DRACHENERDE - Die Trilogie
Lebens wird.“
„Das betrübt mich zu hören“, murmelte Rajin.
„Allerdings dürfte keine Gefahr für Eure Person bestehen, denn das schwefelhaltige Miasma, das durch das kosmische Tor aus dem Glutreich in unsere Welt gelangte, ist mittlerweile vollständig verflogen.“
„Dann haltet Euch zum Aufbruch bereit“, forderte Rajin. „Ihr sollt mich nach Kenda begleiten.“
„Es ist mir eine große Ehre, o Kaiser.“
Gemeinsam mit dem Palastpriester Heran-Gon und dem Obersten Palastheiler Eesaan kehrte Rajin später in die Halle der Tausend Winde zurück. Da er den beiden Männern nicht traute - beide hatten sie dem Usurpator Katagi gedient -, ließ er sich außerdem von Koraxxon und Ganjon begleiten. Schließlich wollte er nicht Opfer einer Palastintrige werden, was im Handumdrehen geschehen konnte.
Es war ein Paradox, so erschien es Rajin: Wenn er zu wenig Furcht um sich herum verbreitete, konnte er nicht damit rechnen, innerhalb der Palasthierarchie und damit letztlich im gesamten Reich Drachenia respektiert zu werden, aber wenn er zu viel Furcht erzeugte, war es durchaus möglich, dass sich einige mächtige Interessengruppen bei Hofe zusammentaten, um auch seiner Regentschaft ein jähes Ende zu setzen. Womöglich sogar ohne Rücksicht darauf, dass sich die Drachen dann vielleicht erheben und die Herrschaft der Menschen endgültig abschütteln würden.
Heran-Gon war für den Rang eines Obersten Palastpriesters der Kirche des Unsichtbaren Gottes noch sehr jung. Das lag an der von Katagi geübten Praxis, die jeweiligen Amtsträger schon nach wenigen Jahren wieder zurück nach Ezkor zu schicken und nach einem neuen Palastpriester zu verlangen. Der Abt von Ezkor, das Oberhaupt der drachenischen Konfession des Glaubens an den Unsichtbaren Gott, hatte sich auf dieses sich ständig wiederholende Spiel eingelassen, denn ihm war sehr wohl bewusst gewesen, dass nicht nur der Kaiser die Kirche, sondern ebenso die Kirche den Kaiser benötigte – schon deswegen, damit nicht auch in Drachenia die häretische tajimäische Konfession des Glaubens an den Unsichtbaren Gott Zulauf gewann.
„Hier ist der Sarg, in dem meine geliebte Nya schläft“, sagte Rajin mit einer Stimme, deren Heiserkeit davon kündete, wie aufgewühlt er gefühlsmäßig war. Dass er den Heiler und den Priester zu diesem Ort führte, den ansonsten nicht einmal seine engsten Weggefährten aufsuchen durften, hatte einen guten Grund. „Ich möchte wissen, ob noch Hoffnung besteht, den Lebensfunken in ihr wieder vollkommen zu entfachen“, fuhr er fort, woraufhin er sowohl Heran-Gon als auch Eesaan einige Augenblicke lang sehr eindringlich musterte.
„Verzeiht, o Kaiser, aber solange ich die Kranke nicht einmal berühren kann, könnt Ihr nicht wirklich eine Diagnose von mir erwarten“, antwortete der Heiler. Er schien sich sichtlich unwohl in seiner Haut zu fühlen.
„So seid Ihr nicht in der Lage, mir Genaueres sagen?“
„Ihr seid der Kaiser, und es hat sich allgemein herumgesprochen, wie sehr Ihr der Frau im gläsernen Sarg in Liebe verbunden seid.“
„Was ich wissen will, ist nur eines: Würde ihr Körper wieder erwachen und wäre er lebensfähig, wenn ihre Seele in ihn zurückkehrt?“, fragte Rajin.
Der Blick, mit dem ihn Eesaan bedachte, war bereits Antwort genug. „Nach allem, was die Heilkunst weiß, weilt diese Frau schon viel zu lange in diesem Zustand – ganz gleich, was die Ursache dafür sein mag -, als dass noch Hoffnung bestehen könnte. Wir kennen die katatonische Starre, bei der ein Mensch zwar wie tot erschien, aber schließlich doch wieder erwacht. Doch niemals lag jemand so lange in solcher Starre und kehrte danach ins Leben zurück. Zumindest habe ich nie dergleichen gehört.“
„Und was ist mit dem Bleichen Einsiedler, der von Katagi gefangen gehalten wurde? Angeblich überstand er drei Jahre ohne Wasser und Nahrung?“
„Ich war noch nicht in meinem Amt als Palastheiler, als sich dies zutrug. Aber ich habe die Niederschriften des damaligen Palastheilers gelesen, der auch umfangreiche Zeichnungen dieses seltsamen Geschöpfs anfertigte. Ein Mensch kann das nicht gewesen sein, und wahrscheinlich gehörte er nicht mal einen Volk an, das auf unserer Welt beheimatet ist. Daher könnte diese Kreatur völlig andere körperliche Eigenschaften gehabt haben, als sie den Menschenvölkern eigen sind.“
„War er möglicherweise ein Veränderter?“, mischte sich Koraxxon ein, den es nicht im Mindesten scherte,
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