DRACHENERDE - Die Trilogie
aufgereiht lagen und ihre Zahl jener der Monde entsprach, nannte man sie Mondinseln.
Als die Seemammutflosse und die Schiffe, die mit ihr im Verbund fuhren, die Straße von Runland passierte, um in die gutländische Bucht einzubiegen, trafen sie auf eine aus Südwesten kommende Flotte. An den Bannern auf den Segeln war sofort zu erkennen, dass ihre Heimathäfen an den Küsten der Mondinseln lagen. Das Banner von Islaborg, dem auf Wal-Land gelegenen südlichsten Hafen des Seereichs, war am häufigsten zu sehen, was nicht verwunderlich war. Schließlich verfügte Islaborg über mehr Schiffe als alle anderen Mondinseln zusammen.
„Die Drachenreiter werden bereuen, dass sie das Seereich angegriffen haben“, äußerte Kallfaer Eisenhammer grimmig, als er die Flotte sah. „Für jeden Toten von Winterborg sollen zehn Drachenier im Meer treiben und von den Raubfischen zerrissen werden!“
„Der Durst nach Rache wird dich innerlich zerfressen, Kallfaer“, befürchtete Orik. „Und abgesehen davon können wir nur hoffen, dass sehr bald eine Einigung mit dem Kaiser zustande kommt.“
„Das wäre ein fauler Frieden, und nach kurzer Zeit würden uns diese niederträchtigen Lumpen wieder ihre feuerspeienden Bestien auf den Hals hetzen.“ Kallfaer schüttelte energisch den Kopf. „Ich werden keinen Frieden mit diesen Schurken schließen, selbst wenn es mir der Hochkapitän persönlich befehlen würde. Ja, selbst wenn es der Wille der Götter wäre!“
Seeborg lag an der Mündung des Rar, der die Provinz Gutland in der Mitte teilte, und dort befand sich der größte und am besten geschützte Hafen der Welt. Riesige, durch Mauern abgegrenzte Hafenbecken waren durch gewaltige Schleusentore untereinander und mit dem Meer verbunden. Zahlreiche Schiffe hatten sich bereits in den Gewässern vor Seeborg eingefunden.
Der Begriff Flotte der Tausend Schiffe war nicht wörtlich zu nehmen. In früherer Zeit, als die Fertigungstechniken zur Herstellung von Schiffen noch weit weniger entwickelt gewesen waren, hatte man eine Flotte dieser Größe schon für unvorstellbar gewaltig gehalten. Inzwischen versammelten sich regelmäßig, wenn der Große Kapitänsrat einberufen wurde, viel mehr Schiffe vor Seeborg.
Die Seemammutflosse passierte zusammen mit ein paar der anderen Schiffe, mit denen sie Storgard verlassen hatte, das erste Schleusentor. Kallfaer Eisenhammer stand mit offenem Mund am Bug und besah sich die gewaltigen Hafenanlagen, die sich in ihrer vollen Ausdehnung erst jetzt offenbarten. Kräne und Flaschenzüge hievten Ladungen auf Schiffe, die geordnet an den Stegen lagen. Kontore und Lagerhäuser ragten in unmittelbarer Nähe auf.
Auf den ersten Blick musste jedem Betrachter klar sein, dass Seeborg eine Stadt des Handels war. Berge von Stockseemammut wurden von hier aus vor allem nach Drachenia verschifft, während Eisenwaren aus Feuerheim hertransportiert und gleich auf den Märkten angeboten wurden.
Allerdings waren nirgends Masten zum Anlegen von Luftschiffen oder gar Drachenpferche und Landeplätze für die reptilienhaften Giganten auszumachen. Der Import jeglicher Ware, die durch die Luft ins Land kam, war vom Kapitänsrat verboten worden. Schließlich sollte die eigene Transport- und Handelsschifffahrt vor dieser als unlauter empfundenen Konkurrenz geschützt werden. Daher durften Drachen und Luftschiffe nur in Ausnahmefällen und mit besonderer Genehmigung die Provinzen des Seereichs anfliegen. Dass auch im Inland jeglicher Luftverkehr verboten war, hatte dazu geführt, dass sich der Großteil der seemannischen Siedlungen in unmittelbarer Meeres– oder Flusslaufnähe befand. Im Landesinneren, abseits der schiffbaren Flüsse und Küsten, lebten nur wenige Bauern, denn dort musste der Transport von Waren wie seit vielen Zeitaltern mühselig und langsam durch Riesenrattenkarren vonstatten gehen.
Orik Wulfgarssohn gesellte sich zu Kallfaer Eisenhammer an die Reling. „Eine Stadt wie diese hast du offenbar noch nie gesehen. Das überrascht mich. Hast du denn nie ein eigenes Schiff gehabt.“
„Doch, gewiss. Bis diese Drachenbastarde es mitsamt dem Winterborger Hafen vollkommen zerstörten, sodass nicht viel mehr als ein Haufen Holzkohle davon geblieben ist“, gab Kallfaer Eisenhammer zerknirscht zur Antwort. „Allerdings muss ich zugeben, dass ich den Großteil meines Silbers mit der Schmiedearbeit und nicht mit dem Verkauf von Seemammutfleisch verdient habe.“
„Aber so bis du doch nach den Statuten
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