Drachenelfen
Wellen kräuselte. Alle Kleidung fiel von ihr ab und ihre Knochen zogen sich zusammen â schneller noch als das Fleisch, das sie umgab. Sie schrie. Ihre Kehle wollte schier zerreiÃen von ihren Schmerzensschreien, und doch kam kein Laut über ihre Lippen. Sie wünschte sich, ohnmächtig zu werden, vom Schmerz überwältigt und in die gnädige Dunkelheit des Vergessens gerissen zu werden, aber ihre Sinne wollten nicht schwinden. Es war wie ein Fluch, und sie war verdammt, diesen Kelch des Schmerzes bis zur Neige zu kosten. Vielleicht noch ein Zauber des Dunklen? Wollte er ihr ihren Hochmut vor Augen führen? Hilflos krümmte sie sich auf dem Höhlenboden.
Bart spross aus ihren Wangen, ihr ganzer Leib juckte â und langsam lieÃen die Schmerzen nach. Mit Abscheu betrachtete sie ihre klobigen, kurzfingrigen Hände. Die vernarbten Fingerkuppen waren ihr erhalten geblieben. Sie tastete über ihr Gesicht. Ihre Nase war eine verstümmelte fleischige Knolle. Eine Augenbraue fehlte. Selbst als Zwerg war sie noch entstellt!
Sie drehte sich um. Der Dunkle hatte sich ebenfalls verwandelt. Schweià glänzte auf seinem gedrungenen Körper. Um wie viel schmerzhafter musste die Verwandlung für ihn sein! Wie schaffte er es, den riesigen Drachenleib in diese Form zu zwängen?
Nandalee räusperte sich. Ihre schmerzende Kehle konnte also wieder Töne hervorbringen. »Was war mit meiner �« Sie verstummte erschrocken. Ihre Stimme hatte sich zu einem tiefen Bassbrummen verändert.
Es war notwendig, Euch Eurer Stimme zu berauben. Man hätte Eure Schreie im ganzen Berg gehört. Nun legt Eure Kleider an. Der Anblick eines nackten, krummbeinigen Zwergs macht mich hungrig.
Sie zuckte unter dem Schmerz seiner Worte zusammen. Tat er das absichtlich? War er gedankenlos? Und was sollte die letzte Bemerkung? War das ein Drachenscherz? Oder meinte er es ernst?
Nandalee bückte sich und ⦠fiel vornüber. Dieser Körper! Es war ein Grauen! Völlig ohne Balance. Ohne Eleganz. Hastig raffte sie ihre Kleider an sich und begann sich anzuziehen. Dabei fühlte sie sich unbeholfen wie ein kleines Kind. Löchrige Strümpfe, grobe Wollhosen und ein Hemd, das einem Sack ähnlicher war als einem Kleidungsstück.
Ich hoffe, Ihr erinnert Euch noch gut an Euren Körper.
Was war das für eine Frage? »Natürlich«, antwortete sie leichthin und blickte zu ihm auf. Sein Gesicht war zum gröÃten Teil hinter einem grau melierten, zerzausten Bart verschwunden. Nur das klare Blau der Augen erinnerte an den Elfenkrieger, der er noch vor wenigen Augenblicken gewesen war. Eine strumpfähnliche Mütze saà schief auf seinem Haupt, graues Lockenhaar quoll ihm über die Schultern, sein Wams war mit geschmacklosen goldenen Lilien bestickt und eine breite goldene Kette lugte unter seinem Bart hervor. Ringe steckten auf der Hälfte seiner Stummelfinger. Die Stiefel reichten ihm bis über die Knie und glänzten wie frisch poliert. Und seine Axt ⦠Nein, korrigierte sie sich. Es war eher die Parodie einer Axt. Das Blatt war filigran gearbeitet und vielfach durchbrochen und über dem Blatt ragte ein massiger Silberknauf auf, auf den er sich stützte. War das eine Krücke oder eine Waffe? Oder ein Zeichen seines Standes? Oder alles zugleich?
Gehen wir.
Er trat in den Tunnel, der in die Felskammer mündete, ohne ihre Antwort abzuwarten.
Schwankend folgte sie ihm. Verfluchter Zwergenleib! Selbst volltrunken fühlte sie sich nicht so unsicher auf ihren FüÃen wie jetzt. Sie hielt sich dicht an der Wand und stützte sich mit einer Hand ab. Undurchdringliche Dunkelheit umfing sie. Waren ihre Augen schlechter geworden?
Endlich erreichten sie einen etwas breiteren Tunnel. Hier waren in weiten Abständen Barinsteine in den Wänden eingelassen und Nandalee fühlte sich nicht mehr in völliger Finsternis gefangen.
Der Dunkle war stehen geblieben. Erwartungsvoll sah er sie an und sie kniete nieder, um nach der Fährte des Zwerges mit dem schlecht genagelten Stiefel zu suchen. Dieser Tunnel schien nicht sehr viel benutzt zu werden; es gab kaum Spuren auf dem Stein. Endlich entdeckte sie die kleinen Einkerbungen, die der Stiefelnagel hinterlassen hatte. Der Kerl musste wirklich ein Fettwanst sein, dass er mit jedem Schritt eine Spur hinterlieÃ. Ja, es gab sogar mehrere Spuren. Er war öfter auf diesem Weg
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