DRACHENERDE - Die Trilogie
Partner ihres Bündnisses war, gefiel dem Kaiser überhaupt nicht.
Abrynos verzog das Gesicht. „Ich erwarte Euch bei der Zitadelle von Kenda“, sagte er. „Wie ich annehme, werdet Ihr etwa später dort eintreffen.“
„Ich hatte eigentlich vor, mich zum Palast in Drakor zu begeben!“
„Eine unbedeutende Abweichung Eures ursprünglichen Reiseplans, mein Kaiser“, sagte Abrynos lapidar. „Und noch etwas: Stellt mir ein Dokument aus, das mir den Umgang mit den Kampfmönchen erleichtert, die die Zitadelle für Euch bewachen. Unterstellt sie meinem Befehl. Ich möchte sie ungern töten müssen, bevor ich das kosmische Tor zum Glutreich öffne. Abgesehen davon, dass ich mir diese Kraftverschwendung im Moment ersparen möchte, könnte ich vielleicht auch die Hilfe der Mönche gebrauchen.“
„Gut“, murmelte Katagi. „Ich werde Euch ein solches Dokument ausstellen und es mit dem kaiserlichen Siegel versehen, sodass Ihr in Kenda freie Hand habt.“
„Ihr seid zu gütig, mein Kaiser.“ Abrynos verbeugte sich, ein wenig zu tief, um die Geste ehrlich gemeint wirken zu lassen. „Aber Ihr dient letztlich zu allererst Euch selbst.“
„Das will ich hoffen!“, murmelte Katagi düster. Dann rief er in barschem Ton einen Schreiber herbei, denn es geziemte sich nicht, dass ein Kaiser Drachenias selbst zu Feder und Pergament griff.
10. Kapitel
Rajins Erwachen
Als Rajin die Augen aufschlug, war es Nacht, und die Monde standen am Himmel – gerade so, dass sie einen Halbkreis bildeten und der grüne Jademond, die Heimat des trunksüchtigen Schicksalsgottes Groenjyr, im Zenit stand. Rajin setzte sich auf und blickte über das vorwiegend grünlich funkelnde Land. Myriaden leuchtender Steine erfüllten alles mit ihrem eigenartigen Licht – große Brocken und ganze Felsmassive waren ebenso darunter wie winzige Stücke, deren Größe nur knapp die von Sandkörnern übertraf.
Aber von der Stadt Ktabor und den Meistern des Geistes war nirgends etwas zu sehen, sie waren einfach verschwunden.
Oder befand er sich an einem anderen Ort?, fragte sich Rajin. In diesem Land, in dem Dinge sich entfernten, wenn man sich näherte und plötzlich da waren, wenn man stehen blieb, war das nicht immer so eindeutig zu bestimmen.
Rajin erhob sich. Ein Gefühl der Kraft durchfuhr ihn und erfüllte ihn auf eine Weise, die ihm Hoffnung gab. Er hob seine linke, metallisch gewordene Hand, die sich wieder bewegen ließ, denn der Schlüssel des Geistes war verschwunden.
Hatten ihn die Magier von Ktabor an sich genommen? Rajin versuchte, sich an das zu erinnern, was geschehen war. Vergeblich. Das grelle Licht, das ihn von oben getroffen hatte, war das Letzte gewesen, was er bewusst mitbekommen hatte. Danach war da einfach nichts mehr, nichts außer einer Leere, die er nicht füllen konnte.
Rajin krümmte und streckte die einzelnen Finger der Metallhand, die sich ebenso leicht bewegen ließen, wie er es mit den Fingern seiner rechten konnte.
Das messingfarbene Metall reichte eine Handspanne weit am Oberarm empor und ging dort in sein Fleisch über. Es glich in seinen Eigenschaften keinem Metall, das der Prinz in seinem bisherigen Leben kennengelernt hatte, und es gab keine eindeutige Grenze zwischen Metall und Fleisch. Auf drei, vier Fingerbreit waren Metall und Fleisch auf eine gleichermaßen fantastische wie groteske Weise gemischt.
Vorsichtig berührte Rajin das Metall mit seiner rechten Hand und stellte fest, dass es durchaus empfindungsfähig war.
„Wo seid ihr, Meister des Geistes?“, rief er. Hatte er tatsächlich die Kraft der Leuchtenden Steine in sich aufgenommen? Rajin ging davon aus, dass es so war.
Aber wenn dies zutraf – reichte das Quantum an Kraft, das er erhalten hatte, um seiner Bestimmung zu folgen und dem Urdrachen Yyuum gegenüberzutreten?
„Zweifle nicht!“, vernahm Rajin eine Gedankenstimme.
Doch darüber hinaus erhielt er keine Antwort.
Rajin irrte eine Weile durch die mondhelle Nacht und, erst nach und nach wurde ihm das Ausmaß der inneren Kraft einigermaßen bewusst, die er erhalten hatte. „Ghuurrhaan! Verstehst du mich?“, sandte er einen Gedanken an seinen Drachen, denn er stellte überrascht fest, dass dieser sich ganz in der Nähe befinden musste; Rajin spürte seine Präsenz ganz deutlich.
Vielleicht aber spielten ihm die in diesem Landstrich auf so seltsame Weise gestörten Empfinden für Entfernungen einen Streich. Oder seine innere Kraft war so immens gewachsen, dass
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