfalteten. Der Bewegung
fehlte jegliche Grazie, obwohl Nandalee nicht benennen konnte, was der Drache anders gemacht hatte.
    Ihr solltet Euer Gesicht sehen, Elfentochter. Überrascht? Ich bin mir sicher, wenn Ihr mit dem Bogen schießt, ist es ganz ähnlich wie bei meinem Beispiel. Ihr seid eins mit allem, was Euch umgibt, ohne noch darüber nachdenken zu müssen. Das ist Magie, Dame Nandalee. Ihr teilt Eure Kraft mit allem, und alles teilt seine Kraft mit Euch. Ein Stoß mit Eurem kleinen Finger vermag mich von dieser Klippe zu stürzen, wenn Ihr eins seid mit allem um Euch herum.
    Â»Und wie werde ich eins?«
    Wie macht Ihr es beim Bogenschießen? Beschreitet diesen Weg! Er ist Euch vertraut. Es mag sein, dass er Euch an Euer Ziel führt. Und lasst Euch nicht ablenken. Es ist ohne Belang für Euch, wer noch an diesem Ort zugegen ist. Es ist ohne Belang, was sie von Euch denken. Ihr müsst eins mit Euch selbst sein. Dann werdet Ihr Respekt erfahren. Versucht Ihr aber, ihnen zu gefallen, dann verschließt Ihr Euch die Türen vor Eurem Innersten. Den Weg dorthin könnt Ihr nur allein finden.
    Nandalee seufzte. Sie hatte das Gefühl, nicht einmal die Hälfte von dem verstanden zu haben, was der Schwebende Meister sagte. Ja, es erschien ihr widersprüchlich. Sie sollte eins mit allem sein, aber sie sollte zugleich auch alle um sich herum ignorieren.
    Alles ist in Euch, Elfentochter, aber Ihr müsst den Schlüssel zu diesem verborgenen Schatz finden. Dabei vermag Euch niemand zu helfen. Und verzweifelt nicht zu schnell. Niederlagen sind keine Schande. Entscheidend ist, ob Ihr Euch geschlagen gebt oder ob Ihr Euch erneut erhebt und weitermacht. Großes bekommt Ihr niemals geschenkt. Ihr müsst es Euch verdienen.
    Na wunderbar, dachte sie. Sie würde bis ans Ende ihrer Tage hier auf dem kalten Felsboden kauern und Löcher in den Himmel starren. Wütend und verzweifelt zog sie sich zurück. Sie wollte allein sein und stieg in die Steilwand jenseits der Höhle. Niemand hielt sie auf. Wie nah Freiheit und Gleichgültigkeit doch beieinanderlagen! Was hätte sie dafür gegeben, wenn jetzt jemand sie zurückgehalten hätte. Aber, erinnerte sie sich an die Worte des Drachen, sie sollte ja frei sein von der Meinung anderer.

    Nandalee fand ein Sims. Tief unter sich sah sie einen Adler mit ausgebreiteten Schwingen auf dem Wind gleiten. Sie beobachtete seinen Flug. Langsam ließ ihr Zorn nach. Wenn sie doch nur mit ihm Seite an Seite fliegen könnte … Er war ein leicht zu treffendes Ziel, flog langsam und ohne die Richtung zu ändern. Vielleicht siebenhundert Schritt entfernt. Selbst wenn sie ihren Bogen bei sich hätte, würde sie niemals auf ihn schießen. Wenn er in die Tiefe stürzte, würde man ihn zwischen den Felsklüften nicht wiederfinden können. Wenn sie ein Tier tötete, dann um das Fell, die Federn oder das Fleisch zu nutzen. Nie hatte sie etwas erlegt, nur um zu erproben, ob sie es treffen könnte.
    Beim Gedanken an die Jagd fiel ihr Zorn gänzlich von ihr ab. Sie atmete tiefer, wurde sich allem, was sie umgab, bewusster. Sie wusste, wie stark der Wind einen Pfeil auf siebenhundert Schritt abdriften lassen würde. Fühlte den kühlen Atem des Schnees, der auf den Wipfeln lag. Roch eine einzelne Bergkiefer, die irgendwo außerhalb ihres Gesichtsfelds stehen musste. Sie hörte die leisen Geräusche des sich erwärmenden Steins. All dies nahm sie in sich auf, ohne sich wirklich darauf zu konzentrieren. Ganz so wie auf der Jagd.
    Nandalee schloss die Augen und stellte sich die Flugbahn des Adlers vor. Den Wind, der an den langen äußeren Federn seiner Schwingen zerrte. Die Turbulenzen nahe der Felsnadel, die er bald passieren würde. Sie hob ihre Rechte und streckte den Zeigefinger vor.
    Sie wusste, wo der Vogel war. Sie konnte ihn spüren. Alles nahm sie in sich auf. Sie zeigte mit dem Finger auf ihn. Langsam wanderte er mit dem Flug. Sie wollte die Augen öffnen, als sie plötzlich ein Licht durchdrang. Flammende Linien, die alle in ihrer

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