DRACHENERDE - Die Trilogie
betroffen waren. Doch auch dort hatten schwere Stürme gewütet, und man sah immer wieder umgeknickte Bäume und abgedeckte Hausdächer oder von Wind und Regen platt gewalzte Getreidefelder. Alles in allem aber waren die Zerstörungen nicht mit denen in der Gegend um Para zu vergleichen.
Als sie die Laufdrachenstraße Richtung Nangkor überflogen, trafen sie auf einen Zug Menschen, bei denen es sich offenbar um Überlebende aus Para und Umgebung handelte. Sie schleppten das mit, was sie hatten retten können, und das war nicht viel.
Ich werde nicht akzeptieren, dass dies der Anfang vom Ende der Welt sein soll, dachte Rajin. Auch wenn die Naturgewalten nicht zum Herrschaftsbereich eines Drachenkaisers gehörten und anscheinend selbst die Götter allesamt machtlos gegen den sich anbahnenden Untergang waren, so war Rajin einfach nicht gewillt, alle Hoffnung aufzugeben. Diesem sinnlosen Sterben, dieser völlig beispiellosen Zerstörung musste Einhalt geboten oder zumindest ein Weg gefunden werden, der Rettung verhieß.
Vielleicht waren die kosmischen Tore ja tatsächlich dieser Weg.
Wenn der Weise Liisho sein Wissen darüber irgendwo in seiner ehemaligen Wohnstadt in den Ruinen von Qô niedergelegt hatte, dann wusste jemand wie Branagorn vielleicht genug damit anzufangen, um das Geheimnis dieser Tore doch zumindest ein Stückweit zu enträtseln.
Eigentlich, so dachte Rajin, müsste man selbst Großmeister Abrynos einen Pakt anbieten. Schließlich hatte es der Magier geschafft, das kosmische Tor von Kenda zu öffnen, sodass eine Verbindung zum Glutreich entstanden war.
„Das ist doch alles pures Wunschdenken!“, meldete sich die Metallhand in seinen Gedanken.
Dir ist es lieber, dass die Welt zugrunde geht, als dass Abrynos Großmeister von Magus bleibt, nicht wahr?, stellte Rajin fest. Es wundert mich, dass in einer neu zusammengefügten Seele so viel Hass aus einer früheren Existenz verblieben ist.
„Du hast es nicht begriffen, o Kaiser!“, erwiderte die Gedankenstimme. „Der Hass ist es, der die Fragmente meiner Selbst überhaupt erst wieder zusammenfügte und zu einer neuen Einheit verschmolz.“
11. Kapitel
Die Schatten von Nangkor
Zunächst hatte Rajin vorgehabt, auf direktem Weg nach Qô zu fliegen, aber diesen Plan hatte er schon verworfen, als sie sich auf den Weg nach Para gemacht hatten. Ghuurrhaan sollte ausgeruht sein, wenn sie Qô erreichten, und so mussten sie auf dem ostmeerländischen Festland ohnehin noch eine Nacht verbringen. Auch hätte es Rajin ursprünglich vorgezogen, auf seiner Reise niemandem zu begegnen, doch in diesem Punkt hatten die Mondstürme ebenfalls alles verändert.
So flog Rajin mit seinem Drachen die Residenz des Fürsten von Nangkor an und landete im inneren Burghof, geradewegs vor dem Palas des Fürsten.
Die Küstenstadt wies einige Schäden auf, wie Rajin schon beim Anflug hatte sehen können. Vor allem der Hafenbereich war arg in Mitleidenschaft gezogen und stand teilweise unter Wasser. Die Flut hatte die der Küste zugewandten Bereiche der Stadt überschwemmt und die Hafenanlagen teilweise zerstört. Die Trümmer zerschmetterter Dschunken waren in den Straßen zu finden, und überall war man damit beschäftigt, die Spuren der Verwüstung zu beseitigen.
In den Drachenpferchen knurrten und klagten unruhig Lasten- und Kriegsdrachen. Seit dem Seemammutboykott litten die Tiere unter schier allgegenwärtigen Hunger, da man die Rationen entsprechend hatte verknappen müssen. Das machte sie ohnehin schon aggressiv; nun kam auch noch nackte Furcht hinzu.
Rajin konnte sie überall spüren. Dazu brauchte er seine innere Kraft nicht sonderlich zu konzentrieren. Die Drachen merkten sehr wohl, dass eine Zeitenwende unmittelbar bevorstand.
Doch während Rajin über die Stadt flog und sich der Burg näherte, schien sich das Knurren und Grummeln der Drachen für einige Zeit zu legen. Die Tiere beruhigten sich trotz ihrer leeren Mägen und ihrer Furcht. Sie registrierten offenbar die Nähe der drei Drachenringe.
Der uralte Zauber Barajans, dachte Rajin. Er scheint nichts von seiner Macht verloren zu haben.
Die Menschen von Nangkor waren nicht minder von Angst erfüllt als die Drachen. Sie sammelten sich vor den Kathedralen der Stadt und beteten zum Unsichtbaren Gott, auf dass er ihnen Hoffnung im Angesicht der drohenden Katastrophe gab. Ihnen war bewusst, dass jeder von ihnen in den vergangenen Nächten seinem Ende nur knapp entgangen war, und das jeweils nur
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