DRACHENERDE - Die Trilogie
Erinnerungen an eine schon sehr lange zurückliegende Zeit verloren. Und Bitterkeit sprach aus seinen Worten. Vielleicht sogar Neid, dachte Rajin. Neid auf seinem Schützling, dem das zuteil geworden war, worum sich der Weise selbst vergeblich bemüht hatte. Diesmal konnte Liisho diesen Eindruck nicht mit seiner üblichen zur Schau gestellten Gelassenheit abmildern.
„Ich verstehe selbst nicht, was da in Ktabor geschehen ist“, gestand Rajin. „Aber es wird uns helfen, das zu vollenden, was du begonnen hast.“
„Dann erfülle nun deine Bestimmung, Rajin“, sagte Liisho – doch sein Blick schien dabei durch den Prinzen hindurchzugehen. Dann aber durchfuhr ihn ein Ruck, und er deutete auf Rajins metallene Linke. „Jedenfalls scheinst du jetzt eine wahrhaft glückliche Hand im Umgang mit Drachen zu haben“, sagt er sarkastisch, „und das wird wohl für uns alle zum Vorteil sein …“
Auf dem Weg durch den Süden des drachenischen Neulandes begegneten sie kleinen Verbänden der Kriegsdrachen-Armada, die sich aus dem Luftreich zurückzogen. Sie flogen ungeordnet und nicht in Formation, wie es eigentlich üblich war. Offenbar hatten auch diese Samurai ihre liebe Not, die Kontrolle über ihre Reittiere zu behalten. Einige disziplinlose, unmotivierte Feuerstöße legten davon beredtes Zeugnis ab. Auch fielen manche der Drachen innerhalb der Gruppe plötzlich zurück, so als wollten sie sich den Befehlen ihrer Reiter entgegenstemmen und nicht mehr weiterfliegen.
Rajin und Liisho wichen diesen Verbänden so weit es ging aus, und anscheinend hatten die Samurai mit ihre eigenen Reittiere genug zu tun, sodass sie Ayyaam und Ghuurrhaan kaum Beachtung schenkten.
Als sie in die Nähe der Stadt Sajar kamen, bot sich ihnen ein Bild der Zerstörung und des Grauens. Die Stadt brannte lichterloh, und am Himmel darüber flatterten sowohl Kriegs- als auch Gondel- und Lastdrachen. Zum Teil waren sie in verbissene Kämpfe untereinander verwickelt. An manchen hingen noch Gondeln oder zumindest die dazugehörigen Geschirre. Die Giganten kreisten in der Luft wütend umeinander und attackierten sich gegenseitig immer wieder mit ihrem Drachenfeuer.
Die Bewohner der Stadt allerdings waren auf der Flucht, soweit sie das von den rebellischen Drachen ausgelöste Inferno überlebt hatten. In mehreren Trecks zogen die Menschen über das Land und versuchten sich in Sicherheit zu bringen. Dabei versuchte jeder mehr von seinen Habseeligkeiten mitzunehmen, als er tragen konnte. Die wenigen Karren, die sie mitführten, mussten sie selbst ziehen. Nur selten stand dem ein oder anderen ein Rennvogel oder ein flügelloser Laufdrache zur Verfügung, wie sie zum Warentransport innerhalb mancher drachenischen Städte benutzt wurden. Allerdings hatten sich diese recht kleinen, vierbeinigen Laufdrachen aufgrund ihrer Schwerfälligkeit nie durchsetzen können, und so gab es sie nur in geringer Zahl.
Aber auch auf sie konnte man sich offenbar nicht mehr voll und ganz verlassen, denn einige von ihnen verweigerten offenkundig den Dienst und irrten ziellos in der Nähe der Stadt umher.
Während über den brennenden Dächern von Sajar gleichermaßen heftig und sinnlos gekämpft wurde, flog ein Teil der Drachen nach Osten, den neuländischen Wäldern entgegen, die dem mitteldrachenischen Bergrücken vorgelagert waren. Auch sie folgten dem Ruf des Urdrachen.
Auf halbem Weg zwischen Sajar und den neuländischen Wäldern landeten Ayyaam und Ghuurrhaan auf einer verlassenen Drachenfarm, auf der früher Lastdrachen gezüchtet worden waren. Die Drachen hatten sich befreit, die Pferche waren leer, die Bewohner der Farm hatten das Weite gesucht, und das Haupthaus war nur noch eine verkohlte Ruine. Zwar war die Fähigkeit zum Erzeugen eines imposanten Drachenfeuers bei Lastdrachen weit weniger ausgeprägt als bei den Kriegsdrachen, aber es hatte offenbar völlig ausgereicht, um das einstmals prachtvolle Haus nahezu bis auf die Grundmauern zu zerstören. Dass die Flammen nicht auf die anderen Gebäude übergesprungen waren, lag nur daran, dass es etwas abseits der Drachenpferche lag.
„Die Wut, die die Drachen erfüllt, muss groß sein“, sagte Liisho im Angesicht dieser Zerstörungen. „Immerhin waren es Ostdrachen, die dies hier angerichtet haben, und die gelten allgemein als besonders ruhig und fügsam.“
„Wenn wir Glück haben, findet sich noch etwas Stockseemammut in den Speichern, das wir an unsere Drachen verfüttern können“, meinte
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