DRACHENERDE - Die Trilogie
misstrauisch. „Meint Ihr damit, dass ich die Gefilde der Seligen doch noch erreichen könnte? Wollt Ihr damit sagen, dass meine Verfehlungen nicht so schwer wiegen, dass ich jede Hoffnung fahren lassen soll? Oder sind Eure Worte nur Teil der Folter, der meine Seele hier ausgesetzt wird? Zuversicht schüren, um sie später umso grausamer enttäuschen zu können – wollt Ihr das?“
„Beantwortet meine Fragen!“, forderte Branagorn da in überraschend harschem Tonfall. „Berichtet mir, wie Ihr in diese Welt kamt, bevor Eure Erinnerungen vielleicht verblassen!“
„Könnte das geschehen?“, fragte Erich.
„Ihr wärt nicht der Erste, dem dies widerfährt. Von den anderen schrecklichen Dingen, die jemand erleiden kann, wenn er wie Ihr zu lange zwischen den Existenzebenen des Polyversums festhing, will ich lieber gar nicht reden. Also sprecht! Versucht Euch zu erinnern! Sofort! Um Eurer Seele willen oder was immer Euch sonst heilig sein mag!“
Erich von Belden starrte den Einsiedler ziemlich konsterniert an. „Nun gut, ich füge mich“, sagte er schließlich. „Mein Tod - oder wie immer ihr es nennen wollt – war sehr … leicht. Ich versah abends meinen Dienst in der bremischen Stadtwache, in der ich kurz zuvor angeheuert hatte, und auf einmal fiel ich in einen tiefen Schlaf. Was ich dann erlebte, hielt ich zunächst für einen grauenvollen Albtraum, ehe ich schließlich schmerzlich begreifen musste, dass es daraus kein Erwachen gab. Ich befand mich in einem Bereich der Hölle, in dem Kreaturen aus glühendem Gestein hausten ...“
„Die Dämonen des Glutreichs“, stellte Rajin fest.
Branagorn nickte. „Seine Seele muss in diese flammende Existenzebene gesogen worden sein, als Abrynos das Tor zu den Dämonen des Glutreichs öffnete und beinahe alles Leben in dieser Gegend tötete“, stellte er fest. „Dieser selbst ernannte Großmeister aller Magier scheint doch nicht so viel von den kosmischen Toren zu verstehen, wie es mir schien, sonst hätte er diesen Nebeneffekt gewiss vermeiden können – schon im eigenen Interesse, denn Fremde, die auf einmal unerwartet irgendwo auftauchen, können ziemlich gefährlich werden, wie dieses Beispiel ja beweist.“
Rajin wandte sich an Erich. „Das Glutreich ist gefüllt mit giftigen Gasen, die Menschen wie Pferdeschafe dahinrafften, als sie in dieser Gegend freigesetzt wurden. Wieso lebt Ihr noch? Wie konntet Ihr diesen Gasen und der Feuersbrunst widerstehen, die selbst Gestein schmelzen ließ?“
Erichs Gesichtsausdruck wurde sehr ernst. Er nickte leicht, dann schlug er ein Kreuzzeichen vor der Brust. „Ich habe nichts gespürt“, sagte er. „Eine Aura aus Licht umgab mich ... Aber wie hätte ich auch etwas spüren können, da ich doch offensichtlich tot war.“
„Diese Aura hat Euch geschützt“, war Branagorn überzeugt. „Ihr seid nicht wirklich Teil jener Welt geworden, und das muss Euch gerettet haben. Was geschah dann?“
„Wesen aus geschmolzenem Stein und purer Glut griffen nach mir, wollten mich verschlingen, aber sie vermochten es nicht. Dann plötzlich öffnete sich ein Tor, und ich wurde aus dem Glutreich hinausgeschleudert, hinein in diese Welt. Horden von gleichermaßen absonderlichen wie abscheulichen Höllenwesen kamen mit mir - und ein Schwall üblen Höllenatems ließ überall die Menschen sterben. Ich streifte durch ein Totenland, in dem sich nur wenige hatten retten können. Aber ich war nicht nur gegen all die tödlichen Einflüsse des Glutreichs gefeit, sondern offenbar auch vor den Blicken der Kreaturen, die mit mir hierher gelangt waren. Sie bemerken mich nicht mehr, obwohl sie im Glutreich noch versucht hatten, mich zu zerreißen. Ich begegnete nur wenigen Menschen, die durch dieses Totenland wandelten, und auch sie konnten mich nicht sehen.“ Er schüttelte den Kopf, und ihm war anzusehen, wie sehr er noch immer unter dem Eindruck dieser Erinnerungen stand. „Drachen flogen am Himmel, auf denen Krieger ritten“, fuhr er fort. „Auch sie schienen mich nicht sehen zu können, und doch zweifelte ich keinen Augenblick daran, dass sie auf der Jagd nach mir waren. Dann erreichte ich diesen Wald, der offenkundig gegen den Pesthauch des Glutreichs geschützt gewesen war ...“
„Ja, ich habe meine bescheidene Zauberkunst eingesetzt, um sowohl mich als auch meine Umgebung gegen den grausamen Feueratem des Glutreichs abzuschirmen“, bestätigte ihm Branagorn. „Aber … nun, was Ihr mir gerade erzählt habt, Erich,
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