Drachenelfen
nickte Ailyn. »Ich stimme dir im Grundsatz zu.« Sie machte einen Schritt vor. »Aber nehmen wir an, es sind keine Gefährten in der Nähe, die für dich kämpfen können. Was tust du?«
Es kostete Bidayn Ãberwindung, nicht instinktiv einen Schritt zurück zu machen. »Ich nutze das Gelände. Ich laufe zum Rand der Klippe und springe hinab in den Fluss?«
Ailyn lachte auf. »Ich sehe hier keine Klippe und keinen Fluss. Und wenn es so wäre, wie du sagst, was wäre, wenn Felsen dicht unter der Wasseroberfläche verborgen sind? Du vertraust dein Leben deinem Glück an?« Sie machte einen plötzlichen Ausfallschritt. Die Spitze ihres Stocks tippte gegen Bidayns Kehle.
»Ich würde darauf achten, dass ich nur in Gelände kämpfe, das mir vertraut ist.«
Die Kriegerin schmunzelte. »Du möchtest wohl gleich Feldherrin werden? Ein guter Anführer sollte aber auch ein tapferer Krieger sein. Sei ein Vorbild, und du wirst respektiert. Wenn du das Kämpfen stets den anderen überlässt, wirst du am Ende nur Verachtung ernten.« Ailyn wandte sich abrupt um. »Nandalee, komm her!«
Ihre Freundin trat, ohne zu zögern, vor die Schwertmeisterin.
»Was tust du, wenn du unbewaffnet einem Schwertkämpfer gegenüberstehst. «
»Ihn anlächeln«, entgegnete Nandalee selbstsicher und grinste.
»Warum?«
»Weil er damit rechnen wird, dass ich Angst vor ihm habe. Zeige ich aber keinerlei Furcht, dann wird ihn das womöglich verunsichern. «
Statt zu antworten, holte Ailyn zum Schlag aus. Nandalee trat vor, sodass sie so dicht vor Ailyn stand, dass sie deren Klinge nicht mehr treffen konnte.
Die Schwertmeisterin versuchte Nandalee mit dem Schwertknauf vor die Stirn zu schlagen, doch wieder wich die Elfe aus und konterte mit einem EllenbogenstoÃ, der auf Ailyns Hals zielte. Die Schwertmeisterin duckte sich und entging dem Angriff nur knapp. Sie stieà mit dem Holzschwert nach Nandalees Beinen, woraufhin diese sich mit einem wenig eleganten Hüpfer in Sicherheit brachte.
Ailyn richtete sich auf und trat zurück. »Ganz passabel.« Sie blickte zu Bidayn. »Ein Schwert ist zuallererst eine Hiebwaffe. Das heiÃt, du setzt es am besten gegen Gegner ein, die auf Armeslänge oder ein wenig weiter entfernt stehen. Kommt dein Feind dir näher, kannst du selbst Stiche nicht mehr kraftvoll ausführen. Dir bleiben Schnitte. Wenn du unbewaffnet bist, lauf nicht weg. Geh in den Angriffsraum deines Gegners hinein. Unterlaufe ihn. Heute werde ich dir einige Methoden zeigen, wie du einen Schwertkämpfer einfach und effektiv entwaffnen kannst. Wir üben das eine halbe Stunde lang mit einem Stock. Danach werde ich eine scharfe Waffe benutzen. Ich werde mich bemühen, dich nicht zu verletzen. Gegen dein Ungeschick bin ich allerdings ein Stück weit machtlos.«
Bidayn blickte hilfesuchend zu Lyvianne.
»Das ist der einzige Weg, dir die Angst vor der Klinge zu nehmen«, sagte ihre Lehrerin mit einem Schulterzucken. »Es führt zu nichts, immer nur mit Stöcken zu üben. Selbstbewusst kannst du nur sein, wenn dich der Anblick blanken Stahls nicht zögern lässt. Nur dann wirst du zu siegen lernen.« In Lyviannes Blick lag eine Härte, die Bidayn daran zweifeln lieÃ, dass die Lehrerin tatsächlich ihre Freundin und Vertraute war, wie sie eben noch vorgegeben hatte. Ja, sie hatte sogar ein wenig Angst vor der Drachenelfe.
D IE EIBE
Nandalee war müde. Sie hatte den Eindruck, dass es Gonvalon Spaà machte, sie an ihre Grenzen zu treiben und dann noch ein Stückchen weiter. Ihr Körper sah aus wie eine Landkarte, so war er mit blauen Flecken übersät. Schwertkampfübungen, Laufen, Klettern, erneute Schwertkampfübungen ⦠Und dann Lyviannes verfluchter Unterricht in den Menschensprachen. Daran verknotete man sich die Zunge! Wo ihre Lehrerin nur all diese unnützen Sprachen gelernt hatte.
Nandalee hatte vorgegeben, allein sein zu wollen, als sie die WeiÃe Halle verlassen hatte. Niemand war ihr gefolgt. Wenigstens vertraute man ihr.
Sie verlieà den Weg, auf dem sie jeden Morgen lief, und stieg eine Böschung hinab. Der Boden war schlüpfrig; es hatte den halben Tag geregnet. Nandalee hielt sich am Stamm einer jungen Buche fest und spähte zu dem Gehölz weiter unten am Hang hinab. Linden, Fichten und WeiÃbuchen, ein einzelner Haselnussstrauch wucherten am
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