Drachenelfen
auf seiner Sänfte zur Mitte des Platzes und verharrten dort. Artax erhob sich in dem Bewusstsein, dass jedes Augenpaar im Kreis einer Meile auf ihn gerichtet war. Ihm wurde ein wenig übel. Er hatte mit Wasser verdünnten Wein getrunken. Es war heiÃ.
Ein seltsames magisches Licht spielte um den Innenrand der magischen Pforte. Wie körperlose Schlangen erschien es; Lichtwürmer, die sich beständig umeinanderwanden. Rastlos. Unheimlich. Hinter ihnen lag Dunkelheit, durch die ein breiter, golden glänzender Weg führte.
»Ich rufe dich, Gefährte in der Finsternis!« Artax war überrascht, wie kraftvoll seine Stimme klang und die Worte weit über den Platz trug. Das leise Raunen in der Menschenmenge verstummte. Selbst die Maultiere und Lastkamele waren still.
Etwas bewegte sich jenseits des Tores â ein Licht, das langsam gröÃer wurde, entwuchs der Finsternis. Ein Löwe trat aus der Pforte, groà wie ein Stier. Sein Leib war aus Silber. Die Mähne golden. Und das waren keine Metaphern. Der Löwe bestand mit Ausnahme seiner honigfarbenen Augen tatsächlich ganz und gar aus Metall. Da Menschen allein auf den Goldenen Pfaden verloren waren, hatten die göttlichen Devanthar ihnen sieben Gefährten erschaffen; metallene Führer, durchdrungen von Magie. Dieser Löwe war einer von ihnen.
Majestätisch schritt er durch die weite Gasse inmitten der Menschenmenge dem Thron entgegen, den Blick fest auf Artax gerichtet. Als er ganz nah war, vernahm Artax einen Laut, der an das Klingeln kleiner Silberglöckchen erinnerte. Jeder Schritt des
Löwen wurde davon begleitet. Bewundernd betrachtete der Unsterbliche die Kreatur. Sein Leib bestand aus unzähligen einander überlappenden Schuppen, in die feine Haare ziseliert waren. Die Mähne aber war aus länglichen Strähnen gefertigt. Manchmal ertönte gedämpftes Surren im silbernen Leib des Löwen und ein rhythmisches Klacken. Unmittelbar vor der Sänfte hockte sich der Löwe auf seine Hinterläufe und blickte erwartungsvoll zu ihm auf.
»Ich danke dir, dass du meinem Ruf gefolgt bist«, sagte Artax salbungsvoll. »Bitte führe mich zu meinem Palast in Akšu. Es ist an der Zeit, zu meinem Volk zurückzukehren.«
Der Löwe neigte sein Haupt, sodass jeder sehen konnte, dass er sich dem Willen des Unsterblichen unterwarf. Dann erhob er sich und schritt der Goldenen Pforte entgegen.
Artax wandte sich an sein Gefolge, das in langen Kolonnen auf dem Platz versammelt war, und machte eine Geste, als wolle er sie alle mit seinen Armen umfangen. »Folgt mir, meine Brüder und Schwestern. Wir kehren heim!«
SchweiÃüberströmt lieà er sich auf den Thron sinken. Nie zuvor hatte ein Unsterblicher seine Untergebenen Brüder und Schwestern genannt. Ringsherum erhob sich tausendstimmiges Getuschel. Plötzlich übertönte eine einzelne Stimme alle übrigen. »Heil dir, Aaron, Herrscher aller Schwarzköpfe! Wir folgen dir im Dunkeln wie im Lichte!«
Ãberall wurde der Ruf aufgegriffen. Tausende feierten ihn. Und ihre Stimmen übertönten die Fanfaren, die zum Aufbruch riefen.
Artax war gerührt. Ein Kloà stieg ihm in den Hals. Seine Augen wurden feucht, auch wenn er Tränen zurückhalten konnte.
Juba legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Jetzt habt Ihr sie«, sagte sein Gefährte, und obwohl er den Mund fast an Artaxâ Ohr brachte, musste er unziemlich laut sprechen, um gegen die Jubelrufe anzukommen. »Jetzt werden sie Euch überallhin folgen.«
Zumindest im Augenblick, dachte Artax. Er war entschlossen,
ihre Gunst zu halten und sie nicht zu enttäuschen. Als er nun der Goldenen Pforte entgegengetragen wurde und sich hinter seiner Sänfte die Kolonnen formierten, die ihm nach AkÅ¡u folgen würden, erlaubte er sich sogar ein wenig Hoffnung. Er würde alle Stürme überstehen und sein Königreich in ein wahrlich goldenes Zeitalter führen â auch wenn er dafür das Gold von den Dächern der Paläste holen musste, um es sinnvoller einzusetzen.
Kurz wunderte er sich, dass sein Quälgeist schwieg â nicht nur während der Zeit seines Fiebers, sondern auch jetzt, im Augenblick seines Triumphes. War Aaron fort? Artax vermisste ihn nicht! Vom Jubel der Menge getragen und von neuer Kraft durchflutet, blickte er zu dem Tor, das ihn in seine alte Heimat führen würde, über den Weg, den er als
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