Drachenelfen
Das Netz der Kraftlinien schien sich enger zu ziehen. Sie schlüpfte hindurch und lieà noch ein letztes Mal den Blick in die Runde schweifen. Von den Menschenkindern drohte keine Gefahr mehr.
Etwas Warmes streifte ihre Wange. Sie wedelte mit der Hand, wie um eine lästige Fliege zu verscheuchen. Sie musste den Albenstern öffnen. Es wäre besser, wenn alles zur Flucht bereit wäre.
Sie konnte die Albenpfade spüren. Sie gehörten nicht zur natürlichen Matrix der Welt. Sie fügten sich nicht in die Matrix ein wie in Albenmark. Sie waren ihr aufgezwungen worden. Der Wirbel hingegen war natürlich.
Wieder berührte sie etwas Unsichtbares. Gab es noch andere wie sie, die dem trägen Fluss der Zeit davonschwammen? Vielleicht noch schneller? Waren sie ihr feindlich gesonnen? Ich sollte mich beeilen, dachte Bidayn.
Der Albenstern lag weniger als eine Meile entfernt. Als sie ihn erreichte, konnte Bidayn nichts entdecken, was das Tor markierte. Keine Felsnadel, keinen Steinkreis, nicht einmal einen Pilzkreis. Als solle verborgen werden, was es hier gab. Das war natürlich Unsinn, schalt sie sich, denn niemand, der sein Verborgenes Auge zu benutzen wusste, würde je einen groÃen Albenstern übersehen. Sieben goldene Pfade kreuzten hier einander und wer sich darauf verstand, ihre Magie zu nutzen, der konnte ein Tor in jede der drei Welten öffnen.
Bidayn kniete sich auf den weichen Waldboden und presste ihre Hände in die dunkle Erde. Sorgfältig sprach sie das Wort der Macht und verwob die Stränge der Matrix zu zwei aufsteigenden Lichtschlangen. Sie wollte zurück in den Jadegarten. Zum Dunklen. Auch wenn die Regenbogenschlange ihr unheimlich war, wollte sie ihren Schutz. Etwas war hier. Um sie herum. Ãberall!
Das Tor öffnete sich. Bidayn wollte zu ihren Gefährten zurück. Sie musste noch schneller sein, wenn sie dem, was hier war, entkommen
wollte. Sie bäumte sich auf, sprang los â und strauchelte. Sie hatte sich in etwas verfangen. Glühende Linien zogen sich um sie zusammen. Feiner als Haare. Sie versuchte sie zu zerreiÃen. Es war ein magisches Netz. Ein Netz aus den Kraftlinien Nangogs â und es hüllte sie ganz und gar ein. Sie roch angesengtes Haar. Ihre Kleidung! Auf dem groben Wollstoff zeichnete sich ein schwarzes Netzmuster ab. Ãberall! Es brannte sich in den Stoff.
Bidayn schrie auf, und wurde sich im selben Augenblick bewusst, dass niemand kommen würde. Sie war immer noch zu schnell. Selbst für die Ohren ihrer Gefährten war ihr Hilferuf unhörbar.
Entsetzt versuchte Bidayn, das Netz zu zerreiÃen, aber es gelang ihr nicht. Es zog sich nur enger. Und enger. Bis es ihr den Atem nahm.
E INE VERBORGENE KRAFT
Die Grünen Geister konnten ihn nicht aufhalten. Was dachten sie? Dass er sich vor ihnen fürchtete? Der Devanthar lachte laut auf. Ob sie spüren konnten, was er getan hatte? Wo er die letzten Monde verbracht hatte?
Sie waren hilflos â hilflos, wie diese ganze Welt es war. Ausgeliefert! Ein Zeitalter lang war Nangog eine Wildnis gewesen. Ungenutzt, eine Verschwendung ohnegleichen. Das würde sich ändern, und nichts und niemand würde ihm und seinen Geschwistern dabei in den Weg kommen.
Der Ebermann stieà seinen Kampfschrei aus. Er hatte die Witterung der Elfen aufgenommen. Sie waren ganz nahe. Endlich! Das Licht der Grünen Geister verwirrte ihn, das musste er ihnen zugestehen. Warum kamen sie alle hierher? Sie mussten doch wissen, dass sie ihn nicht lange aufhalten konnten. Welchem Zweck also diente das alles?
Er öffnete sein Verborgenes Auge. Er hatte die Kraftlinien
längst gespürt. Sie liefen auf einen Knotenpunkt zu. Sieben von ihnen. Ein groÃer Albenstern! Ein Ort, an dem selbst unbegabte Zauberweber leicht in das magische Netz treten konnten. Ganz gewiss war dies das Ziel der Elfen.
Er hielt inne und betrachtete jenen Teil der Matrix näher, der zu der natürlichen Magie Nangogs gehörte. Die Muster der Kraftlinien hier waren fremdartig, durchdrungen von der Macht der alten Göttin. Zerbrochene Macht, dachte er. Sie war so naiv und ⦠Erstaunt hielt er inne. Da war etwas Fremdes. Etwas, das er so noch nie zuvor gesehen hatte. Er schloss sein Verborgenes Auge und betrachtete den Wald. Die uralten Bäume erschienen wie Schattenrisse vor dem unsteten Licht der Grünen Geister. Raureif lag auf ihren Stämmen. Er betrachtete die Bäume eine Zeit lang,
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