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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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fünfhundert Stück Porzellan sei.« Schließlich wurden die Barren sorgfältig in mehrere Lagen Wachstuch eingeschlagen und in einen der anderen Behälter gelegt, um vermutlich nach China zurückgebracht zu werden, nahm Temeraire an.
    Zur allgemeinen Enttäuschung wurde der größte Teil des übrigen Porzellans nicht ausgepackt, sondern nur in seiner Papierumhüllung herausgeholt und ein wenig geschüttelt. Fielen dann keine Stückchen heraus, wurde es in neuen Kisten verstaut, und nur jene Pakete, die ein paar Scherben verloren, öffnete man. Dann wurde jedoch nur das zerbrochene Stück zur Seite gelegt und auf den Listen ausgestrichen, und so stimmte es die Drachen nach einer Weile eher melancholisch als zufrieden, immer nur die kaputten Stücke zu Gesicht zu bekommen.
     
    In einer der beschädigten Schiffstruhen waren große Seidenballen aufbewahrt worden, von denen einige nicht mehr zu retten waren, denn das Wasser war selbst durch die Umhüllung aus Wachstuch eingedrungen und hatte die Seide zu stark beschmutzt. Betrübt senkte Temeraire seinen Hals, als man sie heraushob und im Sonnenlicht ausrollte. Überall auf dem hellen Frühlingsgrün und tiefen Scharlachrot der Ballen kamen großflächige, weiß verkrustete Flecken mit verlaufenden Umrissen zum Vorschein. Doch die Beamten zuckten nur gelassen mit den Schultern und legten sie auf einen Haufen mit den anderen unbrauchbaren Waren. Sie notierten etwas, schlugen dieses Schriftstück ebenfalls in Wachstuch ein und deponierten es beim Rest der Zahlungen.
     
    Im Laufe des Vormittages gewann der Handel immer mehr an Schwung. Rasch kamen die restlichen Waren zum Vorschein und wurden wieder verpackt. Dann ruderte man die Kisten eine nach der anderen zu den wartenden Schiffen hinaus, wo die Mannschaften sie an Bord verstauten, während mehr und mehr Zahlungen in das dafür vorgesehene Behältnis wanderten. Noch bevor die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, brachen die kleineren Schiffe bereits wieder auf. Die macassischen Fischer sangen, während sie eifrig ihre Kanus zu den Praus hinausruderten und dann einluden. Sie setzten ihre kleinen, weißen Segel, während sie an den Seeschlangen vorbeiruderten und schließlich auf dem offenen Meer davoneilten und mit den Wolken verschmolzen. Nachdem die Lieferungen aus den anderen Behältern hervorgeholt worden waren, verstaute man an ihrer Stelle viele der Waren, die im Laufe der vergangenen Woche ausgeladen und zurückgelassen worden waren. Das galt auch für den in Haufen aufgeschichteten Trepang, der inzwischen getrocknet und geräuchert worden war. Nun hatte man jede einzelne der reifen, süßlich duftenden Meeresfrüchte in Papier eingewickelt.
    »Sie wollen Meeresfrüchte verschiffen?«, fragte Laurence voller Zweifel, als er sich zu Temeraire gesellte, um ebenfalls zuzusehen.
    Temeraire erkundigte sich daraufhin bei einem der Beamten, der auf der Suche nach einem frischen Tintenfass zu ihnen herübergeeilt war. »Ja«, sagte der junge Mann. »Das tiefe Wasser hält sie kühl, und nur die Hälfte wird verderben. Natürlich ist alles für den kaiserlichen Hof gedacht. Sechs Silberstücke«, fügte er hinzu, als Temeraire sich nach dem Preis für eine der Früchte erkundigte.
    »Großer Gott.« Jetzt verstand Laurence. Temeraire für seinen Teil wären sechs Silbermünzen lieber gewesen als eine Frucht, die gut und gerne verdorben sein konnte und sowieso nicht einmal für einen einzigen Bissen gereicht hätte. Er erinnerte sich wehmütig an die großen Schatzkammern des kaiserlichen Hofes, die ihm seine Mutter bei ihrem gemeinsamen Besuch gezeigt hatte. »Aber wenn man natürlich so viele Silbermünzen hat, dass man sie gar nicht mehr alle ansehen kann, um sich an ihnen zu erfreuen, dann hätte man vielleicht lieber eine Frucht. Die könnte man dann essen und dabei denken: So schmecken also sechs Silbermünzen.«
     
    Einer der Behälter wurde sorgfältig mit Wachstuch ausgeschlagen; der Farbe des Außenholzes nach zu urteilen, schien es eine der neuesten Kisten zu sein, denn sie war noch nicht vom Meerwasser fleckig. Dann wurden Bündel für Bündel die Felle aus dem amerikanischen Schiff hineingelegt. Sie waren weder aus Gold noch von leuchtender Farbe, weshalb Temeraire es ein wenig merkwürdig fand, dass man ausgerechnet sie mit solcher Vorsicht behandelte. Doch als eines der Bündel ausgebreitet wurde, stellte sich heraus, dass es im Sonnenschein in einem warmen, schimmernden, rotbraunen Farbton glänzte.

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