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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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die so schwer aus der Ruhe zu bringen war. Etwas geschah …
    Sayn schien noch immer ganz in seine Meditation versunken zu sein. Vielleicht merkte auch er etwas, hielt aber einfach die Augen geschlossen, um so zu tun, als könne ihn nichts aus der Ruhe bringen. Das würde ganz zu ihm passen!
    Aufhören.
    Die Stimme des Meisters war in ihren Gedanken. Er schien zu allen gesprochen zu haben, denn alle blickten zu ihm auf. Nur Sayn nicht.
    Aufhören! Das ist der falsche Weg!
    Der junge Elf zitterte jetzt am ganzen Leib. Blutige Tränen rannen ihm über die Wangen, aber er öffnete immer noch nicht die Augen. Eigentlich geschah es dem Dreckskerl ganz recht. Aber sie konnten doch nicht einfach alle nur zusehen. Sie musste ihn aus der Trance reißen, auch wenn er sich danach nur noch umso mehr über sie ärgern würde.
    Nandalee sprang auf, während alle anderen Sayn nur anstarrten.
    Nicht!
    Sie packte ihn, um ihn zu schütteln. Er sollte aufwachen. Auch wenn er ihr als Dank eine langte. Etwas bewegte sich unter seinem engen Hemd. Es spannte, verformte sich, wölbte sich vor, als wolle etwas aus Sayn herausbrechen. Ein Strom Blut quoll ihm über die Lippen. Der Stoff riss. Blut klatschte ihr ins Gesicht. Jemand schrie auf.
    Nandalee blinzelte, tastete über ihr Gesicht, und als sie wieder klar sah, verharrte ihre Hand inmitten der Bewegung. Ihr wurde übel.
    Sayn lag hingestreckt auf dem Steinboden. Sein Blut rann durch die Rillen des Spiralmusters auf dem Boden. Jemand übergab sich hinter ihr.
    Nandalee versuchte zu begreifen, was geschehen war. Bidayn
kniete sich neben den Toten. Er musste tot sein. Nandalee vermochte das Gesehene nicht mehr im Zusammenhang zu begreifen. Sie nahm nur noch Bildfetzen wahr. Sayns weit aufgerissene Augen. Sein zerfetzter Leib. Die Rippen, ausgestreckt wie aufgefaltete Flügel. Die Innereien. Das noch immer zwischen den Knochen ruckende Herz. Bidayn, die mit zitternden Händen über den zerschundenen Leib fuhr. Sayns Augen verdrehten sich jetzt. Er sah zu ihr herüber, und sie spürte, dass sein letzter Gedanke ihr galt. Dann erlosch der letzte Lebensfunke in seinem Blick.
    Bidayn kämpfte noch immer um ihn, schrie Wörter der Macht, Wörter, die helfen sollten, die Macht der Magie zu bündeln und Zauber zu weben.
    Nandalee rührte sich nicht. Es gab nichts, das sie noch hätte tun können. Sayn war tot. Sayn war tot!
    Der Drache ließ sich neben Bidayn nieder. Sehr behutsam griff er mit seinen Krallenhänden nach der Elfe und zog sie an sich. Nandalee war verblüfft, ihn so behutsam zu sehen. Sie wusste nicht, was man als Anzeichen für Emotionen in einem Drachengesicht deuten konnte. Aber sein Körper, seine Haltung und sein Handeln drückten tiefe Betroffenheit aus. Bis seine lange lilafarbene Zunge aus seinem Maul schoss.
    Er ließ Bidayn los und hob den Leichnam von Sayn auf. Dabei sah er Nandalee auf eine Weise an, die ihr Schauer über den Rücken jagte. So musste sich ein Kaninchen unter dem Blick des Falken fühlen. Was hatte sie getan? Sie war doch diejenige gewesen, die als Einzige aufgesprungen war, um Sayn zu Hilfe zu eilen!
    So fürsorglich der Meister mit Bidayn umgegangen war, so sehr war er jetzt wieder Raubtier, als seine Krallen sich in das zerfetzte Fleisch des Schülers gruben. Er trat an den Rand der Klippe, schwang sich in die Luft und flog mit kräftigen Flügelschlägen davon. Das Blut, das in einer dünnen Perlschnur von Sayns Leib troff, wehte ihm nach wie eine Spur aus Tränen.
    Nandalee war klar, was geschehen würde. Solange sie hier waren, gehörten sie ganz dem Schwebenden Meister. Ganz! Der
Drache würde Sayn fressen. Er hatte gerade noch genug Anstand, es nicht vor ihrer aller Augen zu tun – und sie las in den Gesichtern der anderen, dass sie es alle wussten.
    Â»Sayns Seele ist nicht mehr hier«, sagte Bidayn mit zittriger Stimme. »Das ist nur noch sein Leib. Es ist nichts, nur Fleisch. Seine Seele ist frei und wird wiedergeboren werden.«
    Nandalee bezweifelte, dass diese Worte irgendjemanden trösteten.
    Bidayn sah erbärmlich aus. Ihre Arme waren bis über die Ellenbogen mit Sayns Blut bedeckt, das weiße Kleid war besudelt, das Gesicht verschmiert von Blut und Tränen. Nandalee zog sie an sich und umarmte sie.
    Â»So war es noch nie«, stammelte Bidayn. »Noch nie. So blutig. Es … Beim Letzten schlugen plötzlich

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