Drachenelfen
himmelblaues Gewand sah auf lächerliche Weise wie ein Kleid aus und auf der Spitze seiner merkwürdigen hoch aufragenden Mütze aus steifem Stoff steckte ein schwarzer Vogelflügel. Seine Augen hatte der Dicke mit einer schwarzen Paste umrandet, sodass sie gröÃer und bedrohlicher aussahen.
Neben dem Schreihals erschien, wie aus dem Nichts entsprungen, ein hochgewachsener, muskelbepackter Kerl, der einen mit Messingnägeln beschlagenen Knüppel in Händen hielt.
Der Dicke rief etwas mit volltönender Stimme. Ringsherum wichen die Menschenkinder zurück, sodass sich auf der überfüllten StraÃe plötzlich ein Kreis bildete, in dessen Mitte Nandalee stand. Alle gafften sie jetzt an. Es waren ausnahmslos bärtige Männer unterschiedlichsten Alters. Die meisten schäbig bekleidet. Fast alle trugen irgendwelche Amulette an Lederschnüren um den Hals oder das Handgelenk. Durchbohrte Steine, Federn, Tierpfoten oder rot lackierte Holzscheiben. Wieder erhob der Dicke die Stimme. Er sah Nandalee herablassend an. Speichel sprühte aus seinem Mund, als er auf sie einschrie.
»Knie nieder, sofort«, herrschte Gonvalon sie in ihrer Sprache an. »Was hast du nur getan!« Der Schwertmeister warf sich auf die Knie und verneigte sich so tief, dass seine Stirn fast einen frischen Pferdeapfel berührte. Dabei stieà er laut unverständliches Gebrabbel in der Sprache der Menschen hervor.
»Bevor ich vor dem niederknie, lernen Fische laufen«, murmelte Nandalee. Sie griff nach dem Schwert auf ihrem Rücken, bekam aber nur dünne Ãste zu packen. Die Waffe war ebenso wie
ihr Köcher in einem groÃen Reisigbündel versteckt. Gonvalon hatte auf dieser Tarnung bestanden, da die Frauen Luwiens niemals Waffen trugen.
Auch Bidayn warf sich nun unterwürfig in den Schmutz der StraÃe. Zwischen den Gaffern erschien eine Gruppe Bewaffneter, deren Bronzehelme Kränze aus stehendem Rosshaar krönten. Ihre Rüstungen waren aus Hunderten übereinanderliegenden Metallschuppen gefertigt, sodass sie ein wenig aussahen wie groÃe, goldene Fische auf Beinen.
Nandalee schluckte hart. Sie blickte in das Antlitz des Fettwanstes. Ãberdeutlich sah sie jede Pore seiner Haut, die leicht verlaufene Schminke unter den Augen und die kürzeren grauen Haare in seinem Bart, die verrieten, dass er diese Boten des Alters verschwinden lieÃ, wenn ihm Zeit dazu blieb â und dann sank Nandalee in die Knie. Gegen ihren Willen! Sie hatte sich noch nie unterworfen â nie! Aber es war nicht sie, die niederkniete. Sie kämpfte dagegen an. Vor Wut schossen ihr Tränen in die Augen, aber sie vermochte nicht zu verhindern, dass sie sich ebenso tief verneigte wie Gonvalon. Sie kroch auf den türkis gewandeten Mann zu und küsste ihm die stinkenden Sandalen. Immer noch sah sie jede Einzelheit unnatürlich deutlich. Verschmierter RuÃ, Schlamm und rotbraunen Kot. Das Leder der Sandalen war rau. Sie schmeckte den Unrat auf ihren Lippen und ihre Zunge begann Worte zu formen, die ihrem Verstand fremd waren.
G EZEICHNETE
Gonvalon traute seinen Ohren nicht. Nandalee sprach Luwisch! So gut, als sei sie mit der Sprache aufgewachsen. Wortreich entschuldigte sie sich für ihr Ungeschick und lobte den Wissenden, der offenbar ein hochrangiger Priester war.
Auf dem Boden liegend, konnte Gonvalon das Mienenspiel des Mannes kaum erkennen. Der Kerl hob den FuÃ! Gonvalon spannte
sich an. Er hörte das leise Klirren der Rüstungsträger und überlegte, wen er zuerst angreifen würde und auf welchem Wege sie am besten entkommen konnten. Wenn der Dicke Nandalee trat, war alles vorbei. Das würde ihr Stolz nicht dulden.
Der Priester setzte seinen Fuà auf Nandalees Nacken und drückte ihr Gesicht in den Schlamm der StraÃe. So verharrte er einige Herzschläge lang.
»Fremde!«, stieà er schlieÃlich laut hervor. »Sie werden aus dem Dreck der StraÃe geboren und dort verbringen sie ihr Leben. « Einige der Umstehenden lachten hämisch. »Zuru, bring sie dorthin, wo Fremde hingehören, und sorge dafür, dass man künftig sofort erkennt, was sie sind!« Mit diesen Worten wandte sich der Priester ab.
Gonvalon richtete sich auf und klopfte sich, so gut es ging, den Schlamm von den Kleidern. Bidayn blickte ängstlich zu ihm auf, Nandalee hingegen schien geradezu unnatürlich ruhig. Sie öffnete ihren Wasserschlauch und reinigte
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