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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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und ging dem leisen Rauschen des Baches entgegen. Stets achtete er darauf, seine Felsen in der Nähe eines Bachlaufs zu suchen, denn wenn er sich müde gearbeitet hatte, nahm er stets ein langes Bad in eiskaltem Wasser.
    Plötzlich hatte er wieder den Vanilleduft in der Nase. War Nandalee
hier entlanggegangen? Beunruhigt sah er sich um. Er konnte keine Spur von ihr entdecken, aber das musste nichts bedeuten. Sie kam aus den Wäldern. Sie konnte hier unsichtbar werden. Ganz ohne Magie.
    Plötzlich musste er lachen. Der Vanilleduft. Jetzt wusste er, warum er ihm vertraut vorgekommen war. Bidayn benutzte so ein Parfüm. Nandalee hatte sich wirklich ins Zeug gelegt. Er konnte sich nicht erinnern, jemals auch nur einen Hauch von Parfüm an ihr wahrgenommen zu haben. Das war gar nicht ihr Stil … Sie veränderte sich. Gestern hatte er sie mit Lyvianne in vertrautem Gespräch gesehen. Ausgerechnet mit ihr. Mit der Dunklen! Niemand wusste, was Lyvianne tat, wenn sie manchmal auf Jahre verschwand. Sie machte ihm Angst. Und nicht nur ihm. Sie gehörte nicht hierher. Sie sollte in der Blauen Halle unterrichten. Nein, dachte er – sie sollte gar nicht unterrichten.
    Er hatte den Bach erreicht. Das Wasser war seicht, aber es würde für seine Zwecke genügen. Er musste sich waschen. Immer nur waschen! All das Blut von seinen Händen spülen. Das seiner Opfer und das seiner Schülerinnen. Er streckte sich flach auf den runden Kieseln im Bachbett aus und Eiseskälte umfing ihn. Sie betäubte jeden Schmerz. Löschte jeden Gedanken aus. Nur eine Erinnerung blieb zurück, klar wie Eis und stechend scharf wie die Kälte. Er erinnerte sich an die Winternacht. In Arkadien hatten sie ihn gefunden. Ausgesetzt. Er kannte nur die Geschichten. Er war noch zu jung gewesen … Ein Kind. Aber alt genug, dass er sich hätte erinnern müssen. An seine Eltern, an sein Leben vor dieser Nacht. Doch da war nichts, außer dem Gefühl, beraubt worden zu sein. Man hatte ihm nicht nur seine Eltern, man hatte ihm auch seine Erinnerungen genommen. Vor dieser Winternacht gab es nichts. Keine Kindheit. Keine Gesichter, Gerüche, Geräusche. Nichts! Das Erste, was ihm von seinem neuen Leben im Gedächtnis geblieben war, war das Gefühl von Kälte. Durchdringende, verzehrende Kälte. Wolfsgeheul. Er hatte ein langes Messer in Händen gehalten, mit blutiger Klinge.

    So hatten sie ihn gefunden, die Fürstin von Arkadien und ihre Diener, mit denen sie zur Jagd ausgeritten war. Ihn und drei tote Wölfe. Zugleich mit seiner zweiten Geburt hatte die Geschichte vom Klingenmeister begonnen. Hatte wirklich er die Wölfe getötet? Auch daran konnte er sich nicht erinnern, aber alle glaubten es. Die Fürstin Arkadiens hatte ihn aufgenommen. Und da er sich an seinen Namen nicht erinnern konnte, hatte sie ihm einen Namen geschenkt. Einen Namen, der ihn nie vergessen lassen würde, wie sein zweites Leben begonnen hatte. Gonvalon. Das Winterkind.
    Er legte den Kopf in den Nacken, tauchte ihn in die Fluten des Gebirgsbachs. Die Kälte drang ihm bis in den Knochen. Nein, tiefer noch. Bis in seine Gedanken. Sie riss die Zweifel fort. Er kämpfte. Sein letztes Begehren sollte vergehen. Alle Glut verlöschen! Seine Sehnsucht nach Wärme und Geborgenheit.
    Die Lungen brannten. Das Feuer weitete sich aus! Sein Kopf schnellte hoch. Keuchend rang er um Luft, erhob sich dann müde aus dem Strom und bettete sein Haupt auf einen moosbewachsenen Felsen inmitten weißer Gischt. Warum war er verflucht? Warum ließen die Alben all dies geschehen? Waren ihre Kinder ihnen egal, wie die Himmelsschlangen behaupteten? Gonvalon war nie einem Alben begegnet. Seine Meister waren die Drachen, sie waren real, und manchmal linderte der Goldene seinen Schmerz. Aber den Fluch hatte auch er nicht von ihm genommen. Der Goldene erlaubte nicht, dass er die Schule verließ.
    Was nutzte er der Weißen Halle, dachte Gonvalon verzweifelt, wenn seine Schülerinnen dazu verdammt waren zu sterben? Zu schnell zu sterben. All die Jahre, die er verschenkte, um sie zu lehren, wie man inmitten des Klingensturms überlebte. Wie man selbst Pfeilen ausweichen konnte!
    Nandalee war von dem Augenblick an verflucht gewesen, in dem man ihn zu ihrem Lehrer erwählt hatte. Sie trug es mit dem leichten Lachen der Jugend, hielt sich für unbesiegbar. Und er hatte sie für überheblich gehalten. Bis zu ihrer beider

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