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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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aus dem ehrenwerten und kaisertreuen Hause Jharan.
    Dann sah er sich selbst vor dem Kaiser stehen, dessen Gesicht auf seltsame Weise verändert war, bis Wiian Ko Jharan begriff, dass er selbst in diesem Traum sein eigener Vorfahre gleichen Namens war und es sich bei dem Kaiser um Onjin handelte, jenem legendären Herrscher von Drakor, der die Rebellion von Qô blutig niedergeschlagen hatte.
    Bebend vor Wut verkündete Onjin sein Strafgericht über Qô, woraufhin bedrücktes Schweigen im Thronsaal herrschte. Schließlich erhob sich eine Stimme, die sagte: „Es ist gegen die Ehre und den Kodex eines Drachenreiter-Samurai, zu tun, was Ihr von uns verlangt, o Kaiser!“
    Suchend glitt der Blick des Kaisers umher, aber er fand nicht heraus, wer unter den regungslos dastehenden Drachenreiter-Samurai gewagt hatte, dies zu äußern. Onjin war außer sich, und seinen verzerrten Zügen war anzusehen, wie gern er sein Strafgericht auf seine eigenen Getreuen ausgedehnt hätte, wäre ihm dies möglich gewesen.
    „Gegen die Ehre und gegen den Kodex – so, so“, höhnte Onjin. „Aber verstößt es nicht noch mehr gegen Ehre und Kodex, dem Kaiser die Gefolgschaft zu versagen?“ Er hob die linke Hand, an der er die drei Drachenringe trug. „Seht, wer die Herrschaft über die Drachenheit zu garantieren vermag! Seht, in wessen Adern das Blut Barajans fließt und wessen Kraft dafür sorgt, dass sich Eure Kriegsdrachen von Euch füttern und dressieren lassen wie zahme Haustiere, obwohl ein Drache von Natur aus gewiss vieles ist, nur nicht zahm!“
    Und so schwiegen die Samurai – auch jener, dessen Name genau wie der einiger seiner Söhne, Enkel und Urenkeln Wiian Ko Jharan lautete.
    Das Traumbild verblasste, aber der Albtraum ging weiter, denn Schreie von Sterbenden und Verwundeten peinigten Wiian Ko Jharan und formten einen Chor des Grauens. Diese Schreie und die Schuld, die mit ihnen verbunden war, waren das Erbe seiner Familie.
    Wiian stöhnte im Schlaf, wand sich auf seinem Lager. Gleichzeitig sah er im Traum, wie Matana-Klingen die Leiber der Bewohner Qôs zerhackten. Männer, Frauen und Kinder wurden dahingemetzelt, und die Samurai wateten im Blut ihrer Opfer, das von ihren Schwertklingen troff. Selbst lahme Greise und Haustiere wurden nicht verschont. Wer aus der Stadt floh, den verfolgten die Drachen, deren Feueratem die Flüchtenden zu Asche verbrannte.
    „Auf ewig soll man dieses Schreckens gedenken, damit niemand es mehr wage, die Einheit des Drachenlands zu gefährden, indem er ein sechstes Reich zu gründen plant! Nie soll dieser Tag vergessen werden, und die Geister der Erschlagenen mögen zu vergessenen Schatten werden!“
    So ließ Kaiser Onjin später seine Worte in Stein meißeln. Auf mehreren Stelen in dem riesigen Palast waren sie zu finden, auch wenn sie schon seit Generationen nicht mehr stolz präsentiert, sondern geflissentlich übersehen und totgeschwiegen wurden.
    Onjins Worte hatten sich auf eine Weise erfüllt, die der Kaiser seinerzeit selbst weder für möglich gehalten noch gewünscht hatte.
    Der schlafende Wiian bemerkte nichts von dem Wirbel aus schwarzem Rauch, der durch die Westwand seines Gemachs drang und sich wenig später zu einer Schattengestalt aus purer, undurchdringbarer Finsternis verdichtete.
    „Es war falsch! Es war falsch, Onjin!“, murmelten die Lippen des Schlafenden und benutzten dabei eigenartigerweise einen alten drachenischen Dialekt, der dem jungen Mann niemals gelehrt worden war.
    Die Schattengestalt näherte sich dem Lager des Samurai. Die lichtlose Schwärze, aus der der Körper des Geschöpfs bestand, war so dunkel, dass selbst die Finsternis des Schlafgemachs dagegen hell wirkte. Der Jademond schien durch ein hohes Fenster und spendete ein wenig grünlich schimmerndes Licht. Es wirkte fast, als richtete Groenjyr, der Schicksalsgott der Seemannen, seinen Blick auf die Szenerie in Wiians Gemach. Ein Blick, der aufgrund der chronischen Trunksucht, die man diesem Gott nachsagte, wohl ebenso trübe und verwaschen war wie der gerade von Schleierwolken umgebene Jademond selbst.
    Der Schatten griff sich an die Hüfte und zog ein glühendes Schwert hervor. Doch dessen Glühen konzentrierte sich allein auf die Waffe; es schuf keine Helligkeit, warf keine Schatten an die Wände, und man konnte im Raum nicht mehr erkennen als zuvor. Es strahlte nicht aus, sondern erfüllte nur die von rätselhafter Zauberkraft beseelte Klinge in den Händen des Schattens.
    Ehe dieser dem

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