DRACHENERDE - Die Trilogie
auch die äußerste Mauer bildete keineswegs die Stadtgrenze. In den äußeren Bezirken wimmelte es nur so von eigenartigen, teilweise fast wie durchscheinende Fata Morganen wirkenden Häusern.
„Du kennst dich doch so gut aus im Magierland“, meinte Rajin an Koraxxon gerichtet. „Falls es dir möglich ist, einmal einen Blick in die Tiefe zu werfen …“
„Nur unter größter Überwindung!“, gab der Dreiarmige zurück.
„Diese durchscheinenden Häuser in den Außenbezirken – worum handelt es sich dabei? Ein Theater der Trugbilder? Sollen damit Fremde verwirrt werden, damit sie die Stadt für doppelt so groß halten, wie sie wirklich ist?“
„Um dir das zu erklären, muss ich nicht unbedingt hinabsehen“, sagte Koraxxon. „Es gibt solche Gebäude in fast jeder Stadt in Magus.“
„In Capana sind sie mir nicht aufgefallen.“
„Capana ist durch den starken Handel keine typische magusische Stadt“, gab Koraxxon zu bedenken. „In Capana sind die Magier schließlich in der Minderheit. Aber in Magussa sind sie es nicht. Ich war mit meinem damaligen Herrn einige Male hier, und wir hatten Schwierigkeiten, einen Landeplatz für unseren Gondeldrachen zu finden, da man hier auf Besucher kaum eingestellt ist. Was die durchscheinenden Häuser betrifft, so handelt es sich um Ruinen.“
„Seltsam …“
„Tja, das ist der Nachteil, wenn man nicht mit Stein und Mörtel oder wenigstens mit Harthölzern aus den tembischen Wäldern baut, sondern mit purer Magie. Diejenigen, die die Häuser einst errichteten, leben längst nicht mehr. Und die folgenden Magier-Generationen haben ihre eigenen ästhetischen Vorstellungen und wollen keine Kraft in die Überreste uralter Magie geben, um sie zu erhalten. Keine frische Magie für alten Zauber heißt ein magusisches Sprichwort.“
Das Wort „Zauber“ hatte in diesem Zusammenhang eine deutlich abwertende Bedeutung, denn man bezeichnete damit jede Form von geistiger Manipulation oder übernatürlicher Beeinflussung, die von Nicht-Magiern ausgeübt wurde, also von Menschen, die entweder selbst etwas magisches Blut in sich trugen oder denen es irgendwie gelungen war, sich einen Teil des Wissens anzueignen, das normalerweise den Angehörigen des Magiervolkes vorbehalten waren. Natürlich war die Anwendung stümperhaft und richtige Magie und die Zauberei der Menschenvölker für einen Meister dieses Fachs jederzeit und eindeutig zu unterscheiden.
In früheren Zeitaltern hatten Magier oft die Forderung an ihren Nachwuchs gestellt, er möge die von ihnen geschaffenen magischen Bauwerke doch erhalten. Eine Tradition, gegen die sich jüngere Magier auflehnten, indem sie die Magie der Alten als schlichte Zauberei herabqualifizierten.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass in Capana weniger häufig mit Magie gebaut wurde als in anderen Städten von Magus“, bekannte Rajin.
„Das ist auch nicht der Fall“, stimmte Koraxxon zu. „Aber in Capana achtet man weniger auf die Tradition. Magische Gebäude, deren Schöpfer nicht mehr leben und in deren Aufrechterhaltung die Erben keinerlei innere Kraft investieren möchten, kann man nämlich auch durch entsprechende magische Formeln verschwinden lassen, anstatt dass sie langsam verblassen. Es gibt im Landesinneren ganze Städte, die nur aus diesen Fata Morganen bestehen und wo schon seit Jahrhunderten kein Magier und auch sonst niemand mehr lebt. Verlassene Orte, die man aus Respekt vor ihren Erbauern nicht durch ein paar einfache magische Maßnahmen auflöst.“
„Ich weiß, dass es schon eine Weile her ist, dass du zum letzten Mal hier warst“, wechselte Rajin das Thema, „aber hast du zufällig noch in Erinnerung, wo sich der Drachenlandeplatz befand, so unzureichend er auch gewesen sein mag?“
„Ich glaube, wir erhalten Gesellschaft!“, rief in diesem Moment Ganjon. Der Hauptmann der Ninja-Truppe streckte den Arm aus und deutete in Richtung der fünf Türme der inneren Burg. Aus den Fenstern dieser Türme drangen schwarze, um sich selbst wirbelnde Rauchwolken, die sich rasch näherten.
„Schattenpfadgänger!“, stieß Rajin hervor.
„Nirgends gibt es davon mehr als an diesem Ort“, erklärte Koraxxon. „Das ist die Garde des Großmeisters. Sie schützt die Stadt. Ich hege große Bewunderung für diejenigen, die der Garde dienen.“
„Weshalb?“, fragte Ganjon. „Was ist an diesen fliegenden Magiern anders als an Soldaten in jeder anderen Heereseinheit in den fünf Reichen?“
„Das will ich dir sagen:
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