DRACHENERDE - Die Trilogie
Vorführung magischer Kunst nicht in ihren Bann geschlagen. „Ich bin kein Magier und habe deshalb auch keine Vorstellung davon, wie stark das Band zwischen den beiden tatsächlich ist.“
„Es ist stark“, versicherte Ubranos. „Sehr stark. Ein so starkes Band, dass Ihr Rajin damit werdet erwürgen können, wenn alles nach meinem Plan verläuft.“
Ubranos steckte das Pergament in eine zylinderförmige Lederschatulle, die eigens dafür gefertigt war, am Leib einer Zweikopfkrähe befestigt zu werden.
„Öffnete den Käfig!“, wies Ubranos den Diener an.
Der Diener gehorchte.
Die Zweikopfkrähe hüpfte aus dem Käfig, flatterte empor und landete in der Mitte des Tisches. Die beiden Köpfe des Vogels bewegten sich ruckartig. Kurz hintereinander drangen krächzende, nach Aufmerksamkeit heischende Laute aus beiden Schnäbeln.
„Komm her, mein treuer Diener“, sagte Ubranos. „Komm her und überbringe diese Nachricht an den, den ich dir zeigen werde!“
Er starrte die beiden Vögelköpfe an, und sie schienen auf einmal vollkommen gebannt zu sein. Seht, was ich sehe - denkt, was ich denke - wisst, was ihr wissen müsst …
Wenig später wurde ein Fenster geöffnet, und die Zweikopfkrähe flog hinaus und auf den Nebel zu. Sie krächzte mit ihren zwei Schnäbeln einen dissonanten Akkord nach dem anderen, und man hörte sie noch eine ganze Weile. Ubranos trat auf den Balkon hinaus, um ihr hinterher zu schauen, so als wäre er nicht sicher, ob das Tier nicht auch vom Nebel beeinträchtigt wurde.
„Und Ihr glaubt wirklich, dass sich Rajin darauf einlassen wird?“, fragte Kaiser Katagi, nachdem der Magier ins Innere der Gondel zurückgekehrt war.
„Das wird er“, versprach Ubranos. „Verlasst Euch darauf.“
7. Kapitel:
Im Licht des Meermondes
„Es ist kein Leben mehr in ihm“, stellte Bratlor fest und deutete auf den Drachen, dessen Schreie und schließlich auch Röcheln nach kurzer Zeit verstummt waren. Fjendur hatte sich in diesem ungleichen Kampf als der Stärkere erwiesen.
„Der Traumhenker hat die Seele des Drachen vom Leib getrennt“, stimmte Rajin zu. „Und ich frage mich, ob dieser Nebel auch für uns gefährlich sein könnte.“
„Nein, das glaube ich nicht“, meinte der Weise Liisho. Er rieb sich die Hände. „Mal abgesehen von der lausigen Kälte, die hier herrscht.“ Er würdigte Shiiyyoom keines Blickes mehr. „Lasst uns zur Höhle zurückgehen. Je schneller es uns gelingt, das kosmische Tor zu öffnen, desto sicherer werden wir von hier fortkommen und Katagis Schergen doch noch entwischen.“
„Du sagst ›wir‹?“, stellte Bratlor überrascht fest. „Welche Rolle hast du denn uns dabei zugedacht?“
Liisho musterte Bratlor. „Dir ursprünglich gar keine, wie du dir ja wohl denken kannst. Aber man kann sich seine Verbündeten nicht immer aussuchen, und im Moment bin ich leider in der Situation, die Hilfe eines jeden annehmen zu müssen, um Rajins Leben zu retten – und damit die Hoffnung der Welt zu erhalten.“
Liisho drehte sich um und schritt in Richtung des Eingangs der Orakelhöhle.
„Große Worte!“, rief Bratlor. „Ihr habt einmal versucht, das Tor ohne die Kraft des Mondlichts zu öffnen, und es ist Euch nicht gelungen. Und wie soll es jetzt geschehen, da wir von einem Nebel eingehüllt sind, der so dicht ist, dass man heute Nacht weder den Meermond noch irgendeinen anderen Himmelskörper sehen wird?“
Liisho war nach wenigen Schritten stehen geblieben und drehte sich ärgerlich um. „Ist das die Art, wie Seemannen sich Mut machen, bevor sie auf Beutefahrt gehen, um Seemammuts zu erlegen? Indem sie sich immer wieder vorhalten, dass alles schiefgehen wird und sie ohnehin viel zu schwach sind, um so etwas zu vollbringen?“ Liisho machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Meister Liisho, sieh nur!“, fuhr Rajin dazwischen. Er deutete auf das Juwel über dem Höhleneingang. Es leuchtete pulsierend auf.
Liisho ließ den Blick suchend durch den Nebel hinein schweifen. „Da ist irgendeine Kraft am Werk, die …“ Er sprach nicht weiter.
Eine dunkle Säule schälte sich aus dem Nebel hervor. Es war die überlebensgroße Gestalt des Vermummten – höher als der höchste Mast im Hafen von Winterborg gewesen war!
„Fjendur!“, murmelte Rajin.
Er trat dem Vermummten ein paar Schritte entgegen. Die Linke legte sich dabei um den Griff des leichten drachenischen Schwertes, das er im Gürtel trug. Doch es war ihm durchaus klar, dass weder
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