Drachenflamme: Roman (German Edition)
Laurence, dem die Felle offensichtlich sehr gefielen, erklärte, dass sie von Bibern, Robben und Nerzen stammten und man aus ihnen besonders warme Wintermäntel herstellen könne.
»Vielleicht sollte ich einen für Granby machen lassen«, bemerkte Iskierka. Wahrscheinlich wollte sie angeben, weil sie neidisch auf Laurence’ Robe war, dachte Temeraire mit einem Gefühl der Überlegenheit. Sicher würde ein solcher Mantel nicht an die Pracht der Robe heranreichen, aber was den praktischen Nutzen anging, mochte ein solches Kleidungsstück vielleicht keine schlechte Idee sein. Allerdings hatte es nicht den Anschein, als würde es in diesem Land jemals kalt werden – dabei hätte Temeraire jetzt im Januar wirklich nichts gegen ein bisschen Schnee einzuwenden gehabt.
Nicht alle Felle wanderten in die Truhen. Weder Mr. Chukwah noch Sr. Robaldo wollten, dass kleinere Differenzen zwischen ihnen stünden, und so gab es ganz eigene Abkommen, bei denen zur Zufriedenheit beider Seiten ein großer Korb mit Fellen gegen ein Kästchen mit Gold und Silber getauscht wurde.
Ganz zum Schluss wurden die letzten Behältnisse geöffnet. In ihnen befanden sich weitere in Wachstuch gebettete Behälter, in denen sich noch mehr Lagen Wachstuch befanden. Als auch diese zurückgeschlagen worden waren, kamen schließlich reihenweise versiegelte, hölzerne Kisten zum Vorschein, deren Deckel mit Schriftzeichen versehen worden waren: Silberne Nadel, Weißer Drache, Gelbe Blume . Und als eine von ihnen aufgebrochen wurde, wehte der liebliche Duft von Tee fast bis zum Pavillon hinauf.
»Was würden Sie sagen, wie viele Tonnen in dieser Lieferung waren?« , fragte Laurence Tharkay, als die Kapitäne den Tee für wirklich beeindruckende Goldbeträge, wie Temeraire sehnsüchtig bemerkte, unter sich aufteilten.
»Mindestens zwanzig«, antwortete Tharkay und machte mit der Hand eine Geste in Richtung des kleineren Stapels von Handelsgütern, die von niemandem erworben worden waren und unbeachtet am Rande des Ufers lagen. Temeraire hatte sich schon mit wachsender Neugier gefragt, was wohl mit diesen beiseitegelegten Waren geschehen würde, an denen er nichts Schlechtes hatte entdecken können.
»Ich vermute, dass sie nur das, was übrig geblieben ist, nach Sydney schicken«, fuhr Tharkay fort.
»Das gehört uns. Es ist ein Teil der Bezahlung dafür, dass sie das Land der Larrakia nutzen dürfen«, erklärte Tharunka und hob den Blick. »Was sie nicht verkaufen können, behalten wir, und was wir davon nicht haben wollen, verkaufen wir an die Pitjantjatjara und die Yolngu. Soweit ich weiß, verkaufen es die Pitjantjatjara dann an die Barkindji und die Waradjuri weiter, die es nach Sydney bringen und dort an euch veräußern. Auf diese Weise kann jeder etwas bekommen, was ihm gefällt. Niemand muss irgendwohin reisen, wo er gar nicht hinwill, und am Ende bleibt auch niemand auf etwas sitzen, was er nicht haben möchte.« Für Temeraire hörte sich das wie eine klug durchdachte Vorgehensweise an.
Laurence schien jedoch nicht ganz so zufrieden zu sein. »Wie oft kommen die Seeschlangen mit solch einer Ladung hier an?«, fragte er.
Tharunka erkundigte sich bei Binmuck, der Anführerin ihrer Begleiter, einer Frau mit einer weichen und seltsam tiefen Stimme. Weil die Frauen üblicherweise schweigend arbeiteten, hatten die Flieger sie für schüchtern gehalten. Aber als Maynard versucht hatte, eine der jüngeren Frauen mit etwas Rum, den er wieder einmal aus den Vorräten für persönliche Zwecke abgezweigt hatte, dazu zu bringen, mit ihm hinter dem Pavillon zu verschwinden, hatte sie ihre Autorität sehr klar unter Beweis gestellt.
Diese Unterhaltung hatte in einer Mischung aus beschwörendem Flüstern und verstohlenen Gesten bestanden – um auf keinen Fall Laurence’ Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, da er schließlich seine Meinung zu diesem Thema mehrfach deutlich zum Ausdruck gebracht hatte – und hatte sich gut zehn Minuten hingezogen. Zunächst hatte sich die Frau von den schmeichelnden Annäherungsversuchen noch fasziniert gezeigt, aber als Maynard versucht hatte, sie mit der Hand am Arm zu packen und mit sich zu ziehen, war ihre
Aufgeschlossenheit rasch in entschiedenen Rückzug umgeschlagen. Obwohl die junge Frau zu Tharunka und nicht zu ihm gehörte, hatte Temeraire schon überlegt, ob er vielleicht Laurence darauf aufmerksam machen sollte, da war Binmuck leise aufgestanden und hatte eines der Holzscheite aus dem Feuer genommen. Sie war
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