Drachenelfen
Farbenpracht des Pfauengefieders nach.
Mit einem Seufzer der Erleichterung lieà Artax sich nieder. Seine Arme zitterten, obwohl er sie auf die Lehnen stützte. Er krallte sich daran fest, um gegen die Schwäche anzukämpfen. Er wusste, dass er aschfahl war. Schweià perlte von seiner Stirn.
»Du solltest noch warten«, flüsterte Juba, der hinter die Rückenlehne getreten war.
»Ich muss zurück«, entgegnete Artax gehetzt. »Es ist noch so viel zu tun ⦠So viel â¦Â«
Er wollte das Reich verändern. Er hatte es von unten gesehen, mit den Augen des Bauern, so wie Aaron es niemals gekannt hatte und wahrscheinlich alle anderen Unsterblichen auch nicht. Es gab so viel Ungerechtigkeit und Korruption, unnötige Armut und überflüssigen Luxus. Sogar Aaron hatte gewusst, was marode und krank war, war aber zu träge gewesen, irgendetwas zu verändern.
Oft hatte sich Artax darüber Gedanken gemacht, wie sein Vorgänger an die Macht gekommen sein mochte. Selbst in seinen Fieberträumen hatte er die quälenden Grübeleien nicht abstreifen können. Wer war Aaron einst gewesen? So viel Artax von Aaron auch wusste, er wusste nicht, wie sein Vorgänger unter die Unsterblichen aufgestiegen war. Weshalb klaffte ausgerechnet in diesem Punkt in seiner Erinnerung ein absolut schwarzes Loch? Hatte der Devanthar diese Erinnerung getilgt, so wie der Wind eine Spur im Sand verschwinden lie� Wer waren all die anderen gewesen, die es vor ihm gegeben haben musste? Wenn Aaron ganz ähnlich wie er an die Macht gelangt war, dann musste er doch auch über die Erinnerungen seines Vorgängers verfügt haben. Und dieser wiederum über die Erinnerungen desjenigen, der vor ihm geherrscht hatte. Benutzte Aaron deshalb immer das Wir, wenn er sprach? War seine Persönlichkeit untrennbar mit den anderen verschmolzen? Und drohte ihm, Artax, dasselbe Schicksal? Wenn dies stimmte, dann müsste sein Wissen bis zum allerersten Menschen reichen, den die Devanthar in die Rolle des Unsterblichen gezwungen hatten, überlegte Artax. Nein, gezwungen war das falsche Wort. Er war sich gewiss, dass der Löwenhäuptige den Ersten
verführt hatte. Wer könnte schon einer Machtfülle widerstehen, die fast an die Macht eines Gottes heranreichte!
»Du musst einen Befehl geben.« Jubas Flüstern schreckte ihn aus seinen Gedanken.
Müde hob er die rechte Hand.
»Zur Goldenen Pforte«, rief der Feldherr mit Donnerstimme.
Sklaven mit nackten, geölten Oberkörpern traten an die Sänfte des Unsterblichen heran. Artax wusste, dass es zwanzig waren. Alle zugleich hoben sie die polierten Schwarzholzstangen an, ohne dass ein besonderer Befehl notwendig gewesen wäre. Muskeln spielten unter sonnengebräunter Haut und Artax fühlte sich noch erbärmlicher, als sie im Gleichschritt losgingen. Scheinbar unbeeindruckt vom Gewicht des Throns, seiner selbst und des Feldherrn. Und er? Er hatte kaum mehr die Kraft, seine Hand zu heben!
Artax biss sich auf die Lippen, bis der süÃe Schmerz seine Melancholie verdrängte. Er lehnte sich zurück und lieà die Stadt an sich vorübergleiten. Hier in den oberen Vierteln waren die kühnsten Visionen der Architekten einer ganzen Welt Wirklichkeit geworden. SchneeweiÃer Marmor, purpurner Porphyr, meergrüne Jade, goldene Dächer, Skulpturen von erlesenen Künstlern, Mosaike auf den StraÃen. Viele Schritt lange Wandfriese, die Schlachtszenen, Jagden oder die Devanthar zeigten.
Alle Menschen, die man entlang der StraÃen sah, waren wohlgenährt und gut gekleidet. Ihre Gesichter waren nicht von Schicksalsschlägen gezeichnet. Alles hier war voller Würde. So sollte es sein. Artax dachte an sein Dorf zurück. An das Elend â aber auch an das Glück dieser kleinen Leute, ihre Zuversicht und ihren Mut. Ihm war bewusst, dass all dies rings um ihn herum nur Bestand hatte, weil es Tausende Dörfer wie das aus seiner Kindheit gab. Er wollte eine gerechtere Welt. Auch wenn dann vielleicht die Goldene Stadt verschwinden musste. Ihm war bewusst, dass alles, was er tat, von den Devanthar beobachtet wurde. Er musste sich beeilen. Denn alt würde er gewiss nicht werden.
Den Kopf in den Nacken gelegt, bestaunte er die himmelragenden Türme mit ihren verschnörkelten Holzerkern. Die Brücken, die sich mehr als hundert Fuà über ihm zwischen den Häusern spannten. Die bunten
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