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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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über das bärtige Gesicht. Es wirkte alt und ausgezehrt. Ein Kranz tiefer Falten umgab die Augen, die Lippen waren spröde und rissig. Verwundert betrachtete Nandalee das Erdreich bei dem Toten. Keinerlei Leichenflüssigkeit! Es waren nicht einmal Fliegen gekommen, um ihre Eier in dem Leichnam abzulegen.
    Ein wenig erschrocken wich Nandalee vor dem Mann zurück.
    Â»Bei den Alben!«, hörte sie Gonvalon rufen. Er kniete neben einem Toten, der mit etlichen anderen bei einem erloschenen Lagerfeuer lag. »Komm! Komm und sieh dir das an! Ich habe versucht, einen von ihnen umzudrehen …«
    Nandalee ging zu ihm hinüber. Zunächst verstand sie nicht, was er meinte.
    Gonvalon versuchte erneut den Mann herumzudrehen, der vor ihm, in eine Decke gehüllt, auf dem Boden lag. Er vermochte ihn kaum anzuheben. »Sieh unter seine Hand!«
    Ein Netzwerk wie dünne Adern lief aus der Hand in den Boden.
    Â»Er ist mit dem Boden verwachsen«, sagte Gonvalon, hörbar um Fassung ringend. »Als habe etwas seine Adern aus seinem Fleisch in die Erde hinabgezogen! Sein Leib ist völlig ausgetrocknet. «
    Nandalee hörte Bidayns Schritte. Sie wollte ihrer Freundin den Anblick ersparen, doch Bidayn hatte bereits den toten Wächter am Baum erreicht. Sie zwackte der Leiche in die Wange!

    Â»Der wird nicht mehr wach«, sagte Gonvalon nüchtern. »Wir sollten gehen!«
    Â»Ich finde, wir sollten wissen, wie sie gestorben sind, damit uns kein ähnliches Schicksal widerfährt.« Bidayn kam zu ihnen herüber. Ganz offensichtlich schien ihr der Anblick von Toten nichts auszumachen. Nandalee war überrascht, wie kaltblütig ihre Freundin blieb. Sie hatte sie wieder einmal falsch eingeschätzt. Bidayn betrachtete den Toten unter der Decke, während ihr Gonvalon auseinandersetzte, dass man sich wohl kaum davor schützen konnte, dass die Erde einem die Adern aus dem Leib zog.
    Bidayn zupfte eine der feinen Adern unter der Handfläche des Toten fort und zerrieb sie zwischen Daumen und Zeigefinger. Sie schnupperte an ihren Fingern. Dann legte sie den Kopf in den Nacken. »Ich widerspreche zwar nur ungern einem Lehrmeister«, sagte sie in einem Tonfall, der das Gegenteil vermuten ließ, »aber ich glaube, du irrst, Gonvalon. Habt ihr beide euch schon mal die Bäume angesehen? Insbesondere die Blätter.«
    Nandalee blickte auf. Die Adern der Blätter zeichneten sich dunkel gegen das Blattgrün ab. Überall, rings um den Lagerplatz!
    Â»Es sind keine Adern aus den Körpern der Toten ausgetreten, sondern feine Haarwurzeln in sie eingedrungen. Sie wurden leer getrunken.«
    Gonvalon keuchte. »Das …«
    Nandalee sah ihn zittern. Er ballte die Fäuste, damit es aufhörte. Sie dachte an das, was der Dunkle ihr über Matha Naht erzählt hatte. Was der Holunder Gonvalon angetan hatte. Am liebsten würde sie ihn in die Arme nehmen. Aber er würde das nicht wollen. Nicht im Angesicht von Bidayn. Nandalee ahnte, dass er nur um ihretwillen zu Matha Naht gegangen war, auch wenn sie nicht wusste, was der Holunder ihm hätte geben können.
    Â»Aber warum haben wir sie nicht schreien gehört?« Gonvalon hatte sich wieder im Griff. »Es kann doch nicht schnell gegangen sein. Ich … Sie müssen einen langsamen Tod gestorben sein.«
    Â»Ihre Gesichter wirken ganz friedlich«, entgegnete Bidayn. »Ich
glaube nicht, dass sie bemerkt haben, was ihnen widerfahren ist. Sie sind in den Tod hineingeschlafen. Wer immer hierfür verantwortlich ist, hätte sie auch grausamer hinrichten können.«
    Â»Von Wurzeln durchbohrt zu werden soll schmerzlos sein?« Nandalee dachte an die Geschichten, die man sich über die Wälder am Fuß des Albenhauptes erzählte. Dort, wo das Elfenvolk der Maurawan lebte. Auch von diesen Wäldern hieß es, dass sie Eindringlinge töteten. Selbst Trolle fürchteten sich davor, und Wild, das es schaffte, vor den hünenhaften Jägern in die Schatten der alten Eichen zu flüchten, war vor jeder weiteren Verfolgung sicher.
    Â»Das kann sehr wohl schmerzlos sein«, beharrte Bidayn. »Hast du einmal zugesehen, wenn eine Mücke ihren Stachel in deine Haut sticht?«
    Â»Ich pflege Mücken nicht die Gelegenheit zu geben, mich zu stechen.«
    Â»Daraus kann man aber lernen. Es ist erstaunlich. Es tut nicht weh, wenn sie den Stachel benutzen. Man sieht ihn eindringen, aber man

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