DRACHENERDE - Die Trilogie
anzugreifen, in Eurem Verstand gebildet hätte, würde ich hören, wie sich Euer Herzschlag beschleunigt, und sogleich entsprechend handeln. Also versucht es besser erst gar nicht.“
„Ich zweifle nicht daran, dass Ihr über besondere Fähigkeiten verfügt“, sagte der Krieger. „Das ist den Dämonen der Hölle eigen – und ganz gewiss werde ich nicht so dumm sein, blindwütig gegen Euch anzustürmen!“
„Das freut mich zu hören, denn dann habt Ihr wenigstens die Möglichkeit, Eure Situation zu begreifen, bevor ich gezwungen wäre, Euch das Haupt vom Rumpf zu trennen. Eure Berührung bedeutet jetzt nicht mehr den Tod allen Lebens, und zu sehen seid ihr nun sogar für die halbblinden Bewohner dieser Fünfmondewelt.“
Der Krieger schob das breite Schwert in die Rückenscheide und nahm auch seine beiden anderen Waffen - das schmalere Schwert und den Dolch -, um sie einzustecken. Dann atmete er tief durch und blickte ungläubig auf seine Hände.
„Ja, Ihr spürt jetzt wieder jeden Luftzug“, sagte Branagorn. „Die Aura, die Euch von dieser Welt getrennt hat, ist fort, aber das heißt nicht, dass sie nicht völlig unerwartet zurückkehren könnte. Ich habe all meine Kunst darauf verwendet, Euren Zustand zu verbessern, auch wenn man nicht von einer Heilung sprechen kann.“
„Heilung?“, fragte der Krieger. „Meine Krankheit ist die Sünde, und Heilung davon brachte mir nicht einmal die Glut des Höllenfeuers.“
Branagorn hob die Augenbrauen. „Ihr seid nicht der erste Gestrandete aus einer der zahllosen Welten des Polyversums, dem ich hier begegne. Dort, wo die kosmischen Tore stehen, sammeln sie sich bisweilen – insbesondere dann, wenn irgendjemand die Tore aktiviert und dabei nicht bedenkt, dass dadurch Wesen aus anderen Regionen des Polyversums aus ihren Welten herausgerissen werden können, sodass sie zu einer unfreiwilligen Reise gezwungen sind.“
„Von Eurer Höllenmagie verstehe ich kein Wort“, erklärte der Krieger.
„Ihr seid noch sehr in den Vorstellungen Eurer eigenen Welt gefangen, mein bedauernswerter Schicksalsgenosse. Beantwortet mir jetzt bitte ein paar Fragen, damit würdet Ihr mir sehr helfen.“
„Die Fragen des Gerichts? Darauf habe ich gewartet. Ein Sünder wie ich muss wohl damit zufrieden ein, von einem Unterteufel verhört zu werden.“
„Wie heißt Ihr?“
„Mein Name ist Erich von Belden, geboren im Jahre des Herrn 1415 auf der Burg derer von Belden. Ich lieh mein Schwert vielen Kriegsherren und war zuletzt Hauptmann in der Stadtwache zu Bremen.“
„Auch ich verstehe von Euren Worten nur die Hälfte, aber das macht nichts. Sagt mir nur, ob die Welt, von der ihr stammt, einen Mond hatte?“
„Gewiss stand ein Mond am Himmel. Nur in den verhexten Dämonenrefugien Satans werden Dinge vervielfacht, die es nach Gottes Schöpfungsplan nur einmal geben soll.“
„Am Nachthimmel jener Welt, von der ich stamme, leuchtet ebenfalls nur ein einzelner Mond“, erklärte Branagorn mit sehr ernster Stimme. „Vielleicht teilen wir beide als Gestrandete des Polyversums nicht nur ein Schicksal, sondern sogar auch dieselbe Herkunftswelt – wobei ich mir in diesem Punkt noch nicht sicher bin, denn ich traf vor Euch schon Dutzende von Gestrandeten, und viele von ihnen kamen von Welten mit nur einem Mond, und diese Welten unterschieden sich von der meinen in vielerlei Hinsicht, und sie waren auch im Vergleich zueinander so unterschiedlich, dass sie unmöglich miteinander identisch sein können.“
„Was ist aus all jenen geworden?“, fragte Erich von Belden.
„Sie sind mit der Zeit gestorben, die meisten deshalb, weil ihre Lebensspanne lächerlich kurz war – zu kurz, als dass sie die Rückkehr in ihre Heimatwelt mit der nötigen Hartnäckigkeit hätten verfolgen können. Ich hoffe sehr, dass Euch dieses Schicksal erspart bleibt.“
„Ich bin längst unter den Toten“, sagte Erich von Belden hoffnungslos, „und meine Seele hat, wie es scheint, Ihren Platz in der Hölle gefunden, unter den anderen Verdammten.“
„Sagt mir, woran Ihr Euch zuletzt erinnert, bevor Ihr Eure Welt verlassen habt“, forderte Branagorn. „Nennt mir jedes Detail Eures Übertritts. Es könnte wichtig sein.“
Erich von Belden runzelte die Stirn. „Wichtig für wen, spitzohriger Unterteufel? Für mich ganz gewiss nicht!“
„Davon könnte abhängen, ob und wenn ja, auf welche Weise für Euch eine Möglichkeit der Rückkehr besteht.“
„Eine Rückkehr?“, fragte Erich von Belden
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