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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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mehr anhören musste. Er glaubte nicht an Geister. Wer tot war, kam nicht noch einmal zurück. Nur vor Lebenden musste man sich fürchten, und deshalb schnitt er auf dem Schlachtfeld jedem verwundeten Feind die Kehle durch. Daran war nichts Ehrenrühriges. Er hatte in drei Feldzügen gegen die verfluchten Plünderer aus Ischkuza gekämpft. Die trieben es wesentlich schlimmer. Wer denen in die Hände fiel, der durfte nicht auf einen schnellen Tod hoffen.
    Der Krieger dachte an die Toten, die man aus den brennenden Schilfbündelhallen geholt hatte. Vor allem die Erinnerung an die Frauen verfolgte ihn. Ihre Kleider waren verrutscht gewesen, die Schminke verlaufen. Die wunderschönen Frauen des Harems. Dort hatten sie zuerst Feuer legen müssen … Er war nicht stolz auf das, was er getan hatte. Aber er gehörte zur Leibwache des Unsterblichen, und er konnte sich darauf verlassen, dass es für jeden Befehl, den sie bekamen, einen guten Grund gab. Man musste
sich nicht hinterher den Kopf zermartern, warum etwas geschehen war. Aram war der Feind! Der unsterbliche Aaron ein grausamer Schlächter, der Muwatta eine schreckliche Wunde beigebracht hatte. Aaron hatte bestraft werden müssen!
    Und trotzdem gingen die toten Frauen ihm nicht aus dem Kopf. Es hatte noch so viele andere gegeben, die verbrannt und erstickt waren. Aber sie … Mursil seufzte. Er hatte kein Weib, und gerne hätte er eine von ihnen genommen. Sie hätten gewiss auch lieber ihn gewählt als den Tod. Immerhin war er ein stattlicher Krieger!
    Zweiunddreißig Tage noch, dann konnte er für einen Mond die Truppe verlassen. Er würde seinen Bruder in den Bergen besuchen. Der hatte eine ansehnliche Kinderschar. Sein Weib war nicht hübsch, aber fruchtbar. Mursil musste grinsen. Wie ein guter Acker brachte sie jedes Jahr neue Frucht hervor. Neun Kinder hatten die beiden bekommen – sechs davon lebten immer noch. Die Götter waren ihnen gnädig gestimmt. Er würde Geld dalassen. So wie jedes Mal. Der steinige Boden brachte nicht genug hervor, um sie alle zu ernähren. Mursil freute sich darauf, mit den Kindern zu spielen und ihnen Geschichten zu erzählen. Er würde von der Himmlischen Hochzeit berichten. Aber nicht von dem Duell … Er hatte damals auf der Terrasse Wachdienst gehabt und konnte immer noch nicht glauben, dass der mächtige Kurunta dem schwächlichen Hofmeister des Unsterblichen Aaron unterlegen war. Er hatte auf zwei Feldzügen unter Kurunta gedient. Als Feldherr war er nie besiegt worden! Dieses Duell … Aber Kurunta würde Rache nehmen! Er würde das Zentrum der Schlachtlinie auf der Ebene von Kush befehligen. Und er, Mursil, würde mit ihm marschieren.
    Langsam kehrte die Wärme in Mursils Knochen zurück. Heute pfiff kein Wind unter der Türspalte hindurch. Er fühlte sich angenehm schläfrig. Ein wenig Kopfschmerzen hatte er. Das lag am vielen Grübeln! Er sollte sich diese toten Weiber aus dem Kopf schlagen. Die hatten eh die Nase hoch getragen. Von denen hätte ihn keine auch nur angeschaut, als sie noch lebten.

    Â»Sie war ein Geist«, sagte Urija plötzlich ganz deutlich. »Ein Rachegeist!«
    Â»Halt’s Maul, Alter! Wir wollen schlafen«, tönte es erbost aus einer der Ecken.
    Â»Ich weiß, was ich weiß«, entgegnete Urija, leiser nun, und gähnte. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn, er legte den Stock, an dem er geschnitzt hatte, zur Seite und streckte sich neben dem Feuer aus. »Das war keine Kriegerarbeit. Ihre Rachegeister werden uns heimsuchen. Hört, wie still die Wolfshunde sind. Wir sollten unsere Tür gut verschlossen halten. Sie sind hier!«
    Mursil blickte unwillkürlich zur Tür. Die letzten Worte Urijas waren so leise gemurmelt, dass er gewiss der Einzige war, der sie verstanden hatte.
    Natürlich war niemand bei der Tür! Alles war gut. Die Wärme lullte ihn ein. Er dachte an seinen Bruder und die Kinderherde, die sich dort in den Bergen ums Feuer drängte. Zweiunddreißig Tage noch. Nicht mehr lange! Sein Bruder würde das Geld brauchen. Er war zu stolz zu fragen, aber Mursil wusste, dass dort Hunger Einzug halten würde, wenn er nicht kam. Vielleicht Schlimmeres!
    Sein Herz schlug schneller. Die Vorfreude! Schwitzend schob er seinen Umhang zurück. Gut, dass sie es hier warm hatten. Nur zweiunddreißig Tage. Am Tag, an dem er ins Dorf kam, würde er einen

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