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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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Müdigkeit nach den durchlittenen Strapazen hatten sie inzwischen begonnen, sich an die fremde und rostrote Landschaft zu gewöhnen. Diese fremdartigen Säulen jedoch erinnerten sie aufs Neue daran, wie seltsam alles um sie herum war.
     
    Sie schlugen ihr Lager auf einigen Dünen, nicht weit entfernt, auf. Ein kleines Rinnsal, das nicht viel zum Trinken hergab, schlängelte sich an ihrem Ruheplatz vorbei, und es gab keine Spur davon, dass die Bunyips hier am Werk gewesen wären, was sie jetzt sogar ein wenig bedauerten. In einer Biegung des Baches gruben sie ein Loch, das sich nach und nach mit Wasser füllte. In der Zwischenzeit stand Laurence neben Temeraire und sah zu, wie das seltsame, monumentale Felsgestein immer blasser wurde und schließlich mit der Dunkelheit verschmolz, während all die vielen Sterne der südlichen Hemisphäre am Himmelszelt erschienen.
    In dieser Nacht, in den unsichtbaren Schatten der Monolithen, waren alle sehr still. Am Morgen sagte Temeraire: »Laurence, Laurence, da ist noch einer, dort drüben, sieh nur.« Und Laurence entdeckte in der Ferne einen letzten Felsblock aufragen, einsam, ganz allein, ohne auch nur einen kleinen Hügel als Gesellschaft. Im rosafarbenen und allerhellsten, orangegetönten Cremeweiß ragte er in den Sonnenaufgang, und dann fragte Temeraire langsam: »Ist das nicht ein Drache?«
    Iskierka erwachte und hob den Kopf, und Caesar sagte: »Was sollte das denn sonst sein?« Da stand er in der Ferne neben dem Felsen, warf einen Schatten auf die glatten roten Wände und hatte die Flügel ausgestreckt. Riesige Flügel, obwohl sie nur halb auseinandergefaltet waren. Und man konnte nun auch die winzigen Gestalten von Männern entdecken, die sich rings um die Drachen herum bewegten. Bündel lagen auf dem Boden, mit Schnüren zusammengebundene
Ballen und Kisten, die sie von dem Tier abluden. Und dann waren da noch andere, kleinere Säcke, die im Gegenzug auf den Rücken des Drachen gehoben wurden.
    Iskierka sagte: »Warum sitzen wir denn noch hier herum? Lasst uns da hinfliegen und sie fragen, ob sie nicht vielleicht …«
    »Oh!«, schrie Temeraire, »das Ei, das Ei!« Und tatsächlich wurde ein rundes, sorgfältig eingewickeltes Bündel vorsichtig zu den Männern hinaufgereicht, die sich bereits auf dem Drachen befanden und die das Ei langsam in eine Schlinge gleiten ließen, welche dem Drachen um die Brust lief.
    Laurence hatte gerade noch Gelegenheit, die Kette von Temeraires Brustplatte zu umklammern und sich an das Geschirr anzuschnallen, als Temeraire sich auch schon in die Luft warf und davonschoss, Iskierka auf den Fersen. Laurence glaubte, die Männer am Fuße des anderen Berges hätten sie noch nicht gesehen. Es gab keinerlei sichtbare Eile oder Anstalten, sich zur Verteidigung bereitzumachen. Stattdessen stellte sich der seltsame Drache auf die Hinterbeine, entrollte seine Flügel, immer weiter und weiter – sie hatten die doppelte Länge seines Körpers und mehr – und mit einem gewaltigen Stoß seiner Hinterläufe war er in der Luft. Ein Flügelschlag, zwei, drei, und dann breitete er die Schwingen ganz aus und glitt in der Luft in Richtung Norden davon.
    »Kommen Sie zurück!«, schrie Temeraire und flog schneller. »Halt!« Und er blieb mitten in der Luft mit rotierenden Flügeln stehen, holte tief Atem, und seine Brust wölbte sich für den Göttlichen Wind, jenem Brüllen, das selbst über diese Entfernung hinweg sein Ziel erreichen würde.
    »Temeraire«, sagte Laurence scharf. »Temeraire, das darfst du nicht, deine Kehle ist …«
    »Schnell, schnell!«, drängte Iskierka und umkreiste ihn ungeduldig. Sie wollte ihm nicht in die Quere kommen. »Der Drache verschwindet, und zwar mit dem Ei.«
    Temeraire warf die Schultern zurück und holte noch einmal ganz tief Luft, dann öffnete er die Kiefer und brüllte. Doch das Donnern hatte kaum begonnen, da kippte der Laut, und das Vibrieren in Temeraires Brust erstarb. Laurence spürte, wie ein Zittern durch den Körper seines Drachen lief. Temeraires Stimme brach, und es klang, als würden die Saiten eines Instrumentes reißen. Er krümmte sich zusammen und hustete und hustete und würgte und keuchte, und dann ließ er sich zu Boden sinken, und sein Kopf hing ihm hilflos auf die Brust.

13
    Trotzdem machten sie sich an die Verfolgung. Kulingile und Caesar sollten nachkommen, und die Männer wurden eilig ins Bauchnetz befördert. Temeraire und Iskierka flogen mit lang gestreckten Körpern so schnell, wie

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