DRACHENERDE - Die Trilogie
liebsten hätte er sich auf Erich von Belden gestürzt und ihn unter seinen Pranken zerquetscht.
Ganz ruhig, Ghuurrhaan!, befahl Rajin, machte einen Schritt auf den Drachen zu und streckte ihm die Metallhand mit den Drachenringen entgegen, woraufhin das Brüllen zu einem fast klagenden Laut abschwoll. Der Kaiser spürte die unbändige Wut, die in Ghuurrhaans unergründlicher Drachenseele tobte. Hass wäre ein viel zu zivilisierter Begriff für die wogenden Gefühle gewesen, die in Ghuurrhaan brodelten.
Aber Rajin sammelte genug innere Kraft, um den Giganten unter seine eiserne Kontrolle zu zwingen. Ich bin dein Herr!, ermahnte ihn Rajin. Vergiss das nicht!
Ein weiterer Drachenschrei erstickte in einem leiser werdenden Grollen, und angestaute schwefelhaltige Luft drang zwischen den Zähnen und aus den geblähten Nüstern hervor.
Erich von Belden hob schützend den Arm vors Gesicht, als ihn der heiße Hauch des Drachenatems umwehte. Ghuurrhaan senkte daraufhin zwar den Kopf, aber sein drohender Blick blieb auf dem Ritter aus einer fremden Welt gerichtet.
„Dieses Höllentier scheint mir nach wie vor übel gesinnt“, erkannte Erich von Belden.
„Da Ihr seinen Gefährten umgebracht habt, ist das nicht weiter verwunderlich“, erwiderte Rajin.
„Ich hoffe, mein Sühnedienst an Euch beinhaltet nicht, dass ich besonders viel mit diesem Geschöpf zu tun haben muss oder ich gezwungen bin, mich längere Zeit in seiner Nähe aufzuhalten.“
„Weit gefehlt, Erich. Ihr werdet sogar in Kürze auf Ghuurrhaan reiten.“
Ein Ruck ging durch den Körper des Ritters. „Ihr macht Scherze, erhabener Kaiser!“
„Nein, ich spreche im Ernst“, erklärte Rajin. „Und ich gehe davon aus, dass einen mutigen Mann wie Euch so ein Drachenritt nicht schrecken wird.“
In diesem Augenblick trat Branagorn durch den anscheinend massiven Fels. Seinen Wanderstab hatte er in der Höhle zurückgelassen, dafür hatte er außer dem Schwert, das er am Gürtel trug, auch noch eine Tasche aus dem Fell eines Wolfshirschs bei sich, der im drachenischen Altland schon seit mindestens fünfhundert Jahren ausgestorben war. Allenfalls in einsamen Gegenden der Nordprovinzen Tambanien und Zweifjordland konnte man hin und wieder noch Exemplare dieser Art antreffen. Allerdings hatten die Wolfshirsche Tambaniens und des Zweifjordlands ein weißes Fell, während die Tasche Branagorns das typische gescheckte Muster aufwies, wie man es von Abbildungen und aus Überlieferungen von den altländischen Wolfshirschen kannte. Vermutlich hatte Branagorn die Tasche tatsächlich vor vielen Jahrhunderten erworben. Für Rajin war sie ein Beweis für das schier unvorstellbare Alter, das der Bleiche Einsiedler inzwischen erreicht hatte.
Vor fünfhundert Jahren hatten vor allem die Züchter von Pferdeschafen die fleischfressenden Wolfshirsche mit großer Erbarmungslosigkeit gejagt. Schließlich hatten Pferdeschafe zu den bevorzugten Beutetieren dieser wagengroßen Raubtiere gehört, die sowohl mit messerscharfen Reißzähnen als auch mit einem gefährlichen Geweih ausgestattet waren. Dieses Geweih wies dolchartige Spitzen auf, mit denen sie ihre Beute töteten und sogar kleinere Drachen in die Flucht zu schlagen vermochten, zumal ihr Fell ziemlich feuerfest war – eine Eigenschaft, die neben dem Appetit auf Pferdeschafe zum Aussterben der Wolfshirsche im drachenischen Altland geführt hatte. Deren Fell war nämlich aufgrund seiner Beschaffenheit zur Herstellung von Schutzwesten bei den städtischen Feuerwehren in den dicht besiedelten drachenischen Städten sehr beliebt gewesen, und sogar mancher Drachenreiter-Samurai hatte ein solches Kleidungsstück getragen – allerdings stets nur unter dem Waffenrock, offenbarte sich sein Träger dadurch doch als jemand, dessen innere Kraft nicht ausreichte, um die Urgewalten seines Drachen zu bändigen.
Welche zauberkräftigen Artefake der Bleiche Einsiedler aus seinem Fundus in seine Tasche verstaut hatte, wusste Rajin nicht, er spürte jedoch, dass sich das Wesen in der Metallhand dafür sehr interessierte.
Du wirst deine Neugier zügeln müssen, Komrodor, wandte sich Rajin an seinen inneren Begleiter, an dessen Allgegenwart er sich noch immer weit weniger gewöhnt hatte, als es seinerzeit bei der Gedankenstimme des Weisen Liishos der Fall gewesen war.
„Sag bloß, dass es dir gleichgültig ist, was dieser seltsame Einsiedler mit sich führt?“, kam die Antwort.
Das nicht, aber ich habe gelernt, wie wichtig
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