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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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morgens lief, hatte entdecken können. Es ging also letztlich um die Frage, wollte sie einen Bogen und sich endlich wieder ganz fühlen oder wollte sie sich darin üben, verzichten zu lernen?
    Noch einmal holte sie tief Luft, dann fraß sich die Axtklinge ins Holz. Sie hatte bereits auf zu vieles verzichtet. Auf ihre Heimat. Auf ihre Sippe. Es war genug.
    Nandalee arbeitete schnell und geschickt. Das Holz der Eibe war besonders dicht. Eiben wuchsen langsam. Sie leistete ihr Widerstand. Doch schließlich stürzte der Baum und sie machte sich daran, die Äste vom Hauptstamm zu trennen. Es war inzwischen fast völlig dunkel. Sie musste die Ansätze der Äste ertasten und führte ihre Schläge blind. Klug wäre es, den Baum einfach liegen zu lassen und hierher zurückzukehren, sobald die Lehrer der Weißen Halle ihr eine freie Stunde ließen. Doch wann würde das sein? Morgen oder erst in einer Woche? Meist nutzten sie jede Stunde Tageslicht und oft wurde der Unterricht noch nach Einbruch der Dämmerung fortgesetzt. Nur wer sich eine Kunst erwählt hatte, in der er sich üben wollte, bekam mehr Freizeit. Nandalee konnte dieses Gehabe nicht begreifen und hielt es für völlig
unnütz. Sie hatte Gonvalon einmal zugesehen, wie er völlig versunken auf einer abgelegenen Lichtung an einem Stein arbeitete. Nandalee hatte ihn beneidet, war sich aber zugleich sicher, dass sie keinen derartigen Ruhepunkt würde finden können. Es sei denn … Sie lächelte. Vielleicht würden die Meister ja das Schnitzen eines Bogens und Pfeile machen als künstlerische Arbeit anerkennen.
    Mit einem Mal griff ihre tastende Hand in ein Knäuel dünner Äste. Ein Nest! Sie verharrte. Es konnte ein altes Nest sein. Ihre Fingerspitzen berührten weiche Flaumfedern. Sie glaubte noch einen letzten Rest Wärme zu spüren. Hatte die Misteldrossel hier gebrütet?
    Sie tastete über den weichen Waldboden, drängte sich zwischen das Geäst des gestürzten Baumes. Eibennadeln, weich, unfähig zu stechen, streiften über ihr Gesicht. Nandalee griff in klebrigen Dotter. Fand hauchzarte Schalen. Sie war verflucht! Sie hätte bei Tageslicht kommen sollen. Verkehrte sich denn alles, was sie tat, zum Schlechten? Es war zu spät im Jahr! Die Misteldrossel hätte ihre Brut längst aufgezogen haben sollen.
    Aber so war es nicht gewesen, und jetzt lagen drei zerbrochene Eier zwischen dem zersplitterten Geäst.
    Â»Was tust du da?«
    Nandalee hielt erschrocken inne. Die Stimme war ihr fremd. Langsam drehte sie sich um.
    Â»Brauchst du mehr Licht?«
    Dicht hinter ihr stand ein junger Elf. Sie kannte ihn aus der Weißen Halle, konnte sich aber nicht mehr an seinen Namen erinnern.
    Â»Ich habe die Axtschläge gehört und war neugierig. Es kommt selten vor, dass jemand im Dunkeln einen Baum fällt. Ist das eine Eibe? Mit Bäumen kenne ich mich nicht so gut aus.«
    Nandalee räusperte sich. Es war ihr peinlich, so ertappt zu werden. »Du bewegst dich sehr leise.«
    Â»Nicht wirklich. Ich glaube, du warst einfach zu sehr mit …«
Er machte eine unschlüssige Geste. »Mit anderen Dingen beschäftigt«, fuhr er schließlich diplomatisch fort.
    Nandalee war überrascht, dass er die Lage nicht nutzte, um sich über sie lustig zu machen. »Du kannst Licht machen?«
    Er lächelte. »Eines meiner wenigen Talente.« Er schloss die Augen und bewegte die Hände, als suche er nach etwas Ungreifbarem in der Luft. Dazu murmelte er leise, unverständliche Worte.
    Nandalees Nackenhaare richteten sich auf. Sie konnte spüren, wie sich das feine Gewebe der Kraftlinien änderte. Es wurde dichter. Schließlich formte sich vor ihren Augen schwebend eine Struktur, die wie ein gebeugter Ast aussah. Sie verstrahlte ein helles Licht, das trotz seiner Intensität nicht blendete.
    Â»Kugeln bekomme ich nie hin«, sagte der Elf mit resignierendem Achselzucken. »Aber ich hoffe, das wird reichen. Wenn du mir erklärst, was du da tust, könnte ich dir vielleicht helfen.«
    Wieder räusperte sich Nandalee. »Da war ein Nest im Baum. Ich suche nach den Eiern. Oder dem, was davon übrig geblieben ist. Ich hätte besser achtgeben sollen … Ich …«
    Â»Ãœbrigens, ich heiße Eleborn. Bitte verzeih meine schlechten Manieren. Du wirst meinen Namen sicherlich schon gehört haben. Als ich hierherkam, haben sie mir

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