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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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zu Maynard hinübergegangen, um ihm mit solcher Wucht direkt auf den Rücken zu schlagen, dass er mit dem Gesicht voran der Länge nach auf den Boden fiel und den Rum unter sich verschüttete. Als er mit gerötetem Gesicht und, nach Temeraires Meinung völlig verdient, durchnässt wieder aufsprang, hatten alle Frauen gelacht. Vergnügt hatten sie auf den dunklen Fleck gedeutet, der sich auf seinem Hemd ausbreitete. Unter ihnen war keine, die übermäßig viel Kleidung trug. Angesichts von Binmucks grimmigem und entschlossenem Gesichtsausdruck und nicht zuletzt wegen des ziemlich wuchtigen Knüppels in ihrer Hand hatte sich Maynard am Ende eilig verdrückt.
    Nun lauschte Binmuck aufmerksam Tharunkas Übersetzung der Frage, die Laurence gestellt hatte, und beantwortete sie ausführlich. »Diese Lieferung war besonders umfangreich«, gab Tharunka wieder. »Aber Binmuck meint, dass die Chinesen jedes Mal mehr herbeibringen, weil sie ständig weitere Seeschlangen ausbilden. Dazu muss man wissen, dass die Chinesen in Anbetracht der langen Strecke nur ungern eine von ihnen mit Waren beladen, ehe sie die Route nicht drei oder vier Mal ohne Last geschwommen ist. Manchmal überlegt eine Schlange es sich nämlich anders und schwimmt einfach woanders hin. Dann sind alle Waren verloren. Weil aber inzwischen zwei Schulen darauf spezialisiert sind, hierherzuschwimmen und nach Guangzhou zurückzukehren, kommen sie zurzeit einmal im Monat«, fügte sie hinzu. »Wenn eine Schlange hier aufbricht, setzt sich die andere von dort aus in die entgegengesetzte Richtung in Bewegung.«
    »Und man kann davon ausgehen, dass noch weitere hinzukommen werden«, sagte Laurence düster, »und zwar nur allzu bald.« Was
vermutlich stimmte, wie Temeraire annahm, denn wenn man nur auf Fisch aus war und es einem egal war, wohin man schwamm – warum sollte man dann nicht hierherkommen, wo man mit Fischen im Überfluss belohnt wurde? Die Larrakia versorgten die Seeschlangen mit Fischen, wann immer sie beim Läuten der Futterglocke herangeschwommen kamen.
    »In Whitehall dürfte ihnen das gar nicht gefallen«, sagte Granby. »Was denkst du, wie lange es noch dauern wird, bis es ihnen zu Ohren kommt? Lange kann das nicht mehr sein.«
    »Nein«, sagte Laurence. »Diese Gentlemen da«, er deutete auf die Schiffe, die vor Anker lagen, »sind Abenteurer, die auf der Suche nach einem einträglichen Geschäft einem bloßen Gerücht gefolgt sind, das sie hierhergeführt hat. Aber wann immer sie in Zukunft einen Hafen anlaufen, werden sie aus dem Gerücht eine Neuigkeit machen. Ich kann mir außerdem nicht vorstellen, dass die gleichen Gerüchte nicht auch bereits irgendeinem englischen Kapitän zu Ohren gekommen sind. Wir haben jede Menge von Indienfahrern in diesen Gewässern, die auch bis nach China segeln.«
    Temeraire konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was die Engländer daran stören sollte, doch Laurence, Granby und Tharkay schienen alle nicht daran zu zweifeln, dass es sich um eine immense Provokation handelte und dass es nur eine Frage der Zeit war, wann es zu einer zornigen Reaktion kommen würde.
    »Das Fehlen der Zölle, die den Preis für chinesische Waren hochtreiben, wird zwangsläufig den Handel von und nach Kanton ruinieren, sobald die Geschäfte hier entsprechend umfangreich sind«, sagte Laurence. »Das viel geringere Risiko kommt noch hinzu. Eine Schlange kann nicht versenkt werden, und wenn von Zeit zu Zeit eine vom Weg abkommen oder einen Behälter verlieren sollte, wäre es kein Verlust in der Größenordnung eines ganzen Handelsschiffes. Aber das ist noch nicht das Schlimmste an der Situation«, fügte Laurence hinzu. »Das hier ist keine Schmugglerbucht, das ist ein Handelshafen,
und zwar einer, der unter der Hoheit einer Nation heranwächst, die zwar nicht unser Feind, aber auch kein Verbündeter ist. Hier am Rande des Indischen Ozeans kann ein solcher Hafen nur als eine sehr reale strategische Bedrohung der Sicherheit unserer Schifffahrt und der englischen Vorherrschaft über die Meere aufgefasst werden.«
    Zwar kam es Temeraire ein wenig übertrieben vor, dass ein so kleines Land wie England einen Ozean beherrschen wollte, der eine halbe Weltumseglung entfernt lag, und auch dass es sich darüber beschwerte, wenn China, das doch viel größer und näher gelegen war, plante, einige Seeschlangen mit wunderbaren Waren hierherzuschicken, die die Leute hier doch offensichtlich kaufen wollten. »Ich bin sicher, dass es ihnen

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