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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Teilchen zu glühen. Wie glimmende Aschestücke in einem Herdfeuer, in das ein Schürhaken gefahren war.
    Die Teilchen verschwanden in der Hand des Magiers, verschmolzen mit ihr und waren im nächsten Moment nicht mehr zu sehen.
    „Du willst wissen, was das war?“, fragte er, und seine an sich unverständlichen Worte formten in Nyas Geist Gedanken von absoluter Klarheit. „Ein Abbild deiner Seele. Glaubst du nicht, dass dein Geliebter sich darüber freuen wird?“ Der Magier lachte schallend, und dieses Lachen hallte auf eine Weise in Nyas Kopf wider, die sie Augenblicke später völlig betäubte; eine so bleierne Müdigkeit überfiel sie, wie sie die junge Frau noch nie zuvor gespürt hatte.
    Dann war da nur noch Dunkelheit.
    Schwärze, die sich wie eine immerwährende Nacht über ihre Seele legte.
    Sie hörte noch, wie die Tür ihres Gefängnisses geschlossen wurde. Aber schon vorher war es so stockfinster um sie, als wäre sie erblindet.
     
     
    Ein kaiserlicher Diener brachte einen Käfig mit einer Zweikopfkrähe herbei. Diese Art Vogel war dafür bekannt, dass er zuverlässig Botschaften überbrachte und für magische Beeinflussung leicht empfänglich war.
    An einem mit kunstvollen Schnitzereien verzierten und sehr zierlich wirkenden Tisch, der fest im Gondelboden verankert war, hatte sich der Magier Ubranos niedergelassen. Der Tisch war ebenso wie der dazugehörige Diwan aus dem besonders leichten Holz des Vogelknochenbaums aus den Wäldern Tembiens, der östlichsten Provinz Feuerheims, gefertigt, das sich aufgrund seines geringen Gewichts auch bei den Luftschiffbauern von Tajima äußerst großer Beliebtheit erfreute. Die Schnitzereien zeigten größtenteils Drachenköpfe.
    Der Magier entrollte ein besonderes Pergament, das aus der Haut eines mindestens zweihundertjährigen magusischen Fünfhornbisons gefertigt war. Diese achtbeinigen, einem hausgroßen Wollknäuel mit fünf Hörnern ähnelnden Geschöpfe lebten im Hochland von Ktabor in Mittel-Magus, einer Gegend, die man auch ›Das Land der leuchtenden Steine‹ nannte. Das Licht dieser Steine war es, so die gängige Meinung der Magiermeister, die so manchem dort lebenden Geschöpf außergewöhnliche Eigenschaften verlieh – und hin und wieder galt das über den Tod des betreffenden Geschöpfes hinaus.
    Ubranos strich das Pergament mit großer Sorgfalt glatt nachdem er es entrollt hatte. Mit dem Finger malte er ein unsichtbares Zeichen darauf und murmelte dazu einige Worte in der Sprache der Magier.
    Dann hielt er seine geöffnete rechte Hand wie einen Schirm über das Blatt. Myriaden kleiner schwarzer Teilchen drangen aus der Mitte seiner Handfläche hervor, lösten sich daraus, so als würde die Hand zu Staub zerfallen. Die feinen schwarzen Körnchen glühten auf, während sie mit unnatürlicher Langsamkeit auf die Oberfläche des Pergamentes zustrebten und sich dort verteilten.
    Nachdem das geschehen war, schloss der Magier seine Hand.
    Und sagte einen Namen.
    „Nya.“
    Das Gesicht der jungen Frau erschien auf dem Pergament. Es wirkte so lebensecht, wie es nicht einmal die Meister in den Küstenstädten des drachenischen Neulandes mit ihren Pinseln und Farben zu schaffen vermochten. Dabei waren die Malerschulen von Etana und Jandrakor berühmt und ihre Werke von so hoher Kunstfertigkeit, dass man sie zunächst für die Ergebnisse von Zauberei gehalten hatte. Innerhalb der Priesterschaft des Unsichtbaren Gottes war ein generationenlanger und noch immer nicht entschiedener Streit darüber entbrannt, ob diese Art der Malerei nun einen Frevel darstellte oder nicht.
    Aber das, was Ubranos auf dem Fünfhornbison-Pergament erscheinen ließ, stellte all das in den Schatten – was nicht zuletzt daran lag, dass sich das Bild der jungen Frau bewegte.
    Kaiser Katagi, der den Magier mit skeptischem Blick während der gesamten Prozedur beobachtet hatte, sackte die Kinnlade herab, und er vergaß eine ganze Weile, den Mund wieder zu schließen. Ubranos nahm das mit Genugtuung zur Kenntnis. Es war sicher nicht schlecht, wenn Katagi etwas Respekt vor seiner Kunst gewann.
    Die junge Frau redete in ihrer Barbarensprache. Ubranos rollte das Pergament zusammen, woraufhin die Stimme der jungen Barbarin erstarb. Ein zufriedenes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Nun, könnt Ihr Euch vorstellen, dass dies auf Rajin Eindruck machen wird?“
    Der Kaiser gab sich betont kühl und unbeeindruckt, auch wenn es längst zu spät war, so zu tun, als hätte ihn diese

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