DRACHENERDE - Die Trilogie
Kriegsdrachen flog ihnen entgegen. Manche trugen noch das Geschirr und ihre Sättel – auf keinem von ihnen saß ein Reiter. Fauchend und mit wilden Bewegungen der Flügel auf sich aufmerksam machend, flogen sie einen weiten Bogen um die Gondel des Kaisers und zogen dann Richtung Osten davon. Ihr Ziel mussten die Gebiete jenseits der Wälder sein, wo sich der mitteldrachenische Gebirgsrücken vom Dach der Welt aus bis zum Quellgebiet des Flusses Seng hinzog.
Die Drachen hatten ihre Reiter abgeschüttelt und sehr wahrscheinlich getötet und waren nun auf den Weg zu jenem gewaltigen Wesen, dessen unheimliche Präsenz sie offenbar schon in seinen Bann geschlagen hatte, noch bevor es zur Gänze erwacht war.
Und doch schien ein gewisser Respekt vor dem Kaiser und vor allem vor den zwei Drachenringen, die Katagi noch besaß, bei den Kolossen geblieben zu sein. Keine der Kreaturen griff jedenfalls von sich aus an. Die Kraft, die von Katagis zwei verbliebenen Drachenringen ausging, schien sie davon abzuhalten.
Katagi sammelte seine innere Kraft, um die rebellischen Kreaturen unter seine Herrschaft zu zwingen. Aber es war nur ein halbherziger Versuch – vielleicht auch deshalb, weil er ahnte, dass er der rohen, entfesselten Drachenkraft im Moment nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen hatte und daher scheitern musste. Zumindest solange er nur zwei der drei Drachenringe an den Fingern trug. Diese Ringe – das war ihm nie so deutlich geworden wie in diesem Augenblick – waren offenbar doch mehr als nur reine Symbole. Er spürte den Widerwillen der Drachenseelen, sich ihm zu unterwerfen. Ihre schrillen, abweisenden Rufe gaben davon nach außen beredtes Zeugnis.
Katagi verkrampfte die Hände zu Fäusten. Wie konnte er Drachenkaiser bleiben, wenn er die Herrschaft über diese Giganten nicht mehr garantieren konnte, wie es Generationen seiner Vorgänger auf dem Thron von Drakor getan hatten? Die Stimmen, die seine Absetzung forderten, wenn auch noch hinter vorgehaltener Hand, würden sich mehren. Die Zukunft malte sich der Usurpator in den düstersten Farben aus.
Wahrscheinlich würde er früher oder später die Unterstützung der Priesterschaft von Ezkor verlieren, dachte er. Und auch in den Reihen der Samurai musste er mit Widerstand rechnen, je öfter Drachen den Gehorsam verweigerten.
Die rebellierenden Kriegsdrachen verschwanden hinter dem östlichen Horizont. Sie flogen ihrem neuen Herrn entgegen – Yyuum, dem Urdrachen und Meister des Chaos. Und Katagi ahnte in seinem tiefsten Inneren, dass er sie nicht wiederzugewinnen vermochte …
„Was starrst du mich so an, als wäre ich der Traumhenker persönlich?“, fuhr Katagi den Adjutanten Guando an, als er dessen völlig konsternierten Blick bemerkte und dachte: Eigentlich müsste ich ihn töten, denn er hat mich in einem Augenblick der Schwäche gesehen, was kein Kaiser zulassen sollte!
Guando war zunächst unfähig, etwas zu seiner Verteidigung vorzubringen. „Verzeiht, mein Kaiser“, stotterte er schließlich und verneigte sich.
Katagi schnaubte nur, drehte sich um und ging ins Innere der Gondel. Er zog sich in das Gemach zurück, das dort für ihn in aller Schnelle hergerichtet worden war.
Eine Rauchsäule erschien und ließ den Usurpator aufschrecken, nachdem er eine ganze Weile seinen finsteren Gedanken nachgehangen hatte. Durch die verglasten Fenster hatte er beobachtetet, mit welcher Mühe die ihn begleitende Eskorte aus Drachenreiter-Samurai ihre jeweiligen Kriegsdrachen unter Kontrolle zu halten versuchten. Im Großen und Ganzen gelang dies zwar, aber jedem, der auch nur ein wenig von Drachenlenkung verstand, musste bei diesem Anblick deutlich werden, wie widerspenstig die Reittiere der Samurai bereits waren.
Die Rauchsäule brauchte diesmal außergewöhnlich lange, ehe sie zur Gestalt eines Schattenpfadgängers verstofflichte.
„So etwas hätte es früher nicht gegeben“, sagte Abrynos aus Lasapur mit spöttischem Unterton und in der eingebildeten, arroganten Diktion eines drachenischen Adeligen. „Rebellierende Drachen und ein Kaiser, der gezwungen ist, mit einem Lastdrachen zu fliegen, weil die als träge und weniger widerspenstig gelten. Eine Schande, die jeden Nachfolger Barajans zum Freitod bewegt hätte.“
„Was wollt Ihr hier?“, fauchte Katagi sein Gegenüber an. „Ich habe mich auf Euren Rat als Bundesgenosse verlassen. Und was ist geschehen? Eine Katastrophe hat sich bei Magussa ereignet!“
„Ich hatte mich ebenfalls auf
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