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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Ungeheuer und er würde sogar darauf reiten. Artax war der Meinung, dass man nur unnötig sein Schicksal herausforderte, wenn man sich solch einen Fleischberg zum Reittier machen wollte. Die Barbaren jenseits der Glaswüste nannten die Tiere Elefanten, doch Artax mochte den Namen lieber, den ihnen
die Gelehrten an seinem Hof gegeben hatten – zweizahnige Kopfschwänzler. Dieser Name schuf ein Bild. Wer je eine solche Kreatur gesehen hatte, dem wurde sie durch diese Benennungen wieder ins Gedächtnis gerufen.
    Mit einigem Abstand zu dem Ungeheuer wurden die Sänften seiner Haremsdamen an ihm vorübergetragen. In einem Anflug von Weisheit hatte Aaron ihnen allen genau gleiche Sänften bauen lassen, um Streitigkeiten vorzubeugen. Das war vor vier Jahren gewesen; manche der Sänften hatten seitdem sieben- oder achtmal die Besitzerin gewechselt, und jede von ihnen hatte versucht, diesem kleinen reisenden Gefängnis aus Schwarzholz und Perlmutt eine persönliche Note zu geben – oder vielleicht auch nur eine Spur zu hinterlassen, die ihre Anwesenheit im Harem überdauern mochte. So waren die Eckpfosten der Sänften mit Seidenschals geschmückt und mit kostbarem Geschmeide, das vielleicht einst der Lohn für eine Liebesnacht gewesen war. Die Vorhänge — ursprünglich alle aus demselben leuchtend roten Stoff – waren jetzt ausgetauscht oder zumindest mit aufwendigen Stickereien versehen. Wie im Harem versuchten die … versuchten … seine Frauen auch im Wettbewerb um die prächtigste Sänfte einander auszustechen und Blicke zu fangen.
    Artax seufzte schwer. Selbst sein Harem war eine Bedrohung. Immer wieder musste er an die Worte Aarons denken, der gefordert hatte, all diese Frauen zu töten, um mit diesen Morden Tausende zu retten. Er wäre gut beraten, die Mädchen zumindest auszutauschen. Sie ahnten sein Geheimnis, wussten, dass mehr als nur sein Verhalten verändert war, auch wenn er im Herrscherornat Aaron sogar dann verblüffend ähnlich sah, wenn er seinen Maskenhelm nicht trug.
    Würde er sich ihm eines Tages vielleicht doch auch als Herrscher angleichen?
    Artax schob den Gedanken beiseite — er hatte ihn schon allzu oft wieder und wieder durchdacht — und suchte stattdessen weiter nach einer Lösung für sein Damenproblem. Artax wusste um jenen
Hauptmann der Wachen aus Urat, dem Palast der Morgenröte, seiner Residenz weit im Osten nahe den Bergen von Kush. Jenem Hauptmann, der sich um Haremsdamen kümmerte, die verschwinden mussten, ohne dass allzu viel über ihren Verbleib bekannt wurde. Artax versuchte die Flut von Erinnerungen zu unterdrücken. Aaron hatte sich mitunter an den Dingen beteiligt, die sein Hauptmann tat … Sogar in Akšu, dem stolzesten seiner Paläste. Da war das weite Becken mit dem schlammigen Wasser. Augen, die wie Luftblasen auf dem Wasser lagen. Und die Löwengrube. Das hungrige Knurren der Bestien, das manchmal, in stillen Nächten, im ganzen Palast zu hören war. Artax ballte die Fäuste. Er sah auf die bunten Schals an den Sänften. Konzentrierte sich ganz auf ihren Faltenwurf und ihre Muster. Und er versuchte mit aller Macht diesen Erinnerungen zu entfliehen. Er atmete schwer. Ein goldener Vogel lenkte ihn ab. Eine wunderbare Stickerei. Sonnenlicht brach sich funkelnd auf seinem Gefieder. Licht wie goldene Speere trieb die dunklen Erinnerungen in den Abgrund seines Gedächtnisses zurück. Er hatte die Macht! Nichts geschah ohne seine Willen. Er musste die Mädchen nicht töten, die ihm so unvergleichliche Nächte bereitet hatten. Er könnte sie auch wegsperren lassen – in eine einsame Grenzfestung, vielleicht auf den Hochebenen von Kush oder am Rande der Glaswüste.
    Während Artax den Sänften nachblickte, war er wieder ein wenig in sich zusammengesunken. Umhang und Rüstung lasteten schwer auf seinen Schultern und seine Beine zitterten. Er hatte zu lange gelegen! Seine Kräfte verließen ihn.
    Es war ihm peinlich, nach Jubas Arm zu greifen. Und doch hatte er keine Wahl. Er stützte sich auf den stämmigen Krieger. »Hilf mir.« Artax Stimme war kaum mehr als ein Hauch.
    Sein Feldherr brachte ihn zu seiner königlichen Sänfte. Es war ein prächtiger Thron auf einem wuchtigen, hölzernen Podest. Die Rückenlehne des Throns war wie das aufgefächerte Rad eines Pfaus gestaltet. Tausende Edelsteinsplitter ahmten die schillernde

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