DRACHENERDE - Die Trilogie
liegenden Unsichtbaren Tod und stellte die Krüge in einem Halbkreis um den Bewusstlosen auf.
„Vergiss deine Bedenken – du brauchst die Hilfe dieses Einsiedlers!“, meldete sich bei Rajin die Gedankenstimme der Metallhand, als der junge Kaiser zögerte. „Also hilf ihm!“
Als Rajin jedoch einen der Krüge mit der Metallhand berührte, zischte und brodelte es in dessen Inneren, und eine meterhohe Flamme schoss daraus hervor, so hoch, dass sie an der Höhlendecke einen Rußfleck hinterließ. Rajin ließ die Hand sofort zurückzucken.
„Ah, vielleicht mache ich das doch besser selbst“, meinte Branagorn. „Eure Hand scheint mit besonderen Kräften aufgeladen zu sein, die sich nicht mit den Substanzen vertragen, die ich in den Krügen aufbewahre. Aber vielen Dank für Eure freundliche Hilfsbereitschaft, o Kaiser, wie Ihr Euch doch gewiss inzwischen anreden lasst.“
Gleich nachdem Rajin die Hand zurückgezogen hatte, war die Flamme wieder in sich zusammengesackt. Rajin spürte einen leichten Schmerz, der von den Fingerkuppen der Metallhand aus seinen gesamten Körper durchlief, aber nach wenigen Augenblicken war schon nichts mehr davon zu spüren.
Dafür aber spürte Rajin die Verwirrung der Seelenreste, die sich in der Metallhand zu einem neuen Wesen zusammengefunden hatten. „So etwas war mir bisher unbekannt ...“, murmelte die Gedankenstimme und erzeugte dabei ein Dutzend Echos in verschiedenen Tonlagen, die in Rajins Kopf unangenehm widerhallten.
Branagorn nahm unterdessen auch die letzten Krüge an sich und vollendete damit den Kreis um den Unsichtbaren Tod.
„Ich bin mit Liisho durch eines der kosmische Tore gegangen“, eröffnete ihn Rajin. „Er schien mehr über deren Funktionsweise zu wissen als sonst irgendjemand.“
Branagorn blickte auf und zog die schräg gestellten Augenbrauen zusammen, sodass dabei eine Falte auf seiner Stirn erschien. Diese Falte war allerdings so verschieden von der bekannten Magierfalte, dass sich jeder Gedanke daran, ob er nicht doch dem Volk von Magus angehörte, erübrigte.
„Was Ihr nicht sagt ...“, murmelte er. Für einen Moment schien ihm die Durchführung des Rituals nicht mehr so dringlich zu sein wie noch vor einen Augenblick. „Wohin seid Ihr durch das kosmische Tor gereist?“, fragte Branagorn.
„Vielleicht sollten wir uns darüber unterhalten, nachdem Ihr mir geholfen habt, die Vergessenen Schatten zu vertreiben.“
„Ihr seid ein geschickter Händler ...“
„Ich nehme mir ein Beispiel an Euch, Branagorn – denn offenbar stammt Ihr aus einer Welt von Krämerseelen.“
„Keineswegs. Diese primitiven Dinge habe ich erst gelernt, nachdem es mich durch ein tragisches Schicksal hierher verschlug.“
„Wie auch immer. Ich erzähle Euch gern von meiner Reise an der Seite des Weisen Liisho, der mir mithilfe eines kosmischen Tores in der Kalten Senke von Winterland das Leben rettete, als eine Kriegsdrachenarmada des Usurpators Jagd auf den letzten Prinzen des Hauses Barajan machte. Und ich führe ich Euch auch gern zu dem Ort, an dem sich Liisho lange versteckt hielt und wo es vielleicht noch die eine oder andere schriftliche Hinterlassenschaft von ihm zu finden gibt. Näher seid Ihr dem Geheimnis der kosmischen Tore vielleicht nie gewesen als jetzt, in diesem Moment, da Ihr auf meinen Vorschlag gewiss eingehen werdet.“
Branagorn legte die Waffen des Unsichtbaren Todes neben dessen reglosen Körper. Er tat dies offenbar nach einem ganz bestimmten ästhetischen oder geometrischen Prinzip, das Rajin jedoch nicht zu erkennen vermochte. Jedenfalls schien es nicht gleichgültig zu sein, wie diese Waffen hingelegt wurden. Dabei gab sich Branagorn Mühe, Gleichgültigkeit zu demonstrieren, und stellte ein Gesicht zur Schau, das nichts davon verriet, wie es in seinem Inneren aussah.
Aber sein brennendes Interesse, das Rajins Vorschlag ausgelöst hatte, konnte er vor dem jungen Kaiser nicht verbergen. Trotz der Fremdartigkeit seiner Züge und seiner ganzen Art verrieten ihn Nuancen seiner Mimik und die Sprache seiner Gesten und Bewegungen. Der Weise Liisho hatte Rajin gelehrt, auf solche Dinge zu achten.
„Ihr solltet Eure Verhandlungsposition nicht überschätzen“, sagte Branagorn jedoch. „Gut möglich, dass ich mir zwar nichts sehnlicher wünsche, als zu erfahren, auf welche Weise ich mithilfe eines kosmischen Tors in meine eigene Welt zurückkehren kann, jedoch habe ich nahezu unbegrenzt Zeit, um dieses Ziel zu erreichen. Ihr hingegen
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