Drachenflamme: Roman (German Edition)
lassen.
Er dachte lieber überhaupt nicht nach, anstatt über diese Erkenntnisse nachzugrübeln, und grub seine Zähne in die kleinen Wombats, so wenig sie auch zu bieten hatten. Sie waren dünn und zäh, aber immerhin war jeder Einzelne von ihnen ein heißer, saftiger Bissen, der ihm ein wenig neue Kraft spendete.
Temeraire riss sich kurz von dem los, was ihn eigentlich beschäftigte, um zu fragen: »Hast du Hunger, Laurence?«
»Nein, mir reicht der Zwieback, mach dir deswegen keine Gedanken«, sagte Laurence. »Aber mein Lieber, wir können heute nicht viel länger weitersuchen. Das Licht lässt schon nach.«
»Wir könnten uns Fackeln machen«, schlug Iskierka vor, drehte sich um, hieb ihre Klauen in einen der größeren Eukalyptusbäume und schüttelte ihn, bis sich seine Wurzeln lösten. Mit einem Feuerstoß entzündet sie die Baumkrone und blies eine ölige Flamme an, die stechend und seltsam nach Medizin roch. Doch es war gar nicht so einfach, wie sie gedacht hatte, das Licht richtig auf den Boden fallen zu lassen, und als Iskierka auch für Temeraire eine Fackel hergestellt hatte, fand dieser es schwierig und unbequem, sie zu tragen, vor allem weil er vorsichtig sein musste mit dem letzten Ei, das unter seiner Brust baumelte, und mit den Strafgefangenen, die noch tiefer darunter im Bauchnetz saßen. Gefährlich wurde es vor allem, wenn der Wind die Flamme in Richtung seines Bauches blies.
Er sah, wie der Fackelschein von irgendetwas auf dem Boden zurückgeworfen wurde, und, einem Instinkt folgend, blieb er in der Luft stehen. Erschrockene Schreie ertönten, und er riss abrupt die Fackel zur Seite, doch dabei verbrannte er sich schmerzhaft die Klauen und ließ das brennende Holz fallen. Halbherzig versuchte er, es aufzufangen, doch dann überlegte er es sich anders und schoss stattdessen hinab zu der Stelle, wo er etwas hatte aufblitzen sehen, solange er den Punkt noch im Blick hatte.
Aber er landete nur auf Steinen, und als er sie mit seinen Klauen zur Seite geschaufelt hatte, kam auch darunter nichts anderes zum Vorschein. Iskierka tauchte mit ihrer Fackel auf, deren Schein plötzlich in rotem, grünem und perlmuttfarbenem Feuer aufflammte, als er auf eine schmale Ader im Gestein fiel, die Temeraire freigekratzt hatte.
»Opal«, bemerkte Tharkay. Das Gestein war wunderschön, und unter anderen Umständen hätte Temeraire mit vorbehaltloser Freude auf diese Entdeckung reagiert. An diesem Tag jedoch empfand er nichts, nicht das Geringste, nur die scharfe und bittere Enttäuschung des Versagens und Bedauerns.
»Es tut mir so leid. Ich bitte dich, es für heute gut sein zu lassen. Auf diesem Weg wird dir mehr entgehen, als du finden kannst«, sagte Laurence leise. »Die Nächte in diesem Teil der Welt sind kurz. Bald schon wird die Dämmerung hereinbrechen, und du musst dich auf jeden Fall ausruhen. Es ist besser, jetzt eine kleine Weile zu schlafen und beim ersten Strahl der Sonne weiterzufliegen.«
Die abgestürzte Fackel brannte etwas entfernt von ihnen herunter und war das einzige Licht rings umher. Die Nacht schien tiefschwarz, abgesehen von den funkelnden Sternen über ihnen und diesem letzten, orangefarbenen Glühen. Iskierka stieß ein tiefes, frustriertes, zorniges Zischen aus, warf ihre eigene Fackel zur Seite und legte sich dann auf den Boden, wo sie sich zusammenrollte und in einen unruhigen Schlaf fiel.
Temeraire hielt sich lange genug auf den Beinen, bis man ihn abgeladen hatte, obwohl er immer wieder sagte: »Nein, lasst alles, wo es ist, auch das Geschirr. Ich finde, ich kann auch gut schlafen, wenn es noch angelegt ist«, als sie ihm das kleine Ei abnehmen wollten. Plötzlich war er sehr erschöpft, obwohl er um nichts in der Welt die Suche unterbrochen hätte, wenn es nur eine Möglichkeit gegeben hätte, sie weiter fortzusetzen. Vorsichtig legte er sich auf den Boden,
stützte sich ein wenig auf und behielt das letzte Ei fest in seinen Vorderbeinen, wo niemand kommen und es stehlen konnte, ohne ihn zu wecken.
Das reichte ihm jedoch nicht aus. Voller Unbehagen dachte er daran, dass er es gewohnt war, wenn Männer auf ihm herumkletterten. So klein und leicht, wie sie waren, fielen sie ihm manchmal gar nicht auf. Er entschloss sich, sich nur auszuruhen, aber heimtückisch übermannte ihn der Schlaf dann doch noch. Sein Kopf sank hinab, seine Augenlider wurden schwer und schlossen sich. Jedes Mal aber, wenn ein bisschen Wind aufkam oder ein Zweig über seine Flügel strich,
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