DRACHENERDE - Die Trilogie
Waffe, die ein menschlicher Krieger hätte einsetzen können.
Jeder dieser Echsenkrieger überragte selbst die größten Seemannen noch um etwa einen Kopf. Ihre geschuppte Haut schimmerte grün, hatte aber nicht annähernd die Widerstandskraft ihrer großen Drachenverwandten oder der Dreiarmigen, weshalb sie auf Rüstungen angewiesen waren. Ihre Kraft war allerdings sprichwörtlich, und so machte ihnen das tagen schwerster Harnische und Schilde nicht das Geringste aus. Ihre schlangengleichen Zischlaute drangen bis zu den Ohren der Ninjas.
„Was tun wir?“, fragte Andong seinen Kommandanten. „Erteilen wir ihnen eine Lektion?“
„Nein. Sie sind mehr als wir, und wir würden uns nur aufreiben. Außerdem könnte es sein, dass sowohl Prinz Rajin als auch Fürst Payu unsere Hilfe brauchen.“
Dass Katagis Schergen die Stadt vor dem Heer der Tajimäer gerettet hatten, war eben nur eine Seite der Medaille.
Die Echsenkrieger näherten sich, ihr Zischen wurde immer lauter. Normalerweise hielten diese gepanzerten Krieger zumeist eine phalanxähnliche Formation ein, aber davon konnte in diesem Fall keine Rede sein. Sie liefen einfach davon, den Luftschiffen hinterher, deren Kommandanten sie schmählich im Stich gelassen hatten.
Ganjon und die anderen Ninjas verhielten sich vollkommen ruhig. Nicht ein einziger Ast knackte, kein Blatt raschelte.
Die Echsenkrieger kamen zum Teil bis auf wenige Schritte heran. Einer von ihnen blieb stehen, wandte den Kopf und ließ die gespaltene Riechzunge aus dem lippenlosen Maul schnellen. Dann stieß er einen durchdringenden Zischlaut hervor und wiederholte dies. Echsenkrieger hatten einen sehr guten Geruchssinn, darin waren sie fast allen anderen Lebewesen überlegen, und es war gut möglich, dass dieser schlangengesichtige Kämpfer irgendetwas gerochen hatte, was seinen Argwohn erregte.
Einer der anderen Krieger blieb ebenfalls stehen. Er stieß eine rasche Folge von Lauten aus, die wie ein aneinander gereihtes Fauchen und Zischen klang, woraufhin noch verschiedene Hauchlaute folgten, die in Ganjons Ohren wie ein lungenkranker Mensch klangen. Daraufhin aber setzte jener Krieger, der irgendetwas Verdächtiges gerochen zu haben schien, seinen Weg fort.
Ganjon nahm die Hand von dem Shuriken an seinem Gürtel, mit dem er dem Echsenkrieger die Kehle zerrissen hätte, falls es zum Kampf gekommen wäre. „Wir werden uns über den Geheimgang in die Stadt begeben“, entschied er. Bis zum verborgenen Eingang war es nicht mehr weit.
6. Kapitel
Des Traumhenkers Ernte
Von allen Seiten hatten Drachenreiter Prinz Rajin und seine Getreuen eingekreist. Nur Ayyaam, der sich inzwischen von der Formation gelöst hatte, war es gelungen, davonzufliegen. Man ließ ihn gewähren. Keiner der aus dem Ostmeerland eingetroffenen Drachenreiter schien auch nur einen einzigen Gedanken an die Möglichkeit zu verschwenden, diesen ehemaligen Wilddrachen einzufangen.
„Bleib!“
Rajins Befehl blieb ohne Reaktion - Ayyaam schien nicht mehr gewillt, den Anordnungen des Prinzen zu folgen. Er flog einfach davon und beschleunigte seinen Flug auch noch.
Rajin erkannte, dass es sinnlos war, ihn mit seinen Gedanken zurückrufen zu wollen. Ayyaam gehorchte ihm nicht mehr. Vielleicht war es nur der Durst nach Vergeltung gewesen, der ihn an der Seite des Menschen gehalten hatte. Vergeltung für den Tod Liishos, mit dem er für so viele Jahre verbunden gewesen war.
Rajin sah ihm nach. Manche würden darin ein schlechtes Omen sehen, dass der Drache ihm den Befehl verweigerte, ein Zeichen der Schwäche …
Fürst Payu lenkte seinen von mehreren Armbrustbolzen übel zugerichteten Kriegsdrachen in Rajins Nähe. „Flieht, mein Prinz! Meine Samurai und ich werden Euch die Schergen Katagis vom Leib halten!“
Die aus dem Ostmeerland gekommenen Kriegsdrachen standen in der Luft und bildeten einen Ring. Ihr Anführer nahm den Drachenstab, fasste ihn in der Mitte und streckte ihn empor. Gleichzeitig neigte er den Kopf.
Rajin hatte diese Geste unzählige Male in den Traumbilden gesehen, die ihm der Weise Liisho während seiner Jugendzeit auf Winterland geschickt hatte. Traumbilder, die ihn unter anderem mit dem Leben in Drachenia und den Gepflogenheiten am Hof von Drakor vertraut gemacht hatten.
Die Unterwerfungsgeste drachenischer Samurai, erkannte der Prinz. Eine Geste, die nur der rechtmäßige Kaiser einfordern darf und die nur ihm gegenüber ausgeführt wird …
Die Handlung der Drachenreiter
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