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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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angelegt worden, aus deren Staubecken bis zu siebzig Schritt hohe hölzerne Wasserräder das kostbare Nass auf die nächste Höhenstufe schöpften. Von dort rann es bei sanftem Gefälle durch einen gemauerten Kanal zum nächsten Staubecken. Die Goldene Stadt war berühmt für ihr Lied der Wasserräder, das Tag wie Nacht zu keiner Stunde verstummte. Manche der Räder wurden durch Windkraft bewegt. Doch das erforderte ein aufwendiges und anfälliges Konstrukt aus Stangen und steinernen Zahnrädern. Die meisten Wasserräder wurden deshalb auf alte Art durch die Kraft von Ochsen betrieben.
    Aus der Glaskuppel des Palastschiffes betrachtet, sahen die Kanäle auf den Brückenbögen der Aquädukte wie silberne Spinnwebfäden
aus. Abgesehen von der steilen Bergflanke näherten sie sich aus allen Himmelsrichtungen der Stadt. Dort fügten sich konzentrische Kreise in das Netzwerk, um das Wasser in alle Viertel abzuleiten. Die Staubecken waren dabei die Tautropfen, die sich im Netz verfangen hatten.
    Und wo war die Spinne?, dachte Artax. Waren es die Unsterblichen, die sich eifersüchtig am Reichtum einer ganzen Welt labten? Er lächelte grimmig. Metaphern waren etwas für Dichter! Er sollte sich das Herz nicht mit solchem Unsinn schwer machen.
    Aus der Ferne war es vor allem der Anblick der Ankertürme, der das Bild der Goldenen Stadt prägte. Einige von ihnen überragten gar den Grat der Bergwand, an deren steiler Flanke sich die Stadt auf unzähligen, dem Gestein abgerungenen Terrassen erstreckte. War die Höhe der Ankertürme für die Handelshäuser noch auf hundert Schritt beschränkt, so kannte der Ehrgeiz der Baumeister der Unsterblichen keine Schranken. Sie lagen in unablässigem Wettstreit darum, wer den höchsten Turm zu errichten vermochte.
    Die Ankertürme waren die Liegeplätze der Wolkenschiffe. Schwere, mit Goldblechen beschlagene Balken sprossen aus ihren Flanken. Um sie schlangen sich die Tentakel der Wolkensammler, ähnlich wie um das Astwerk der Mammutbäume, die im Dschungel ihre natürlichen Zufluchtsorte waren, wenn sie einen festen Ankerplatz suchten, um einem Sturm zu trotzen. Das Holz war zum Schutz vor dem Schleim der Tentakel mit Goldblechen beschlagen, aber auch, um mit dem Reichtum der Stadt zu prunken.
    Die Balken der Ankertürme waren erst der Anfang dieses Wahns gewesen. Bald schon hatte man ganze Dächer mit Gold verkleidet. Erst waren es die Paläste und Stadthäuser der Adeligen gewesen, die ihren Reichtum auf ihren Dächern zeigten. Doch bald schon folgten ihnen die reichsten Handelsherren und auch die Haupthäuser der verschiedenen Zünfte kleideten ihre Dächer in Gold. Wer es sich nicht leisten konnte, an diesem wahnwitzigen Wettbewerb teilzuhaben, ließ sein Dach mit vergoldeten Blechen
adeln oder schmückte es zumindest mit Bronzeblechen, die regelmäßig poliert wurden.
    So war die Stadt, in der angeblich Angehörige aller Völker Daias zu finden waren, zur Goldenen Stadt geworden. Ein Name, der bald in allen Sprachen Verbreitung gefunden hatte.
    So vielfältig wie seine Bewohner war auch die Architektur der immer weiter wuchernden Stadt. Es gab alles, von primitiven Zelten bis hin zu marmornen Palästen. Parks lagen neben himmelragenden Wohntürmen, über deren künstliche Schluchten sich bunt beflaggte Wäscheleinen ebenso wie improvisierte hölzerne Brücken spannten. Die Stadt quoll über vor Leben und ein guter Teil des Getreides, das auf Nangog gewonnen wurde, gelangte gar nicht erst in die Kontore, die den Handel mit Daia organisierten.
    Außer an windigen Tagen lag beständig ein Schleier von Ruß und anderen Ausdünstungen über der steilen Bergflanke, an die sich die Stadt klammerte. Nur die höchsten Hanglagen blieben davon halbwegs verschont. Und so spiegelte sich der Rang, den man in der Gesellschaft bekleidete, auch darin, wie hoch das eigene Quartier an der Bergflanke lag.
    Aus einem der Bambusrohre hallte ein Ruf. Nabor presste sein Ohr an die Öffnung. Der Lotse runzelte die Stirn und nickte knapp, dann wandte er sich an Artax. »Herr, zwei Palastschiffe der Ischkuzaia haben abgelegt und nehmen Kurs auf uns. Hunderte ihrer Krieger legen gerade Fluggeschirre an. Sie werden versuchen uns zu entern.«
    Artax räusperte sich. Damit war zu rechnen gewesen. Die Ischkuzaia waren nicht gerade für ihre Langmut oder gar

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