Drachenelfen
und vom schlangengleichen Schrecken die Rede war. ER wusste, dass dies nicht die Wahrheit war! Der Purpurne war in Frieden gekommen. Einen Himmel in Flammen hatte es gewiss nicht gegeben!
Sie alle hatten es damals gespürt, als sein Nestbruder gestorben war. Das Entsetzen darüber, dass auch sie letztlich sterblich waren, war nie gewichen, ebenso wenig wie die Entschlossenheit, eines Tages Rache an den Devanthar zu nehmen. Die Rache hatte zu lange geruht. ER wusste, in welches der sieben Reiche sein Bruder hatte gehen wollen. ER sollte eine Drachenelfe schicken,
die alte Fährte aufzunehmen. Falls sie sich nach so vielen Jahrhunderten nicht völlig in den Sagen und Märchen der Drusnier verloren hatte.
Kurz wagte ER aufzublicken und sah erleichtert, dass der Silberne Löwe durch den Albenstern gegangen war. Diese Kreaturen waren neu. SEINE Späher hatten IHM von den Silberlöwen berichtet. Heute hatte ER zum ersten Mal einen mit eigenen Augen gesehen. ER würde mit seinen Nestbrüdern über diese Geschöpfe sprechen müssen. Welchem Zweck dienten sie? Sie waren ganz und gar aus Metall und doch lebendig. Ob die Devanthar in der Lage waren, noch gröÃere dieser metallenen Kreaturen zu bauen? Sollten sie für eine Invasion Albenmarks genutzt werden?
»Pass doch auf!«, raunzte IHN ein bärtiger Lastenträger an, den ER in Gedanken versunken angerempelt hatte.
»Weg mit dir!«
Erschrocken wich der Mann zurück. Seine Augen waren schreckensweit ⦠Die Augen! ER begriff, dass ER sich hatte gehen lassen. Seine Augen ⦠Der Zauber!
Unruhe entstand unter den Trägern.
»Brüder! Habt ihr das gesehen? Brüder, seht nur! Ein Dämon ist mitten unter uns!«
ER konzentrierte sich auf das magische Netz, das SEINEN Leib in die veränderte Form zwang und SEIN wahres Gewicht verheimlichte. SEINE Augen. Einen Herzschlag lang hatten sie sich ihrer wahren Form angenähert.
Leise flüsterte ER ein Wort der Macht, und es veränderte den Odem des Querulanten. Sein Atem roch nun nach Anis, so als habe er von jenem starken Schnaps getrunken, der â auch das wusste ER von seinen Spähern â im einfachen Volk Arams so beliebt war. Ein zweites Wort der Macht lieà die Zunge des Trägers schwer werden.
»So seht doch â¦Â«, lallte dieser.
»Was willst du, Trunkenbold? Kannst dich kaum auf den Beinen halten und rempelst mich an!«
Einige der Träger lachten.
»In die Reihe mit euch! Weiter. Los, geht!« Ein Aufseher mit breiter grüner Schärpe bahnte sich seinen Weg durch die Träger und brachte die Männer mit energischen StöÃen seines dicken Knotenstocks in die Reihe zurück. »Was geht hier vor, Marik?«
»Ein Dämon â¦Â«, lallte der Träger. »Mit Schlangenaugen! Sieh!«
Der Aufseher drehte sich um. »Was hat er in deinen Augen gesehen, Umar?«
Der Aufseher schob IHM das Ende des Knotenstocks unter das Kinn und drückte SEINEN Kopf nach oben. ER musste gegen SEINEN Zorn ankämpfen! Dieser Wicht wagte es â¦!
ER sah ihm direkt in die Augen und konnte die Gedanken des Aufsehers lesen. Der Kerl sorgte sich darum, dass es Verzögerungen gab oder einer seiner Männer mit einer wertvollen Fracht im Nichts verloren ging. Um die Männer selbst sorgte er sich nicht. Von ihnen gab es genug.
»Was soll mit Umars Augen sein? Die Schlangenaugen hast du auf dem Grund deines Schnapsbechers gesehen! Gib mir deine Last!« Der Aufseher riss Marik den schweren Sack von den Schultern und bürdete ihn sich selbst auf. »Soll das Nichts dich verschlingen, du nutzloser Säufer!«
Marik trat in die Reihe zurück. Immer wieder blickte er furchtsam über seine Schulter.
Zügele dich, ermahnte ER sich stumm. ER hatte Umar am Abend zuvor in einer stillen Gasse überrascht und all sein Wissen getrunken. Dann hatte ER die Gestalt des Sterbenden angenommen und den Leichnam verschwinden lassen. Nun war ER froh, vorsichtig genug gewesen zu sein, tatsächlich die Gestalt eines Trägers angenommen zu haben und nicht die eines beliebigen Körpers, an den ER sich erinnerte. Unter den Menschen schien es wichtig zu sein, einen Platz in einem Netzwerk aus Freundschaften und Abhängigkeiten zu haben. Besonders seltsam waren die Verhältnisse bei den Luwiern. Geradezu
absurd! Das groÃe Haus nannten sie ihren Staat und hatten die Bevölkerung in Kammern gegliedert.
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